Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Klöster und Orden

Prämonstratenserinnenkloster Altenberg

171 m über NN
Gemarkung Oberbiel, Gemeinde Solms, Lahn-Dill-Kreis
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

Das Prämonstratenserinnenstift Altenberg wird im 12. Jahrhundert auf einem Hügel über der Lahn gegründet. Berühmt wird es durch die dritte Äbtissin, die heilige Gertrud, einer Tochter der heiligen Elisabeth und der Schwester der ersten hessischen Landesherrin, Sophie von Brabant. Das Kloster entwickelt sich zu einem Zentrum der Elisabethverehrung im hohen Mittelalter und erlebt durch zahlreiche Schenkungen eine wirtschaftliche Blüte. Mit der Erweiterung der Klosteranlage wird eine gotische Kirche an der Stelle einer älteren Kapelle errichtet und mit Glasfenstern reich ausgestattet. Seit 1952 leben Diakonissen aus Königsberg im ehemaligen Kloster.

Orden:

Prämonstratenser-Chorfrauen

Ordensprovinz:

Mutterkloster Abtei Rommersdorf (Kreis Neuwied), Zirkarie Westfalia

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Trier, Erzbistum Trier, Archidiakonat St. Lubentius zu Dietkirchen, Archipresbyterat Wetzlar

Typ:

Frauenstift

Territorium:

  • Reichsunmittelbares Kloster
  • 1803: Fürstentum Solms-Braunfels
  • vgl. Altenberg

Historische Namensformen:

  • cella in monte s. Michahelis (1179) [Mittelrheinisches Urkundenbuch Bd. 2, S. 71-72, Nr. 30]
  • monasterium in Altenburch (1192) [Kop. Doepner, Altenberg, S. 16 Anm. 34, S. 31]
  • ecclesia Aldenburgensis Premonstratensis ordinis, Trevirensis diocesis, in honore gloriose dei genetricis Marie et beati archangeli Michaelis dedicata (1290) [Abschrift 1644, zitiert nach Doepner, Altenberg, S. 16 Anm. 34]

Lagebezug:

4,5 km westlich von Wetzlar

Lage:

Das Kloster liegt auf einer Berghöhe über dem Lahntal.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3460751, 5602697
UTM: 32 U 460692 5600896
WGS84: 50.558668° N, 8.445062° O

Geschichte

Geschichte:

Aussagen zur Gründungsphase und Gründer sind wissenschaftlich umstritten, ebenso die Beteiligung der Prämonstratenserabtei Rommersdorf oder der Familie von Solms. Der häufig genannte Wanderprediger Gottfried von Beselich ist eher ein Produkt der Altenberger Gründungslegenden und der späteren historischen Berichterstattung.

1192 stellt Kaiser Heinrich VI. Altenberg ein Schutzprivileg aus, nimmt das Kloster unter die Vogtei des Reiches und beruft sich auf seinen Vater Friedrich I. Dieser Rechtsstatus einer Reichsvogtei bleibt bis in die Neuzeit erhalten. Seine Unabhängigkeit bewahrt das Kloster gegenüber den Grafen von Solms, den Grafen von Nassau, der Reichsstadt Wetzlar und den Landgrafen von Hessen, die ihrerseits über personelle Verbindungen und Stiftungen eng mit dem Kloster verbunden sind. Im 14.Jahrhundert wird Altenberg als Hauskloster Begräbnisstätte der Grafen von Nassau, im 14. und 15. Jahrhundert dient es in gleicher Weise den Grafen von Nassau. Der Erzbischof von Trier, zu dessen Diözese Altenburg gehört, fördert einerseits durch zahlreiche Ablässe das Kloster, verlangt andererseits hohe finanzielle Abgaben, die im 16. Jahrhundert die Klosterwirtschaft stark belasten.

Die Klostergemeinschaft orientiert sich an der Augustinusregel, fühlt sich eng verbunden den Prämonstratensergeboten veerbunden. Gebet und Andacht kennzeichnen den Alltag, besonders die Gebetsverpflichtung für verstorbene Familienmitglieder. Die Lektüre geistlicher Schriften und Handarbeiten (Webereien und Stickereien) gehören weiter zu den Aufgaben der Stiftsgemeinschaft. Gegen Ende des Mittelalters lockert sich die strenge Lebensführung.

