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Hessische Biografie

Portrait

Friedrich Sigismund Freiherr von Waitz von Eschen gen. von Hilchen
(1745–1808)

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GND-Nummer

139085289

Waitz von Eschen gen. von Hilchen, Friedrich Sigismund Freiherr von [ID = 5904]

* 19.6.1745 Sontra, † 14.10.1808 Kassel, evangelisch-reformiert
Minister, Gesandter
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Wirken

Werdegang:

  • ab 4.6.1763 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen, ab 9.10.1766 an der Universität Marburg
  • 1769 Kammerassessor in Kassel
  • 1770 Ernennung zum Kriegs- und Domänenrat und zum Bergrat
  • 1773 Geheimer Legationsrat
  • 23.9.1782 bis zu seinem Tod Direktor des Commerz-Colleges Kassel
  • 1786 Präsident und Direktor der Berg-, Salz- und Blaufarbenwerke
  • vermittelte 1795 den Frieden von Basel zwischen Hessen und Frankreich
  • 25.6.1796 Wirklicher Geheimer Staatsminister und Kurator der Universitäten Marburg und Rinteln
  • 1.8.1796 Ritter des hessischen Ordens vom Goldenen Löwens, ab 1802 dessen Ordenskanzler
  • 1796 Verleihung des preußischen Roten Adlerordens
  • Mitglied der Freimaurer-Loge „Zu den drei Löwen“
  • Ehrenbürger der Stadt Kassel
  • ab 1804 Mitglied der althessischen Ritterschaft
Familie

Vater:

Waitz von Eschen gen. von Hilchen, Johann Friedrich Freiherr, 1706–1781, Hofkammerrat, Salinendirektor, Oberamtmann, Gutsbesitzer

Mutter:

Waitz von Eschen, Carolina* Dorothea Magdalena Reichsfreiin, 1727–1786, Tochter des Jacob Siegmund Freiherr Waitz von Eschen, 1698–1776, Kammer-Direktor, Minister, und der Eleonore Sophie Zumbe

Partner:

  • Rheinfahrt, Sophie* Dorothea von, * Speyer 29.5.1761, † Pyrmont 12.8.1816, Heirat Kassel 9.12.1791, offenbar letzte der Familie, Tochter des Karl Wilhelm von Rheinfahrth, Regierungsrat

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, Abb. 71.

Leben

Als „Fridrich Sigmund Hilchen aus Nauheim im Hanauischen“ immatrikulierte sich der spätere Minister 1761 im Collegium Carolinum in Braunschweig. Sein Vater Johann Friedrich Hilchen hatte 1744 die Tochter des Leiters des fürstlichen Berg-, Hütten- und Salinenwesens in Kassel, Jacob Sigismund Waitz geheiratet. Jacob Sigismund Waitz hatten an der Entwicklung der Saline in Nauheim maßgeblichen Einfluß. Er stieg in der Folge zum Minister und Wirklichen Geheimen Rat auf und erhielt 1764 den Freiherrnstand. Johann Friedrich Hilchen folgte seinem Schwiegervater im Amt des Direktors der Saline in Nauheim, wurde von diesem adoptiert und unter dem Namen „Waitz von Eschen gen. von Hilchen“ 1768 selbst in den Adelsstand erhoben.1 Von den acht jüngeren Geschwistern Friedrich Sigmunds ging der Bruder Karl August, geboren 1746, zum Militär und wurde 1785 Flügeladjutant des Landgrafen Friedrich II., von Wilhelm IX. aber nicht übernommen, seine Karriere endete als Geheimer Kriegsrat in Kassel. Er starb 1805.2 Auch Wilhelm, geboren 1752 wurde Offizier, dann aber Forstmeister in Kassel. Er starb schon 1791. Der Bruder Philipp Johann, 1754–1814, wurde preußischer Geheimer Ober-Finanz- und Bergrat in Berlin und Johann Friedrich, 1759–1804, folgte zunächst als Kammerrat in Hanau, dann als Geheimer Rat und Präsident des Berg-, Salinen- und Münzdepartements in württembergischen Diensten. Für das familiäre Netzwerk waren auch die Heiraten der Schwestern wichtig: Eleonore Marie Elisabeth, 1748–1797, heiratete den nachmaligen Präsidenten der Kasseler Oberrentkammer Karl Theophil Wilhelm von Meyer, 1731–1806, und Friederike, 1756–1841, heiratete den Mecklenburg-Schweriner Kammerpräsidenten Ludwig von Dorne, 1742–1806. Durch die Geschwister waren daher die Ministerien für Ökonomie in Kassel, Stuttgart und Schwerin eng miteinander verbunden. Auch mit seiner 1791 geschlossenen Ehe mit Sophie von Rheinfahrt, 1761–1816, erweiterte Friedrich Sigmund erneut das genealogische Netz innerhalb der Kasseler Hofkammer. Sein Schwiegervater Karl Wilhelm von Reinfarth, † 1782, war Geheimer Rat in der Kriegs- und Domänenkammer in Kassel. Mit Sophie, die väterlicherseits aus altem Adel, mütterlicherseits jedoch aus Straßburger Kaufmanns- und Handwerkerfamilien stammte, ist die Familie von Rheinfahrt offenbar erloschen.

