Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Burgen, Schlösser, Herrenhäuser

Burg Gleiberg

308 m über NN
Gemarkung Krofdorf-Gleiberg, Gemeinde Wettenberg, Landkreis Gießen
Basisdaten | Geschichte | Bau und Baugeschichte | Burgtyp | Nachweise | Zitierweise | Indizes

Die weithin sichtbare Burg Gleiberg liegt auf einem hohen Basaltkegel nordwestlich von Gießen. In der älteren Literatur wird die Burg häufig als konradinische Gründung des 10. Jahrhunderts bezeichnet, dies lässt sich jedoch nicht belegen. Vermutlich wurde sie im 11. Jahrhundert erbaut, 1057 werden erstmals die Herren von Gleiberg genannt, 1075 erwähnt Lampert von Hersfeld einen Grafen von Gleiberg. Gesichert ist, dass der spätere Kaiser Heinrich V. die Burg 1103 eroberte. Im 12. Jahrhundert kam die Burg an die Herren von Merenberg, seit 1333 war sie im Besitz der Grafen von Nassau. Sie verlor damit ihre Residenzfunktion und war bis 1734 Sitz eines nassauischen Amtmannes. Seit 1646 ist die Oberburg Ruine. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Burg zu einem beliebten Ausflugsziel: der Turm wurde 1837 zugänglich gemacht und in den 1880er Jahren wurde in der Unterburg ein Lokal eingerichtet. Seit 1879 ist die Burg im Besitz des Gleibergvereins.

Basisdaten

Weitere Namen:

  • Gleiburg

Ortstyp:

Burg

Bezeichnung der Siedlung:

  • Glizberg castrum munitissimum (Anfang 12. Jahrhundert) [Annales Patherbrunnenses, S. 108 (1103), online (pdf)]

Lagebezug:

knapp 6 km nordwestlich von Gießen

Lage:

Die Burg liegt auf einem hohen Basaltkegel nahe der alten Weinstraße, die von Mainz und Frankfurt über Butzbach, Staufenberg, Frankenberg und Korbach nach Paderborn führte. Die knapp 1 km nordwestlich gelegene Burg Vetzberg war Sitz eines Vogtes der Herren der Burg Gleiberg.

Geschichte

Laufzeit:

Mitte 11. Jahrhundert–

Besitzgeschichte:

Die Burg war im 11. Jahrhundert im Besitz der Grafen von Gleiberg. Nach dem Tod des Grafen Wilhelm von Gleiberg (nach 1158) kam die Burg an die Pfalzgrafen von Tübingen und an die Herren von Merenberg. Als Landgraf Heinrich von Hessen 1265 den tübingischen Teil der Grafschaft Gleiberg erwarb, verzichtete er auf den entsprechenden Anteil an der Burg, die damit nun vollständig im Besitz der Merenberger war. Nach dem Tod Hartrads IV. von Merenberg (1328) heiratete seine älteste Tochter Gertrud 1333 Gerlach I. von Nassau. Abgesehen von einer kurzen Unterbrechung im 30jährigen Krieg (1635 übertrug Kaiser Ferdinand II. Burg und Amt Gleiberg dem Landgrafen Georg II. von Hessen-Darmstadt) blieb die Burg Gleiberg bis ins frühe 19. Jahrhundert in nassauischem Besitz. 1816 ging das Amt Gleiberg an das Königreich Preußen. 1879 schenkte die preußische Regierung Burg und Gelände dem Wetzlarer Landrat Theodor Bernhard Tieschowitz von Tieschowa, der die Eigentumsrechte im gleichen Jahr an den 1837 ursprünglich als Geselligkeitsverein zur Erbauung einer Treppe im Turm der Schlossruine zu Gleiberg gegründeten Gleibergverein übertrug. Der Verein verpflichtete sich, die Ruine zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Abgang:

Graf Ernst Casimir von Nassau-Weilburg hielt 1653 fest, dass seine „residentz bzw. schloss zu Gleiberg in ao 1646 durch das leydige kriegswesen gantz ingeäschert und ganz in grund ruinirt“ worden war (zitiert nach Friedhoff, Frühneuzeitliche Baugeschichte, S. 20). Die Oberburg wurde nicht erneuert und ist seitdem Ruine.

