Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Burgen, Schlösser, Herrenhäuser

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Messtischblatt
5317 Rodheim-Bieber
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Ortskennziffer
53100205008

Herrenhaus Schmitte

190 m über NN
Gemarkung Rodheim-Bieber, Gemeinde Biebertal, Landkreis Gießen
Basisdaten | Geschichte | Bau und Baugeschichte | Burgtyp | Nachweise | Zitierweise | Indizes

Hof Schmitte liegt 700 m südsüdwestlich des Ortskerns von Rodheim am linken Ufer der Bieber. Die erstmals 1412 als Waldschmiede bezeugte Anlage wurde um das Jahr 1457 durch Henne von Rodheim in einen ritterlichen Herrensitz umgewandelt. Die späteren Besitzer bauten den Hofkomplex in den folgenden Jahrhunderten sukzessive aus und um. Herrenhausartige Wohnbauten des 17. bis 19. Jahrhunderts gruppieren sich mit Mühlen-, Wirtschafts-, Stall- und weiteren Wohnbauten um einen langgestreckten Innenhof. Der Hofkomplex ist weitestgehend erhalten und befindet sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie van der Hoop.

Basisdaten

Historische Namensformen:

  • Smitte (1495)
  • Schmitter Hof (1787)

Ortstyp:

Herrenhaus

Bezeichnung der Siedlung:

  • Waldsmith (1412)

Lagebezug:

6 km westnordwestlich von Gießen gelegen

Lage:

Hof Schmitte liegt 700 m südsüdwestlich von Rodheim am linken Ufer der Bieber, im unteren Hangbereich eines Ostsporns des 348 m hohen Königsstuhls.

Geschichte

Ersterwähnung:

1412

Besitzgeschichte:

Der erste urkundlich nachweisbare Besitzer von Hof Schmitte war 1439 der Ritter Henne von Rodheim. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kommt der Hof durch Heirat von den von Rodheim an Henne Lesch von Mühlheim. Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts befindet sich Hof Schmitte im Besitz der Lesch von Mühlheim. Im Zuge der Heirat mit Felicitas Agnes Lesch gelangt Hof Schmitte 1652 an den hessen-darmstädtischen Geheim- und Kriegsrat Hans Günther von Brennhausen. Um 1732 ist die Familie Goldmann Eigentümerin des Hofkomplexes. Nach 1763 erwirbt die Familie Freiherr von Firnhaber zu Eberstein den Hof. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ehelicht Johann Conrad von Firnhaber die Witwe des holländischen Majors Adrian van der Hoop. Die Witwe van der Hoop und ihre Sohn aus erster Ehe, Willem-Gerrit, kommen nach dem Tod Johann Conrad von Firnhabers in den Besitz von Hof Schmitte. Noch heute steht die Hofanlage im Besitz der Familie van der Hoop.

Bau und Baugeschichte

Baugeschichte:

Um 1457 ließ vermutlich Henne von Rodheim den früheren Eisenhammer in einen befestigten ritterlichen Herrensitz ausbauen. In dieser Zeit wurde das sog. Burghaus im südwestlichen Teil der Hofanlage errichtet. Unter Markus Andreas Lesch von Mühlheim wurde 1550 der Eisenhammer zu einer Mahlmühle umgebaut. Die Gewölbekeller des niedrigen Fachwerkgebäudes an der Hofeinfahrt stammen möglicherweise aus dieser Zeit. Hans Günther von Brennhausen ließ das Burghaus 1654/55 aus- und umbauen. Ebenfalls in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts datieren wahrscheinlich die südöstlich des Burghauses gelegenen Stallbauten sowie die gegenüberliegende sog. Große Scheuer. 1717 erfolgte schließlich der Bau der sog. Neuen Scheuer, die im Südosten unmittelbar an die Stallungen anschließen. 1795 ließ Johann Conrad von Firnhaber an der nordöstlichen Seite des Hofes anstelle des sog. Langen Hauses ein eingeschossiges Herrenhaus in klassizistischem Stil errichten. Nordwestlich an das alte Burghaus anknüpfend wurde 1834 im Auftrag Willem-Gerrit van der Hoops ein Erweiterungstrakt erbaut. An der Westseite von Hof Schmitte erfolgte 1880 der Bau des nordwestlich an die Mühle anschließenden Wohnbaus. Der Mühlenbau selbst brannte 1908 nieder und wurde durch einen vierstöckigen Neubau ersetzt.