Das Studium setzte Friedrich Sigmund Hilchen in Göttingen und Marburg fort, wo er sich am 4.6.1763 und am 9.10.1766 immatrikulierte. In Marburg trägt er sich 1767 in das Stammbuch des Johann Christian Martin ein.3

Mit seinem Eintritt als Assessor in die Kammer in Kassel 1769 begann Friedrich Siegmund zielstrebig seine eigene Karriere. 1770 wurde er Kriegs-, Domänen- und Bergrat in Kassel, 1773 Geheimer Legationsrat, schon 1783 Präsident des Commerz-Collegiums und Steuer-Direktor, 1786 Präsident und Direktor der Berg-, Salz- und Blaufarben-Werke, am 25. Juni 1796 Wirklicher Geheimer Rat und Etatsminister nebst Direktorium der beiden Kanzleien.4 Er war auch Kurator der Universitäten Marburg und Rinteln.

Er starb in Kassel am 14. Oktober 1808.5

Seit 1790 wurde Waitz von Eschen von Landgraf Wilhelm IX. als Diplomat verwandt. Zunächst war er 1790 Gesandter Kassels beim Wahlkonvent in Frankfurt am Main, dann 1797 bis 1798 und 1802 Gesandter wegen der Entschädigungslande in Frankreich, dann seit dem 3. Februar bis zum 25. Mai 1798 und im September 1798 Gesandter zum Frieden von Rastatt.

Als „bedeutendster Diplomat Hessen-Kassels im letzten Jahrzehnt des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts“ (so Grotefend) „war er oft an den Höfen in Wien, London, Berlin und Paris tätig, seine diplomatische Laufbahn krönte der von ihm zustandegebrachte Friede von Basel (28. August 1795) zwischen Hessen und Frankreich und seine Verhandlungsführung bei der Erlangung der Kurwürde für Hessen-Kassel im Jahre 1803“.6

Waitz handelte auch mit seinem preußischen Kollegen von Haugwitz die Pyrmonter Konvention vom 19. Juli 1797 aus. Im Herbst 1797 war er Gesandter in Frankreich, wo er die Pyrmonter Konvention mit Talleyrand verhandelte. Landgraf Wilhelm war nur kurze Zeit schwankend, auf die von Talleyrand geforderten 2 Millionen Livres einzugehen, um dann erneut in die preußische Partei zu wechseln.7 Das Verhältnis zum Landgrafen war jedoch wegen Waitzens Eintritt für ein Zusammengehen mit Frankreich und seiner Neigung zu Intrigen gespannt.8

Friedrich Sigmund Waitz von Eschen war in der Gesellschaft der Alterthümer in Kassel Präsident des engeren Ausschusses und ordentliches Mitglied der Gesellschaft des Ackerbaues und der Künste in Kassel.

Er erhielt die höchsten Ehren des seines Dienstherren: am 1. August 1796 wurde er Ritter des Hessischen goldenen Löwen-Ordens und 1802 der Kanzler dieses Ordens. 1796 erhielt er auch den preußischen Roten Adler-Orden, zudem war er Ehrenbürger der Stadt Kassel. Zwar hatte er nicht den Freiherrntitel seines Schwiegervaters übernehmen können, führte diesen jedoch gelegentlich. 1804 wurde er in die althessische Ritterschaft aufgenommen.

Lupold v. Lehsten


  1. Walter von Hueck, Adelslexikon Bd. XV, 2004, S. 372: Reichsadelsstand mit „von“ und privilegium denominandi sowie Lehenberechtigung: Wien 17.4.1768 für Johann Friedrich Hilchen, Fstl. Hessen-Kassel. Hofkammerrat und Salinendirktor in Nauheim, vgl. auch Frank, Gnadenakte, Bd. 2, S. 203. Fstl. Hessen-Kassel. Namensübertragung als „Waitz v. Eschen gen. v. Hilchen“ Kassel 18.12.1768 für denselben als Schwiegersohn u. Adoptivsohn des Fstl. Hessen-Kassel. Geheimer Rat und Staatsminister Jacob Sigismund Freiherr Waitz v. Eschen, auf Eschen, Dudendorf u. Kucksdorf, Mecklenburg-Schwerin.
  2. Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden, S. 245.
  3. Vgl. Hessische Familienkunde Bd. 4, 1959, Sp. 521 mit Zusatz des Stammbuchbesitzers: „abiit im Frühjahr 1767, ist Geheimer Legationsrat in Cassel“. Die Eintragenden in das Stammbuch Martin sind vorzugsweise als Mitglieder des Concordienordens gekennzeichnet.
  4. HStA Marburg 5, 11912.
  5. Piderit’sche Chronik, S. 151.
  6. Nickel u. a., Kurzbiographien. In: Kasseler Juristen, S. 528. Vgl. auch Waitz v. Eschen, Der Friede von Basel, Kassel 1893, mit Hinweis darauf daß 'derselbe in einer Beylage zum 39. St. der Cassel. Pol. u. Comm. Zeit. v. J. 1795 seinem Inhalte nach zu ersehen' sei.
  7. Vgl. Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden, S. 492.
  8. In seinen Lebenserinnerungen, Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden, S. 319, schrieb der Landgraf: „Vor den beiden Waitz muß man indes unentwegt auf der Hut sein, weil diese emporgekommene Familie über zwei Stimmen im Rat verfügt.“
Zitierweise
„Waitz von Eschen gen. von Hilchen, Friedrich Sigismund Freiherr von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/139085289> (Stand: 15.4.2024)