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Hessische Biografie

Hessen-Kassel, Wilhelm IV. Landgraf von [ID = 5711]

* 24.6.1532 Kassel, † 25.8.1592 Kassel, Begräbnisort: Kassel Martinskirche, evangelisch
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Hessen, Wilhelm der Weise Landgraf von
  • Hessen, Wilhelm IV. Landgraf von
Wirken

Werdegang:

  • 31.3.1567 regierender Landgraf zu Kassel

Funktion:

  • Hessen-Kassel, Landgrafschaft, Landgraf, 1567-1592

Netzwerk:

  • Buch, Johannes <Lehrer>, 1515–1599, GND
Familie

Vater:

Hessen, Philipp I. Landgraf von, 1504–1567

Mutter:

Sachsen, Christina Herzogin von, 1505–1549

Partner:

  • Württemberg, Sabina Herzogin von, * 2.7.1549, † 17.8.1581, Verlobung 6.9.1565, Heirat Marburg 11.2.1566, Tochter von Christoph Herzog von Württemberg, GND, 1515–1568, und der Anna Maria Markgräfin von Brandenburg-Kulmbach, 1526–1589

Verwandte:

Nachweise

Quellen:

Literatur:

Bildquelle:

Landgraf Wilhelm IV. „der Weise“ und Frau Sabina, Ölbild Jost van Hoff/Caspar van der Borcht, Hessische Hausstiftung, Schloss Fasanerie B 1078 (beschnitten), in: Franz, Das Haus Hessen, Darmstadt 2012, S. 79

Leben

Nach den beiden älteren Schwestern Agnes und Anna kam Wilhelm als erster Sohn Landgraf Philipps des Großmütigen zur Welt und wurde nach dessen Tod zum Begründer der Kasseler Linie des Landgrafenhauses. Seine ersten acht Lebensjahre verbrachte er überwiegend im Umfeld des Frauenzimmers, bevor ab 1540 Johannes Buch und später Nikolaus Rhoding seine Ausbildung übernahmen. Während des Schmalkaldischen Krieges hielt sich der damals Vierzehnjährige in Straßburg auf, wo er mit Jakob und Johann Sturm, Martin Bucer (1491–1491) und Jean Garnier aus Avignon in Kontakt kam. Letzteren holte er später nach Kassel und machte ihn 1562 zu seinem Hofprediger. Nach der Gefangennahme Landgraf Philipps 1547 durch den Kaiser übernahm Wilhelm interimistisch die Regierung, wobei ihn die altbewährten Räte des Vaters unterstützten. Im Bündnis mit seinem Schwager Kurfürst Moritz von Sachsen nahm er dann an dem erfolgreichen Fürstenaufstand gegen das Augsburger Interim teil. Im Passauer Vertrag 1552 konnte die Freilassung Landgraf Philipps durchgesetzt werden. Auch in den Jahren nach der Rückkehr des Vaters blieb Wilhelm an der Regierung beteiligt. Seine Heirat mit Sabina von Württemberg bekräftigte die engen Beziehungen zwischen dem Landgrafenhaus und den Württemberger Herzögen.

Nach seiner Regierungsübernahme im Kasseler Teil der 1567 geteilten Landgrafschaft bemühte sich Wilhelm als Senior um den Zusammenhalt des Gesamthauses, der durch bestimmte, im Testament des Vaters vorgesehene Samt-Institutionen gewährleistet werden sollte. Nach außen vertrat er eine moderate Linie, wobei er zwischen den sich abzeichnenden konfessions- und bündnispolitischen Fronten im Reich und in Europa zu vermitteln suchte, damit allerdings mittelfristig scheiterte. Dies schloss eine Unterstützung der Hugenotten in Frankreich und der Oranier in den Niederlanden sowie des späteren schwedischen Königs Karl von Södermanland nicht aus. Wilhelm intensivierte auch die seit der Reformationszeit bestehenden Kontakte zur englischen Krone und konnte 1577 Königin Elisabeth I. als Patin für seine Tochter Elisabeth (1577–1578) gewinnen. In Paderborn, Fulda und Köln unterstützte er die protestantische Partei gegen die gegenreformatorischen Bestrebungen der geistlichen Landesherren. Sein Engagement in der Freistellungsbewegung auf den Reichstagen brachte ihn in wachsenden Gegensatz zu Kursachsen. Im Merlauer Vertrag von 1582 gelang die Beilegung des lange schwelenden Konfliktes mit Kurmainz. Die innerfamiliären Streitigkeiten um das Testament des Vaters führten die vier Landgrafenbrüder aus der ersten Ehe Philipps zusammen. Das Erbe der Stiefbrüder, der Grafen von Diez, sowie das des 1583 verstorbenen Philipp II. von Hessen-Rheinfels wurden jeweils einvernehmlich aufgeteilt. Diese Erfahrungen veranlassten Wilhelm bereits 1576, die Unteilbarkeit seines Landesteils testamentarisch zu verankern. Die umsichtige wirtschaftliche Sanierung des Landes manifestierte sich im Ökonomischen Staat, einem frühen statistischen Handbuch. Wilhelms wissenschaftliche Interessen, vor allem an Mathematik und Astronomie, brachten ihn unter anderem mit Tycho Brahe in Kontakt; Wilhelm gilt als Erbauer der ersten neuzeitlichen Sternwarte in Europa. Diesem naturwissenschaftlichen Denken entsprechend, befürwortete er auch die Gregorianische Kalenderreform. Aus seiner Ehe mit Sabina von Württemberg, die elf Jahre vor ihm starb, gingen elf Kinder hervor, von denen allerdings nur fünf das Erwachsenenalter erreichten, darunter sein Thronerbe Moritz. Aus einer Beziehung mit der Kasseler Bürgerstochter Elisabeth Wallenstein stammten zwei Kinder: die Tochter Christine (1552/53–1637), die am Hof der Gräfin Anna von Bentheim-Tecklenburg (1528–1582) erzogen wurde und später dort auch zweimal heiratete, sowie der Sohn Philipp Wilhelm von Cornberg.

Holger Th. Gräf

(Text identisch mit: Franz, Haus Hessen, S. 79 f.)

Zitierweise
„Hessen-Kassel, Wilhelm IV. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/118632922> (Stand: 25.3.2024)