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Hessische Biografie

Portrait

Widerat von Eppstein
(um 1025–1075)

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Weitere Informationen

GND-Nummer

1106576896

Eppstein, Widerat von [ID = 9896]

* um 1025 Königssondergau (?), † 16.7.1075 Fulda, Begräbnisort: Fulda Klosterkirche, Grablege der Äbte (Kreuzgang), belegt 1060, katholisch
Mönch, Dekan, Abt
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Wideradus
  • Fulda, Dekan Widerat von Eppstein
  • Fulda, Abt Widerat von Eppstein
Wirken

Werdegang:

  • um 1025: Geburt und Kindheit möglicherweise im Grafengeschlecht des Königssondergaus (Reginbodonen), auch wenn er traditionell „von Eppstein“ genannt wird.
  • um 1035: Da Widerat seit Kindertagen an einem Fuß gelähmt war, wurde er wohl früh zur Versorgung in die mit den Reginbodonen verbundene Reichsabtei Fulda geschickt, auch wenn er durch seine Behinderung vom Empfang der Weihen ausgeschlossen war.
  • um 1050: Nach Beendigung seiner Ausbildung wurde Widerat Fuldaer Mönch.
  • 1058/59: Der neue Abt Siegfried I. machte wohl seinen Verwandten Widerat trotz dessen Behinderung zum Klosterdekan, als welcher er für die innere Disziplin zuständig war.
  • 6.1.1060: An Epiphanias wurde Siegfried I. in Altötting durch König Heinrich IV. formal das Erzbistum Mainz übertragen. Als Nachfolger in Fulda sah der Erzbischof trotz dessen Behinderung seinen Verwandten Widerat vor, zumal dieser ja bereits Dekan war
  • Januar 1060 (?): Widerat wurde von der Kaiserin-Witwe zum Abt eingesetzt, obwohl er aufgrund seiner Beinlähmung eigentlich auch diese Würde gar nicht empfangen durfte.
  • Februar/März 1060 (?): Bei einem Besuch Heinrichs IV. und seiner Mutter in Fulda wurde Widerat trotz Körperhandikap und fehlender Priesterweihe zum Abt gekürt und investiert
  • 7.6.1063: Am Vorabend einer Goslarer Provinzialsynode zu Pfingsten, wo auch ein Hoftag stattfand, kam es beim Abendmahl zum wiederholten Mal zu einem Tumult bei der Sitzaufstellung zwischen den Delegationen aus Fulda und Hildesheim. Die Hildesheimer hatten Bewaffnete in die Stiftskirche eingeschleust, sodass eine blutige Schlacht mit Verwundeten und Toten ausgefochten wurde.
  • 8.6.1063: Bei der Gerichtsverhandlung am Pfingstmorgen konnte der Hildesheimer Bischof die ganze Schuld auf den Fuldaer Abt schieben, zu dem der Hof auf Distanz ging.
  • So verkaufte Widerat Klosterbesitz an König, Räte und Bischof, um sein Amt zu retten.
  • 1063: Nach Widerats Rückkehr entlud sich in Fulda angesichts der Goslarer Niederlage die länger angestaute Wut der Mönche über seine jahrelange Güterverschleuderung und Verwaltungsmängel. Da Widerat nur die älteren Mönche beschwichtigen konnte, wandte er sich an den Hof. Dort klagten auch 16 jüngere Mönche gegen ihn, wurden aber sehr ungnädig aufgenommen, aus Fulda verwiesen und durch ein Laiengericht hart bestraft.
  • Herbst 1064: Aufgrund der Wirren erhielt Widerat erst jetzt von Papst Alexander II. in Rom seine Abtsweihe, sodass er nun trotz Behinderung vollgültig anerkannt war.
  • nach 20.9.1064: Bei dieser Gelegenheit bestätigte der Papst gleich auch die Klosterprivilegien. Vielleicht rief Widerat ihn auch schon um Hilfe gegen den verwandten Erzbischof Siegfried I. von Eppstein in dessen Thüringer Zehntangriffen an.
  • 1064/65: Der Würzburger Bischof Adalbero wollte angesichts der Fuldaer Schwäche die lange beabsichtigte Diözesangewalt über die Abtei durchsetzen, sodass er Fuldaer Besitzrechte missachtete und Widerat der Simonie (Kauf eines kirchlichen Amtes) bei seiner Weihe verdächtigte.