Seine Bedeutung gewinnt das Kloster als kultisches Zentrum zur Verehrung der heiligen Elisabeth. Viele Wallfahrer, die über die große Frankfurt-Kölner Handelsstraße und das Lahntal nach Marburg ziehen, machen Station im Kloster, das verschiedene Andenken und Reliquien der Heiligen Elisabeth besitzt. Mit dem Einzug von Gertrud, der jüngsten Tochter der Landgräfin Elisabeth ins Kloster, steigt das Ansehen Altenbergs; als Äbtissin, Meisterin Gertrud, baut sie über 49 Jahre den Elisabethkult systematisch auf, richtet den gotischen Neubau der Kirche an der Elisabethkirche aus. Ihre Schwester, Sophie von Brabant als Landgräfin von Hessen und Thüringen, versucht den hessischen Einfluss auf das Kloster über Schenkungen und die Auszahlung des Erbes an ihre Schwester abzusichern. Kaiser Friedrich I. Barbarossa verleiht dem Kloster die Reichsunmittelbarkeit. Der Höhepunkt der Elisabethverehrung liegt im 14.Jahrhundert. Während Marburg schon Ende des 13. Jahrhunderts seine Bedeutung als Wallfahrtsort verliert, wächst Altenberg zum Zentrum der Elisabethverehrung in Hessen und einem der größten Frauenklöster heran Zahlreiche Schenkungen des regionalen Adels, aber auch der Stadtbürger von Marburg, Friedberg, Wetzlar, Herborn und Limburg werden als Memorialstiftungen ans Kloster vergeben.

Gertrud wird nach ihrem Tod als Selige verehrt. Ihre Nachfolgerin entstammt dem Hause Nassau, ist die Schwester Königs Adolfs von Nassau.

Auch in und nach der Reformationszeit bleibt das Kloster katholisch in einer protestantischen Umgebung und behält seine Selbständigkeit, gestützt auf kaiserliche Privilegien. Im Dreißigjährigen Krieg wird es mehrmals geplündert.

1803 wird es durch den Reichsdeputationshauptschluss aufgehoben und von den Fürsten zu Solms-Braunfels übernommen. Diese nutzen die Anlage als Sommerresidenz, überführen kostbare Ausstattungsteile des Stiftes in ihr Schloss Braunfels. Die Kirche dient seither als evangelische Predigtstätte der Pfarrei Oberbiel, der landwirtschaftliche Besitz wird ins Hofgut Altenberg umgewandelt. Seit 1946 betreibt das Evangelische Hilfswerk ein Kinder- und Muttererholungsheim. Ein Feuer vernichtet 1952 große Teile der Klosteranlage. Diese wird von der Königsberger Diakonie der Barmherzigkeit übernommen, wieder aufgebaut und bis heute genutzt.

Ersterwähnung:

1179

Gründungsjahr:

1164-1179

Gründer:

umstritten

Aufhebungsjahr:

1803

Organisation:

Bis Mitte des 13. Jahrhunderts wird das Klostervermögen durch einen von der Abtei Rommersdorf eingesetzten Prior verwaltet. Seit 1239 entscheiden die Meisterin (Äbtissin) und der Konvent selbständig über die Geschicke des Klosters, ein Altenberger Konverse übernimmt die Wirtschaftsführung als Kellner. Die Äbtissin entstammt dem Hochadel. Die seelsorgerische Betreuung durch Rommersdorf bleibt bis ins 15. Jahrhundert bestehen, dann übernimmt ein Weltpriester des Marienstiftes in Wetzlar diese Aufgabe. Laienbrüder arbeiten in der Verwaltung, erheben Grundzinsen, führen die Stadthöfe und vertreten das Kloster vor Gericht. Sie haben ein eigenes Refektorium und verfügen über eigene Einkünfte.

Mitte des dreizehnten Jahrhunderts gehören 24 Konventualinnen, am Ende des Jahrhunderts 70 zum Kloster. Zahlreiche Töchter aus adligen Familien, aber auch dem Wetzlarer Bürgertum treten in das Kloster ein. Unverheiratete Adelstöchter wie auch Waisen finden hier eine finanzielle Absicherung, Schutz und Gemeinschaft, aber auch religiöse Erfüllung. Es gibt keinerlei Standesbeschränkung, allerdings ein Mindestalter als Voraussetzung.

Patrozinien:

St. Michael (1179), Maria (1237)

Archivgeschichte:

Das Archiv befindet sich seit 1803 auf Schloss Braunfels. Es enthält einen umfangreichen Bestand an mittelalterlichen und neuzeitlichen Urkunden und Akten. 1530/31 wird ein Archivregister angelegt in Zusammenhang der Umstellung der Klosterwirtschaft auf eine reine Rentenwirtschaft. Kleinere Urkundenbestände finden sich im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, im Stadtarchiv Wetzlar, im Landeshauptarchiv Koblenz und im Staatsarchiv Marburg.

