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Hessische Biografie

Portrait

Alexandra Fjodorowna Kaiserin von Russland
(1872–1918)

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Russland, Alexandra Fjodorowna Kaiserin von [ID = 16403]

* 6.6.1872 Darmstadt, † 4./17.7.1918 Jekaterinburg, russisch-orthodox
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Geburtsname:

Hessen und bei Rhein, Alix Prinzessin von

Weitere Namen:

  • Hessen und bei Rhein, Victoria Alix Helena Louise Beatrice von
  • Russland, Aleksandra Kaiserin von
  • Russland, Aleksandra Zarin von
  • Russland, Alexandra Fjodorowna Zarin von
Familie

Vater:

Hessen und bei Rhein, Ludwig IV. Großherzog von, * Bessungen 12.9.1837, † Darmstadt 13.3.1892

Mutter:

Großbritannien, Alice* Maud Mary Prinzessin von, 1843–1878

Partner:

  • Russland, Nikolaj II. Kaiser von, 1868-1918, GND

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Alix/Alexandra Kaiserin von Russland, Foto Hessisches Staatsarchiv Darmstadt D 27B 2024 (beschnitten), in: Franz, Das Haus Hessen, Darmstadt 2012, S. 379

Leben

Die beim Tod der Großherzogin Alice erst sechsjährige Alix, die in der Familie Sunny, später auch Alicky hieß, war zwangsläufig weniger als die älteren Geschwister vom Vorbild der Mutter geprägt, obwohl auch ihre Erziehung unter dem Einfluss Queen Victorias eindeutig englisch orientiert war. Die engere Beziehung zu Vetter Nicky, dem russischen Thronfolger Nikolaus, begann nach einem ersten Zusammentreffen anlässlich der Hochzeit von Schwester Ella bei einem Familienbesuch in St. Petersburg Anfang 1889. Abwehrversuche in beiden Familien blieben letztlich fruchtlos; die Zaren-Eltern hätten eine Stärkung der neuen französischen Allianz durch Heirat mit Hélène von Orléans vorgezogen, für die sich auch der von den englischen Verwandten favorisierte Vetter Eddy interessierte. Nachdem mit Einschaltung des Kaiser-Vetters Wilhelm II., der auf Verbesserung der deutsch-russischen Beziehungen spekulierte, die Bedenken gegen die notwendige Konversion behoben waren, kam es bei der Coburger Hochzeit des Bruders Ernst Ludwig im April 1894 zur Verlobung, der im Juni die offizielle Vorstellung des Paares bei Großmutter-Queen in England folgte. Im Oktober zum todkranken Schwiegervater Alexander auf die Krim gerufen, fuhr Alix nach dem noch in Livadia vollzogenen Konfessionswechsel mit der Zarenfamilie im Trauerzug nach St. Petersburg zurück, wo wenige Tage nach der Beisetzung eine zwangsläufig gedämpfte Hochzeit gefeiert wurde. Eine Belastung war die fortdauernde Dominanz der dänisch-deutschfeindlichen Kaiserin-Mutter. Die als eigentliches Fest geplante Krönung in Moskau im Mai 1896 wurde überschattet von der fatalen Massen-Panik auf dem Chodynka-Feld. Die Antrittsreise des jungen Kaiserpaares nach England und Frankreich endete beim Treffen mit Kaiser Wilhelm in Wolfsgarten im Oktober des Jahres mit Misstönen, in denen die Illusion einer dynastischen Überbrückung national-politischer Gegensätze deutlich wurde. Bleibendes Zeugnis der wiederholten Besuche der Zarenfamilie in Darmstadt wurde die 1899 geweihte „Russische Kapelle“ auf der Mathildenhöhe.

Die Bilder vom Familientreffen zur „griechischen Hochzeit“ der Battenberg-Cousine Alice in Darmstadt im Oktober 1903 zeigen das Zarenpaar mit seinen vier Töchtern und Großherzog Ernst Ludwigs Tochter Elisabeth, die sechs Wochen später auf dem anschließenden gemeinsamen Jagdurlaub der Familie im polnischen Skierniwicze an Typhus starb. Dass der im Folgejahr geborene, sehnlich erwartete Thronfolger Alexej die Familienseuche der Bluterkrankheit geerbt hatte, verstärkte die Isolierung der Zarenfamilie, deren Stellung durch die blutig niedergeschlagenen Unruhen in St. Petersburg im Februar 1905 mit der nachfolgenden Ermordung Großfürst Sergejs zusätzlich belastet wurde. Verhängnisvoll wirkte sich die Abhängigkeit von dem als Wunderheiler für den erkrankten Sohn engagierten Starez Grigori Rasputin (1869–1916) aus. Das für die zweimonatige Kur der kränklichen Zarin in Bad Nauheim im Herbst 1910 eingerichtete russische „Hoflager“ in der Burg Friedberg, bei dem man anschließend in Wolfsgarten noch einmal mit Kaiser Wilhelm zusammentraf, war der letzte Besuch der Zarenfamilie in Hessen. 1912 gab es ein letztes Mal gemeinsame Sommerferien auf der Krim. Im 1914 ausgebrochenen Krieg bewährte sich Alix als Vertreterin des Zaren, wenn er im Feld bei der Truppe war, vor allem aber – wie einst die Mutter – in dem gemeinsam mit den Töchtern geleisteten Einsatz in den Lazaretten. Nach der im Frühjahr 1917 von der Revolution erzwungenen Abdankung war die Zarenfamilie zunächst in Zarskoje Selo interniert. Pläne zur Rettung durch ein schon bereitgestelltes britisches Kriegsschiff zerschlugen sich. Anfang August wurden die Romanows auf Weisung der provisorischen Regierung unter Alexander Kerenskij nach Tobolsk in Sibirien gebracht, wo man sie auch nach der Machtübernahme der Bolschewiki im Oktober zunächst beließ. Erst Wochen nach der formalen Beendigung des Krieges durch den im März 1918 unterzeichneten Vertrag von Brest-Litowsk, folgte die Verlagerung nach Jekaterinburg, wo die Familie in der Nacht vom 16./17. Juli ermordet wurde. Erst 1998 wurden die exhumierten Überreste der Zarenfamilie nach Petersburg überführt.

Eckhart G. Franz

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 378-380)

Zitierweise
„Russland, Alexandra Fjodorowna Kaiserin von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/118648047> (Stand: 25.3.2024)