Baubeschreibung:

Bei Hof Schmitte handelt es sich um eine Mahlmühle anstelle eines spätmittelalterlichen Eisenhammers samt herrenhausartigen Wohn- und stattlichen Stall- bzw. Wirtschaftsbauten. Im Bereich der Hofzufahrt steht ein eingeschossiges Fachwerkgebäude (1732) mit Krüppelwalmdach und massivem (Gewölbe-)Kellergeschoss. Letzteres geht vielleicht auf die Nutzungszeit des Hofes als Eisenhammer zurück. Nördlich dieses Gebäudes steht das zweigeschossige Wohnhaus mit Satteldach aus dem Jahr 1880. Daran knüpft nordöstlich das viergeschossige und mit Mansarddach versehene Mühlengebäude an, das anstelle des 1908 niedergebrannten Vorgängerbaus errichtet wurde. In östlicher Richtung schließt sich das eingeschossige Herrenhaus klassizistischen Stils (1795) mit Mansarddach an. Im Bereich der nordöstlich Hofecke findet sich die sog. Große Scheuer, ein Wirtschaftsbau in Fachwerkbauweise des 17. Jahrhunderts. Gegenüber der Großen Scheuer liegt im südöstlichen Teil von Hof Schmitte die sog. Neuer Scheuer von 1717 mit durch Andreaskreuze verzierten Toren. In nordwestlicher Richtung fügen sich an die Neue Scheuer weitere Stallbauten mit massivem Sockel und Fachwerkaufbau (17. Jahrhundert). An ihrer nordwestlichen Giebelseite stoßen diese Stallbauten an das sog. Burghaus, das um 1654 zu einem dreigeschossiges Herrenhaus mit massivem Hauptgeschoss und zwei Fachwerkobergeschossen samt Krüppelwalmdach sowie rundem Treppenturm ausgebaut wurde. Nordwestlich des Burghauses steht der 1834 errichtete Wohnerweiterungstrakt, ein dreistöckiger Bau mit massivem Hauptgeschoss und separatem Zugang.

Denkmaltopographie:

Ältester, noch erhaltener Teil der Anlage ist das zur Bergseite hin gelegene Herrenhaus, das so genannte „Burghaus“. Es geht, wie ein als Spolie in das Mauerwerk eingelassener Balken mit Inschrift belegt, in seinem Kern auf das Jahr 1457 zurück. Bauherr war vermutlich Henne von Rodheim. Das im Erdgeschoss massive, mit zwei auskragenden Fachwerkobergeschossen, einem runden Treppenturm und einem Renaissanceportal (Gewände mit kämpferartigem Abschluss, alte Tür mit Eisenbeschlägen, dreistufige Freitreppe) ausgestattete Haus, dessen Fern- und Silhouettenwirkung auf die abwechslungsreiche, verschieferte Dachlandschaft mit abgestuftem Teilwalm, hochrechteckigen Gauben und spitzem Turmhelm zurückzuführen ist, dürfte laut der Datierung in den beiden Wappentafeln über dem Portal in seiner heutigen Form 1654 entstanden sein. Einer der Besitzer war zu dieser Zeit Hans-Günther v. Brennhausen (Festungskommandant in Gießen), der eine der Urenkelinnen von Marx Lesch geheiratet hatte. Er war auch der Bauherr der beiden sich südöstlich anschließenden, im unteren Teil massiv gemauerten, oben mit Fachwerk ausgestatteten Stallgebäude. Dies belegt der Schlussstein, der über einer der Eingangstüren angebracht ist. Seine Inschrift lautet: „H G V B 1655“. Vermutlich entstand die sich anschließende Fachwerkscheune, die später sicher mehrfach verändert und zum Stall umgebaut wurde, ebenfalls noch im 17. Jahrhundert.