  • etwa 1065: Im Gegenzug schrieb der Abt einen Brief an Papst Alexander II., keine Verletzung der Exemtion Fuldas zu dulden. Als Anlage fügte Widerat ein Verzeichnis von 26 päpstlichen und 29 königlichen Privilegien an. Damit erwirkte er ein päpstliches Mahnschreiben an den Bischof, das Kloster in seinen Rechten nicht zu beeinträchtigen.
  • 1068: Abt Widerat sandte als „procurator Fuldensis“ an Papst Alexander II. einen Brief mit Privilegienverzeichnis, damit sich dieser für die exemte Stellung Fuldas und gegen die ungerechten Zehntforderungen des Erzbischofs von Mainz einsetze. Denn er sei dreimal unter Lebensgefahr selbst in Rom gewesen, habe den Papst aber nicht angetroffen.
  • Anfang 1069: Mangels Einsicht hatte sich Bischof Adalbero in Rom vor dem Papst in Gegenwart fuldischer Gesandter zu verantworten. Er musste Alexander II. versprechen, nicht mehr Rechte und Güter des Klosters zu usurpieren und keine Übergriffe mehr in Kirchen und Kapellen anzustellen. Darüber informierte der Papst den Fuldaer Abt brieflich, wobei er ihm auch den Wortlaut eines Schreibens an den Mainzer Erzbischof mitteilte, der sich gleichfalls fuldische Rechte angemaßt habe (wohl in Thüringen).
  • April/Mai 1069: Auf einem Reichstag im thüringischen Mühlhausen entschied ein Schiedsgericht den Zehntstreit mit Mainz so, dass man Siegfried I. de iure die Verfügung über die Zehntzahlungen von fuldischen Ministerialen mit Ritterlehen gab, die Fuldaer „milites“ zunächst jedoch mit gleich hohen Zehntüberweisungen entschädigte und sicher stellte, dass der Abt sein Zehntrecht im bisherigen Umfang ausüben durfte.
  • um 1071: Abt Robert von Michelsberg bei Bamberg wollte mit hohen Geldsummen beim König die Absetzung des Fuldaer Abtes mit anschließender Übertragung der Abtei an ihn selbst erreichen, doch lehnte Heinrich IV. diesen simonitischen Bestechungsversuch ab.
  • 10.3.1073: Auf einer Erfurter Synode konnte Siegfried I. von Mainz seine thüringischen Zehntansprüche gegenüber Fulda und Hersfeld noch erweitern. Dabei war laut einem unter königlicher Vermittlung zustande gekommenen Vergleich für die Abt Widerat seit 1069 noch zustehenden zehntpflichtigen Kirchen in Thüringen nun eine Halbierung des Zehnten zwischen Mainz und Fulda vorgesehen. Dagegen sollten aber jeweils die klösterlichen und erzbischöflichen Herrenhöfe vollständig zehntfrei bleiben.
  • 1073: Angesichts der Anspannungen verschlechterte sich Widerats Gesundheitszustand so sehr, dass er einen Schlaganfall bekam, von dem weitere Lähmungen zurückblieben.
  • Juni 1075: Als Heinrich IV. zu einem Zug gegen die Sachsen rüstete, musste auch Widerat trotz seines Zustandes mit einem Truppenkontingent im Bad hersfeldischen Dorf Breitingen erscheinen. Er kam schon erschöpft auf seinem Wagen an, worauf das Getöse und der Staub fast seinen Tod herbeiführten. Er wurde zwar lebend ins Kloster zurückgebracht, erlitt dort aber einen zweiten Schlaganfall, der ihm auch noch die Sprache raubte.
  • 16.7.1075: Sechs Wochen später starb Widerat nach sehr schwerem Leiden in Fulda.
  • Daraufhin wurde er trotz aller vorherigen Kritik standesgemäß in der Grablege der Fuldaer Äbte im Ostteil des Kreuzganges in der Nähe des Bonifatiusgrabes bestattet.

Funktion:

  • Fulda, Dekan, 1058/59-1060
  • Fulda, Abt, 1060-1075

Lebensorte:

  • Königssondergau; Fulda
Familie

Verwandte:

  • Eppstein, Siegfried I. von <Verwandter>, * um 1025, † 16.2.1084, Sohn des Reginbodonen-Grafen Siegfried im Königssondergau, 1058-1060 Abt von Fulda, 1060-1084 Erzbischof von Mainz
Nachweise

Quellen:

Literatur:

Zitierweise
„Eppstein, Widerat von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/1106576896> (Stand: 28.11.2023)