Sonstiges:

Im 18. und 19. Jahrhundert war die Burg Gleiberg insgesamt fünfmal Ziel Gießener Studentenauszüge (1777, 1792, 1819, 1826 und 1829). Bei einem Auszug verließen die Studenten Gießen und zogen in umliegende Dörfer; sie nutzten ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Stadt, um ihre Interessen gegenüber Stadt und Behörden durchzusetzen.

Bau und Baugeschichte

Baugeschichte:

Der nur noch in seinen Fundamenten erkennbare quadratische Turm mit einer Seitenlänge von 12 m und einer Mauerstärke von 4 m zählt zu den ältesten Teilen der Burg, die 1103 teilweise zerstört wurde. Der weithin sichtbare runde Bergfried ist wahrscheinlich im 12. Jahrhundert errichtet worden. Der sogenannte Merenbergerbau, ein romanischer Palas mit kreuzgewölbter Kapelle, geht vermutlich auf das Jahr 1230 zurück (stilistische Datierung der an den Ecksäulen erhaltenen Knospenkapitelle), ist jedoch im 14. und 15. Jahrhundert verändert worden. Seine südliche Giebelwand steht über den Fundamenten des quadratischen Turms. Die Schlüssellochscharten der Ringmauer lassen auf Bau beziehungsweise Erneuerung im 15. Jahrhundert schließen. Ende des 15. Jahrhunderts ist die im Westen und Norden noch erhaltene Zwingermauer errichtet worden, die den Einsatz von Feuerwaffen möglich machte. Die beiden Gebäude der Unterburg, Albertusbau und Nassauerbau, sind in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erbaut worden (1561, 1578 bis 1581). Nach der Zerstörung von 1646 blieb die Oberburg Ruine, die jüngere Unterburg wurde wiederhergestellt, die Dachstühle des Albertusbaus und des Nassauerbaus lassen sich auf 1651/52 und 1653/54 datieren (dendrochronologische Datierung). Die Unterburg wurde nach 1734, als der Sitz des nassauischen Amtmanns nach Atzbach verlegt wurde, weiter instand gehalten und diente bis ins frühe 19. Jahrhundert als Fruchtspeicher.

1837 wurde ein ebenerdiger Eingang in den Bergfried gebrochen und eine Treppe eingebaut, um den Turm als Aussichtsturm zu nutzen. Die Unterburg wurde unter Leitung Hugo von Ritgens ab 1880 wiederhergestellt und als Ausflugslokal genutzt. Von 1983 bis 1995 wurde die Oberburg umfassend saniert.

Erhaltungszustand:

Die Oberburg ist seit der Zerstörung von 1646 Ruine. Die Unterburg wurde wieder hergestellt und in den 1880er Jahren restauriert.

Denkmaltopographie:

Zwischen dem Fohnbach im Westen und dem Gleibach im Osten thront weithin sichtbar die Gipfelburg Gleiberg auf dem gleichnamigen 308 m hohen Basaltkegel am Nordrand des Gießener Beckens und prägt im Zusammenspiel mit den Silhouetten des Vetzberges und des Dünsberges die klar gegliederte Kulturlandschaft nordwestlich von Gießen.