Das letzte Gebäude dieser nach Südosten orientierten Gebäudeabfolge, die so genannte „neue Scheuer“, eine mit zwei großen Toren ausgestattete, in symmetrischem Fachwerkgefüge ausgeführte Scheune, wurde laut Inschrift 1717 errichtet.

Erst mit dem 1834 für Willem-Gerrit van der Hoop errichteten Erweiterungsbau des Wohntraktes, der sich rechts an das Burghaus anschließt und mit einem eigenen Eingang versehen ist, war die in ununterbrochener Abfolge errichtete Gebäudereihe auf der Bergseite abgeschlossen. Das Erdgeschoss des ebenfalls dreigeschossigen Gebäudes wurde in Bruchsteinen ausgeführt. Dem klassizistischen Formenkanon folgend, kennzeichnen jeweils drei streng gereihte, in Achsen übereinander angeordnete, große Fenster die sonst schlichte Fassade.

Auf der gegenüberliegenden Bachseite bilden im Nordwesten drei Gebäude einen gesonderten, mit eigener Hofeinfahrt ausgestatteten Mühlenkomplex.

Außer dem direkt mit der Giebelseite an den Zufahrtsweg angrenzenden Fachwerkgebäude stehen hier das 1880 an die Mühle angebaute zweigeschossige, durch flachbogige Fenster und Satteldach charakterisierte Wohnhaus und das 1908 nach dem Brand der alten Mühle an der gleichen Stelle errichtete, vierstöckige, mit einem Mansarddach versehene Mühlengebäude, dessen Mühlrad erhalten ist.

Links, direkt neben dem Haupteingang zur Schmitte, steht ein niedriges Fachwerkgebäude, das durch sein tief nach unten gezogenes Krüppelwalmdach und durch ein als Dachreiter zur Hofseite aufgesetztes Glockentürmchen gekennzeichnet ist. Es handelt sich um das so genannte Brenn- oder Brauhaus, dessen Fachwerkoberbau im 18. Jahrhundert neu errichtet wurde. Eine Balkeninschrift über der Tür verweist auf diesen Zusammenhang; sie lautet: „ANNO DOMINI 1732 DEN 9 IUNY/ HERR JOHANN GEORG KRAVSKOP ALS MEISTER DISSEN/ BAU AUFF GERICHT DENEN HERREN GOLDMAENNISCHEN ERBEN ZUR SHMIDT/ GOTT BEWAHRE IN“. Der große Gewölbekeller unter dem Gebäude lässt jedoch auf eine ältere Bebauung an dieser Stelle schließen. Vielleicht war hier ursprünglich der Eisenhammer, also die Keimzelle der gesamten Anlage.

Das für die Fernwirkung zur Talseite hin besonders wichtige neue Herrenhaus wurde 1795 anstelle des so genannten „langen Hauses am Bach“ für Johann Conrad Firnhaber errichtet. Der lang gezogene, eingeschossige klassizistische Bau ist vollkommen symmetrisch ausgebildet und wird durch sein hohes verschiefertes Mansarddach, die beidseitigen Zwerchhäuser und durch die gereihten, zur Talseite in Dreiergruppen zusammengefassten, mit Klappläden versehenen Fenster geprägt.

Auch die in größerem Abstand zum neuen Herrenhaus, ebenfalls auf der Talseite stehende, wohl noch in das 17. Jahrhundert zurückgehende Fachwerkscheune, die so genannte „große Scheuer“ oder Bachscheune, ist auch für die Fernwirkung äußerst wichtig. Sie ist mit zwei großen Holztoren und einer linksseitig angebauten Wagenremise des 19. Jahrhunderts versehen und bildet das Pendant zur gegenüber liegenden „neuen Scheuer“.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Herrenhaus Schmitte, Gemeinde Biebertal“, in: Burgen, Schlösser, Herrenhäuser <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bg/id/15345> (Stand: 18.9.2018)