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Georg-Büchner-Preis an Durs Grünbein, 21. Oktober 1995

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verleiht anlässlich ihrer Herbsttagung in Darmstadt den Georg-Büchner-Preis und ein Preisgeld in Höhe von 60.000 DM an den Lyriker Durs Grünbein.

Der 1962 in Dresden geborene Grünbein debütierte 1988 mit dem Gedichtband „Grauzone. Morgens“.1 Er lebt seit den 1980er Jahren in Berlin, neben der Veröffentlichung von Gedichtbänden schreibt er Essays für Zeitschriften wie den „Merkur“ und „Akzente“ und arbeitet als Übersetzer und Herausgeber.2 Nach Peter Handke, der 1973 im Alter von 30 den Georg-Büchner-Preis verliehen bekam, ist Durs Grünbein der zweitjüngste Preisträger bisher.3

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet über die Dankrede Grünbeins: „Zu Beginn seiner Rede gestand Grünbein, ihm hätten die Knie gezittert beim Gedanken, eines Tages über Georg Büchner sprechen zu müssen. Denn bei dieser Gelegenheit stehe mehr auf dem Spiel als die jährliche Visite eines unklassischen Klassikers. Es gehe, denke man Büchner zu Ende, um einen Wendepunkt in der Literatur. Büchner habe einen Ausfall gewagt, mit einem Salto mortale die Dichtung von der Zumutung befreit, hinwegspielen zu müssen gleichermaßen über das elende Reale wie über das reale Elend.4 Eine Laudatio auf den Preisträger hält Heiner Müller, der den Georg-Büchner-Preis 1985 verliehen bekam. Er fasst zusammen: „Was ist das Ungemütliche an den Texten von Durs Grünbein, das seine Lobredner blendet und seine Kritiker verstört? Seine Bilder sind Röntgenbilder, seine Gedichte Schatten von Gedichten, aufs Papier geworfen wie vom Atomblitz. Das Geheimnis seiner Produktivität ist die Unersättlichkeit seiner Neugier auf die Katastrophen, die das Jahrhundert im Angebot hat, unter den Sternen wie unter dem Mikroskop.5

Der Georg Büchner-Preis, ursprünglich von der Regierung Hessens 1923 gestiftet, um bedeutende Persönlichkeiten aus Hessen wie Schauspieler*innen, Musiker*innen und Künster*innen auszuzeichnen, wird seit 1951 von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung als reiner Literaturpreis vergeben.6
(NT)


  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.5.1995, S. 1: Durs Grünbein erhält den Büchner-Preis.
  2. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.5.1995, S. 10: Falten und Fallen.
  3. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22.10.1995, Nr. 42, S. 26: Neugier auf die Katastrophen des nächsten Jahrhunderts.
  4. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22.10.1995, S. 26: Neugier auf die Katastrophen des nächsten Jahrhunderts.
  5. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis: Durs Grünbein: Laudatio.
  6. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Auszeichnungen: Georg-Büchner Preis.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Georg-Büchner-Preis an Durs Grünbein, 21. Oktober 1995“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/5572> (Stand: 21.10.2020)
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