Die wahrscheinlich schon im 10. Jahrhundert von den Konradinern gegründete Stammburg der Gleiberger Grafen, die bereits 1103 durch Kaiser Heinrich V. zum ersten Mal zerstört wurde, war von der Mitte des 12. Jahrhunderts an in der Hand der Herren von Merenberg, die sie weiter ausbauten. 1328 kam sie dann durch Erbschaft an die Grafen von Nassau. Diese besetzten sie mit Amtmännern, passten die bestehende Oberburg der Feuerwaffenentwicklung an und erbauten die Unterburg. Kurzzeitig von hessisch-darmstädtischen Truppen besetzt gehalten, wurde die Burg 1646 von niederhessischen Truppen in Brand geschossen und erobert. Seit dieser Zeit blieb die Oberburg Ruine, während die weniger geschädigte Unterburg nach 1879 durch Hugo von Ritgen im Auftrag des Gleibergvereines restauriert wurde.

Die den topografischen Gegebenheiten geschickt angepasste, noch heute allseitig durch Mauern gesicherte Burganlage, die über die steil ansteigende, in Serpentinen emporgeführte Burgstraße von Süden her erschlossen ist, gliedert sich in zwei durch Höhenlage und Baualter unterschiedene Teilbereiche, die Unter- und die Oberburg.

Am höchsten Punkt der Oberburg steht hinter einer abknickenden, abgerundeten Mantelmauer, die vielleicht erst im 14. Jahrhundert errichtet und im 15. Jahrhundert erneuert wurde, der mächtige, runde Bergfried aus dem 12. Jahrhundert. Der etwa 30 m hohe Turm, der einen Durchmesser von 12 m aufweist, zeigt in 14,20 m Höhe einen sockelartigen Mauerrücksprung, welcher auf das früher vorhandene, ehemals gewölbte Verlies hindeutet. Als ursprünglich einziger Eingang, der zu den über dem Verließ gelegenen drei Geschossen und zur ehemals zinnenbewehrten Turmplattform führte, diente eine rundbogige Tür auf der Westseite in 15,25 m Höhe. Wesentlich älter als dieser Turm sind die wahrscheinlich noch auf das 11. Jahrhundert zurückgehenden, aus sorgfältigem Quadermauerwerk gefügten Fundamentreste eines quadratischen Turmes, der offensichtlich noch zur Gründungsanlage gehörte, später aber überbaut wurde. An ihn grenzt die in ihrer südlichen Außenmauer und dem Westgiebel erhaltene Ruine des ursprünglich romanischen, später veränderten und erweiterten Palas an, in den die Merenberger um 1230 eine Kapelle einbauten.

Erhalten sind ferner eine in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtete Wehrmauer mit Bogenblenden an der Innenseite, große Teile der beiden vorgelagerten, im 15. Jahrhundert entstandenen Zwinger mit Mauertürmen sowie die Umfassungsmauern der Unterburg samt dem alten spitzbogigen Torzugang im Nordosten.

Die Unterburg selbst besteht aus zwei rechtwinklig aneinander gesetzten, lang gestreckten Gebäuden, die erst in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts vermutlich unter Graf Albrecht von Nassau-Weilburg erbaut wurden. Während der so genannte Albertus-Bau, dessen rundbogige Tordurchfahrt außen eine Bossenquaderung aufweist, noch ganz aus Stein besteht, hat der so genannte Nassauer Bau bereits ein Fachwerkobergeschoss. Einschließlich der unbebauten Freiflächen im Süden, Westen und Norden, die für die Burgansicht aus der Ferne von besonderer Bedeutung sind, ist die wehrtechnisch und typologisch gleichermaßen interessante Burganlage des Gleibergs, die mit der seit 1331 Stadtrechte genießenden gleichnamigen Siedlung eine untrennbare Einheit bildet, aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen als Sachgesamtheit Kulturdenkmal.

Burgtyp

Bautyp:

Höhenburg; Gipfelburg

Nachweise

Literatur:

EBIDAT:

Burg Gleiberg

Zitierweise
„Burg Gleiberg, Gemeinde Wettenberg“, in: Burgen, Schlösser, Herrenhäuser <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bg/id/14931> (Stand: 13.11.2020)