Besitz

Besitz:

Über die Gründungsausstattung des mittelmäßigen Grundbesitzes des Klosters gibt es keine Nachrichten; erste Quellen datieren aus dem 13.Jahrhundert, besonders seit eine aktive Erwerbspolitik betrieben wird. Neben den Renten lebt das Kloster von einer Eigenwirtschaft, die bis ins 16.Jahrhundert betrieben wird. Die Expansion des Besitzes ist um die Mitte des 14.Jahrhunderts weitgehend abgeschlossen; ein Register der Einkünfte und Gefälle rund um Altenberg wird 1349 angelegt. Der Besitz liegt nördlich in Orten an Dill und Lemp, im Lahntal zwischen Weilburg im Westen und dem Gießener Becken im Osten, südlich um Hüttenberg und um Butzbach in der Wetterau und dem Schwalbacher Grund. Dazu kommen weiter entfernt liegender Grundbesitz. Über Stadthöfe in Herborn, Marburg, Friedberg, Hülshof bei Gladenbach und Dagobertshausen werden sie lokal verwaltet. Zum Marburger Stadthof gehören ein Hof und mehrere Häuser.

Albshausen (Wetzlar), Aldendorf, Allendorf, Alstadt, Altenkirchen, Altenkirchen, Altenstädten, Amdorf, Assenheim, Asslar, Atzbach, Bardorf, Bärenbach, Beienheim, Berghausen, Berghausen, Bersrod, Biel, Birenkeim (Bergheim), Biskirchen, Bissenberg, Blasbach, Boiff, Bonbaden, Bortshausen, Breitenbach, Büblingshausen, Buseck, Butzbach, Cleeberg, Cyriaxweimar, Daburg, Dagobertshausen, Dahlheim, Daubhausen, Dautphe, Derinbach, Dillheim, Dorheim, Dornholzhausen, Dutenhofen, Ehringshausen, Enzheim, Fauerbach, Frankenbach, Friedberg, Gambach, Garbenheim, Geisenheim, Giessen, Glauberg, Gleiberg, Goßfelden, Griedel, Großen-Linden, Grüningen, Günterod, Haddamshausen, Hasselbach, Hausen, Heckholzhausen, Heegheim, Heldenbergen, Herborn, Heuchelheim, Hirschberg, Hochelheim, Holzhausen, Holzhausen, Holzheim, Hörbach, Hörnsheim, Huchlinhusen, Hülshof, Hundsbach, Inheiden, Katzenfurt, Kinzenbach, Kirch-Göns, Klein-Karben, Kölschausen, Krofdorf, Lahnmitt, Lahr, Langenhain, Langgöns, Laufdorf, Launsbach, Laurenburg, Leihgestern, Leun, Lich, Limburg, Löhnberg, Lohra, Lützellinden, Marburg, Melbach, Mengerskirchen, Merkenbach, Mött, Mühlheim, Münchholzhausen, Nauborn, Naunheim, Niederbiel, Nieder-Erlenbach, Niedergirmes, Niederhausen, Niederhörgern, Niederkleen, Niederlemp, Nieder-Mörlen, Niederquembach, Nieder-Rosbach, Niederscheld, Nieder-Weisel, Niederwetz, Nieder-Wöllstadt, Oberbiel, Obereisenhausen, Oberkleen, Oberlemp, Oberndorf, Oberweimar, Ober-Wöllstadt, Ockstadt, Offenbach, Ostheim, Pohlgöns, Quembach, Rechtenbach, Reinboldshausen, Reiskirchen, Rheinbrohl (bei Andernach), Römershausen, Rosbach, Roth, Schwalbach, Schwalheim, Seelbach, Sinn, Sinkershausen, Södel, Solms, Steindorf, Steinfurth, Stockhausen, Strassheim, Treisbach, Vollnkirchen, Volpertshausen, Waldgirmes, Weckesheim, Weitershausen, Werdorf, Wernborn, Wertshausen, Westhausen, Wetzlar, Wißmar, Wöllstadt, Wommelshausen

Abhängigkeitsverhältnis:

Das Stift ist der Prämonstratenserabtei Rommersdorf bei Neuwied unterstellt.

Ausstattung

Gebäude:

Zur Ausstattung mit mittelalterlichen Glasfenstern vgl. Altenberg, Klosterkirche

Denkmaltopographie:

DenkXweb Kulturdenkmäler in Hessen (Gesamtanlage Kloster Altenberg)

Objekte:

Grab der seligen Gertrud, Tochter der hl. Elisabeth

Nachweise

Arcinsys Hessen:

Literatur:

Germania Sacra-ID:

30283

GND-Nummer:

4374805-3

Zitierweise
„Prämonstratenserinnenkloster Altenberg, Gemeinde Solms“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/10695> (Stand: 29.11.2021)
Indizes

Personen:

Altenberg, Gertrud von

Gottfried von Beselich

Sachbegriffe: