Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Burgen, Schlösser, Herrenhäuser

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4823 Melsungen
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Ortskennziffer
63401405016

Schloss Melsungen

175 m über NN
Gemarkung Melsungen, Gemeinde Melsungen, Schwalm-Eder-Kreis
Basisdaten | Geschichte | Bau und Baugeschichte | Burgtyp | Nachweise | Zitierweise | Indizes

Der Schlossbau des 16. Jahrhunderts liegt am nördlichen Rand der Melsunger Altstadt, im Bereich des früheren Schloss- und Stadtgrabens. Das Schloss wurde zwischen 1550 und 1557 im Auftrag Landgraf Wilhelms IV. von Hessen anstelle der landgräflichen Burg errichtet, die ursprünglich aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammte. Das Schloss diente insbesondere als Verwaltungssitz für das Amt Melsungen sowie als Unterkunft der Landgrafen bei Jagdaufenthalten in Melsungen. Nach seiner Abdankung 1627 hielt sich Landgraf Moritz von Hessen-Kassel verstärkt im Melsunger Schloss auf. Bei der Schlossanlage des 16. Jahrhunderts handelt es sich um eine locker angeordnete Gruppe von schlicht gehaltenen Steinbauten in einer mehrgliedrigen Hofanlage. Sichtbare Baureste der mittelalterlichen Burganlage sind nicht erhalten. Weite Teile der Schlossanlage aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts existieren noch und beherbergen heute das Finanzamt des Schwalm-Eder-Kreises und das Amtsgericht Melsungen.

Basisdaten

Weitere Namen:

  • Burg Melsungen

Ortstyp:

Burg; Schloss

Bezeichnung der Siedlung:

  • burg unde stat (1325) [Landgrafen-Regesten online Nr. 812]
  • sloz Milsungen, hus und stad (1359) [StAM, Rechn. I t, Gen.Rep. Mels., 1359 Mai 16]
  • kemenadin (1459) [StAM, Rechn.I, Mels., Rmr1456 (KArt.81/26), Bl.1r]
  • sloss (1466) [Landgrafen-Regesten online Nr. 3252]
  • uffim schloß (1497) [StAM, Rechn. I, Mels., Rmr. 1497, Bl. 26v]
  • uff dem sloß (1498) [StAM, Rechn. I, Mels., Rmr. 1498, Bl. 28r]

Lagebezug:

15 km nordnordöstlich von Homberg (Efze) gelegen

Lage:

Der Schlossbau des 16. Jahrhunderts liegt im Norden der Melsunger Altstadt (Kasseler Str. 29-31), nahe der früheren, 1325 erstmals genannten Burganlage, die sich im Bereich des späteren, zur Schlossanlage gehörigen Marstalles befand.

Geschichte

Ersterwähnung:

1325

Besitzgeschichte:

1123 erringt das Erzbistum Mainz die Lehnshoheit sowohl über die Burg als auch die Stadt Melsungen. Zwischen 1183 und 1190 erwirbt Erzbischof Konrad I. von Mainz eine Burg Melsungen für 350 Mark von Landgraf Hermann I. von Thüringen, der Melsungen später als mainzisches Lehen erhält. Fraglich ist allerdings, ob es diese Burg identisch mit der späteren Anlage der Landgrafen ist. 1263 wird Landgraf Heinrich I. von Hessen durch das Erzstift Mainz mit Burg und Stadt Melsungen belehnt. 1359 verpfänden die Landgrafen Burg und Stadt Melsungen an die Familie von Treffurt. Nach Entstehung der Landgrafschaft Hessen ist kommt es wegen der Burganlage mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen den Landgrafen und dem Erzbistum Mainz. So nehmen mainzische Truppen die Burg im Jahr 1385 sowie 1387 ein. Nach der Belagerung Kassels durch ein von Erzbischof Adolf I. von Mainz angeführtes Bündnis muss Landgraf Hermann II. am 10. September 1387 die Burganlage in Melsungen per Waffenstillstandsvertrag übergeben.

Die Burg bzw. das Burghaus dient im Spätmittelalter als Unterkunft der Landgrafen, wenn diese sich kurzzeitig in Melsungen aufhielten. Von 1515 bis 1520 wird das Burghaus Anna von Braunschweig, der Gemahlin Landgraf Wilhelms I., als Witwensitz angewiesen. Nach der Umwandlung nutzt Landgraf Wilhelm IV. die Anlage als Jagdschloss. Während des Dreißigjährigen Krieges hält sich Tilly im Melsunger Schloss auf, dessen Truppen bis ins Jahr 1626 hinein in der Stadt einquartiert sind. Im Zeitraum von 1627 bis 1632 lebt der abgedankte Landgraf Moritz von Hessen-Kassel im Schloss. Zwischen 1733 und 1806 werden Schlossbau und Marstall zur Unterbringung Hessen-Kasselscher Kavallerie genutzt. Zur Zeit des Königreichs Westphalen nutzt Jerôme Bonaparte zeitweilig das Jagdschloss. Ab 1821 wird der Schlossbau schließlich zu Verwaltungszwecken genutzt. Von 1825 bis 1868 hat die kurfürstlich-hessische Forstakademie dort ihren Sitz. Auch nach der Annexion des Kurfüstentums durch Preußen im Jahr 1866 bleibtSchloss Melsungen Verwaltungsbau. Im Zweiten Weltkrieg dient die Anlage schließlich als Gefangenenlager für britische Offiziere. Seit der Hessischen Gebietsreform im Jahr 1974 sind im Schloss das Finanzamt des Schwalm-Eder-Kreises und das Amtsgericht Melsungen untergebracht.

Funktion:

Die schlichte bauliche Gestaltung der Schlossanlage macht deutlich, dass diese zwar als Nebenresidenz des Landgrafen diente, vor allem aber ihre Funktion als Verwaltungsmittelpunkt für das Amt Melsungen zu erfüllen hatte.

Sonstiges:

Wolf geht davon aus, dass die Burganlage frühestens nach 1263 von den hessischen Landgrafen errichtet wurde (Wolf, Melsungen, Bd. 1, S. 80).

Bau und Baugeschichte

Baugeschichte:

1193/94 wurde die Burganlage in einer Fehde zwischen Mainz und den thüringischen Landgrafen zerstört, aber kurz darauf wegen ihrer strategisch bedeutsamen Lage durch die Landgrafen wieder errichtet. Im Thüringisch-Hessischen Erbfolgekrieg war die Burg nach 1247 erheblichen Beschädigungen ausgesetzt, aber ebenfalls schon bald wieder von den Landgrafen von Hessen instand gesetzt worden (falls die thüringische und die spätere hessische Burganlage identisch sind). Im Verlauf des 15. Jahrhunderts wird das zur Burganlage gehörige Burghaus mehrfach bereits als "Schloss" bezeichnet, das zu diesem Zeitpunkt aber noch immer einen wehrhaften Charakter aufwies. Dieses Burghaus war, als Landgräfin Anna von Braunschweig hier ihren Witwensitz erhielt, schon im Verfall begriffen und wurde zwischen 1550 und 1557 schließlich im Auftrag Landgraf Philipps des Großmütigen und seines Sohnes, des späteren Landgrafen Wilhelm IV., durch einen Schlossneubau ersetzt. Auf einem Großteil der Fläche der früheren Burganlage errichtete man im Zuge dieser Baumaßnahmen einen Marstall. Um 1600 wurde der Batterieturm angebaut.

Baubeschreibung:

Die Melsunger Burganlage war vermutlich wasserburgartig ausgebaut und befand sich südwestlich des sog. Kasseltores, im Zwischenraum der beiden Wassergräben, die die gesamte Stadtmauer umgaben. Zusätzlich gesichert wurde die Burg durch einen Palisaden- oder Plankenzaun, dem offenbar ein Gebück vorgelagert war. Zugang zur Burg erhielt man durch mehrere Zugbrücken, die in Rechnungen des Melsunger Schultheißen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts genannt werden. Unmittelbar südöstlich der Burg befand sich das zugehörige Vorwerk, auf dem später Teile der Schlossanlage gebaut wurden. Den Kern der Burganlage stellte vermutlich die mehrgeschossige Kemenate mit Turm dar, die identisch mit dem Burghaus sein dürfte. Dieses diente von 1515 bis 1520 als Witwensitz der Landgräfin Anna von Braunschweig, Gemahlin Landgraf Wilhelms I., und war zu diesem Zeitpunkt bereits derart verfallen, das es zwischen 1550 und 1557 im Auftrag Landgraf Wilhelms IV. durch einen Schlossbau ersetzt wurde.

Bei der Schlossanlage des 16. Jahrhunderts handelt es sich um eine locker angeordnete Gruppe von schlicht gehaltenen Steinbauten in einer mehrgliedrigen Hofanlage. Das Hofportal ziert ein Wappenstein Landgraf Philipps des Großmütigen (bez. 1556). Der Hauptbau der Schlossanlage ist ein stattliches dreigeschossiges Gebäude mit rechteckigen Treppenturmvorbauten, das an der Nordfassade mit zwei Aborterkern samt Fachwerkgiebel versehen ist. An der Westseite des Schlosshofes befindet sich das frühere Wohnhaus des Burggrafen mit Treppenturm an der Ostfassade. Südlich des Schlossbaus befindet sich der Marstall, an dem ein Wappenstein Landgraf Wilhelms IV. (bez. 1577) mit der Inschrift "WILHELMVS DEI GRATIA LANDGRAVIVS HASSIAE COMES - IN CATZELNBOGEN DIETZ ZIGENHAIN ET NIDDA HOC AEDIFICIVM INCHOAVIT F(O?)ELICITER ABSOLVIT ANNO DOMINI 1577" angebracht ist. In westlicher Richtung schließt sich an die Schlossanlage als Nachfolger eines barocken Gartens eine Parkanlage im englischen Stil, an deren Zugang ein Wachgebäude (bez. 1699) mit Haubendach und runder Eckbastion steht.

Erhaltungszustand:

Von der mittelalterlichen Burganlage haben sich keine sichtbaren Baureste erhalten. Weite Teile der Schlossanlage aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts existieren noch und beherbergen heute das Finanzamt des Schwalm-Eder-Kreises und das Amtsgericht Melsungen.

Burgtyp

Bautyp:

Niederungsburg; Stadtburg

Funktionstyp:

Jagdschloss; Amtssitz

Nachweise

Literatur:

EBIDAT:

Schloss Melsungen

Zitierweise
„Schloss Melsungen, Gemeinde Melsungen“, in: Burgen, Schlösser, Herrenhäuser <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bg/id/63401405016> (Stand: 9.3.2022)