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Hessische Biografie

Portrait

Georg Ferdinand Freiherr von Lepel
(1779–1873)

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Lepel, Georg Ferdinand Freiherr von [ID = 2790]

* 27.11.1779 Spangenberg, † 10.11.1873 Coburg
Minister, Gesandter, Komitialgesandter, Diplomat, Abgeordneter
Biografischer Text

Ferdinand Freiherr von Lepel wurde trat nach dem Besuch des Friderizianiums in Kassel und dem Studium der Jurisprudenz in Marburg und Göttingen 1798 als Legations-Sekretär in Hessen-Kasselische Dienste. Er behielt Zeit seines Lebens eine starke Bindung an die Diplomatie, ja er wurde nach seiner Karriere als „Chef-Diplomat“ einer Mittelmacht deren Außenminister. Schon von Juli bis Oktober 1804 war er als substituierter Gesandter zusammen mit seinem späteren Schwiegervater, dem Komitialgesandten Philipp Maximilian Freiherr von Günderode gen. von Kellner beim Reichstag in Regensburg anwesend.1 Hier legte er ein Repertorium der Akten der Kasselischen Gesandtschaft an, war an den Verhandlungen der Reichsdeputation zur Entschädigung der weltlichen Fürsten beteiligt und unterschrieb das Protokoll.2 In den Jahren 1805 bis 1806 war Lepel Legationsrat bei der Gesandtschaft in Wien.3 Er war dort auch der private Geschäftsträger des vertriebenen Kurfürsten Wilhelm I. von Hessen-Kassel und bis 1813 der Geschäftsträger in Österreich4, 1813 wurde er vom Kurfürsten zum Kammerherrn ernannt, am 1. Januar 1814 zum Geheimen Regierungsrat mit monatlich 91 Reichstaler und 16 Groschen Gehalt.5 Im Januar 1813 reiste Lepel für den Kurfürsten zum König von Preußen nach Breslau, um über die Zuschüsse aus „allgemeine Kriegs-Casse“ der Alliierten mit dem Freiherrn von und zum Stein zu verhandeln.6 Er war dann dem Vertreter des Kurfürsten im Hauptquartier der Alliierten, Ludwig Christoph Graf Keller (1757–1827), beigeordnet. Graf Keller war dem Kurfürsten als ehemaliger Minister Dalbergs von dem preußischen Gesandten Haenlein als dritter Minister aufgedrängt worden. Er führte als Delegationsleiter die hessischen Entschädigungsverhandlungen im Hauptquartier der Alliierten in Frankreich, danach beim Wiener Kongress. Keller war in seiner Eigenschaft auf für die Bemühungen verantwortlich, die Kasseler Kunstschätze wieder aus Frankreich zurückzuführen. Die Kommission bestand neben Keller aus dem Legationsrat von Lepel, dem Galerieinspektor Robert, Oberhofrat Völckel und Jakob Grimm.7

Ende September 1816 „trat Geheimrat v.L., der zur Mission nach Wien ernannt wurde, die Reise dorthin an“.8 Lepel teilte dem Kurfürsten am 22. Oktober mit, dass er im Frieden von Altenburg keine Berücksichtigung fand. Sein Auftrag war „par dépit gegen Preußen“ im Zusammenhang mit der Ablehnung des preußischen Geschäftsträgers von Zastrow.9

Nach den Verhandlungen in Wien blieb Lepel 1816 außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister am österreichischen Hof, bis 1817 in Salzburg. In den Jahren 1816 bis 1821 vertrat Lepel Kurhessen zwar auch am bayerischen Hof in München und 1819 kamen nach dem Tod von Buderus von Carlshausen noch die Vertretungen am württembergischen und großherzoglich hessischen Hof hinzu. Vorrangig war Lepel jedoch seit 1817 als Gesandter am Bundestag in Frankfurt am Main Nachfolger von Buderus von Carlshausen, der bei der Entschädigung der enteigneten Käufer Hessischer Domänen in der Zeit des Königreichs Westfalen einen Kompromiss versprochen hatte und sich darüber mit dem Kurfürsten überworfen hatte.

Seit 1817 führte Ferdinand von Lepel den Titel eines Geheimen Rats. 1821 starb Kurfürst Wilhelm I.

1823 wurde Lepel vom Posten des Bundestagsgesandten auf Drängen Metternichs abberufen, weil er eine österreichische Vormachtstellung ablehnte und die sogenannte Triaspolitik befolgt hatte. Lepel bleibt aber in Frankfurt am Main, wo er sich in zweiter Ehe mit den führenden Familien verbunden hatte. Er wurde hier nicht nur Mitglied in der adligen Gesellschaft des Hauses Alten Limpurg, sondern blieb auch bis 1836 Bürger der Reichsstadt, war gewähltes Mitglied der gesetzgebenden Versammlung und des lutherischen Kirchenvorstandes. In der gesetzgebenden Versammlung wurde Lepel zu einem der Vizepräsidenten gewählt, 1831 wurde er Senior des evangelischen Kirchenvorstands. Umfangreiche Manuskripte belegen, dass Lepel sich mit dem Vermögen seiner zweiten Frau, der Geschichte der Patrizier-Gesellschaft Alten-Limpurg intensiv befasst hat. Ferdinand von Lepel war Administrator der von Schad’schen Stiftung, der von Humbracht- und von Glaubergschen Stiftung.10

1836 gab er dem wiederholten Ansinnen Kurfürst Wilhelms II. nach und übernahm das Amt des Ministers des kurfürstlichen Hauses und des Äußeren. Dazu ernannte ihn der Kurfürst zum Ober-Kammerherrn. Seit im Januar 1831 Rivalier von Meysenbug für wenige Tage dieses Amt übernommen hatte, war keine längerfristige kontinuierliche Politik mehr möglich gewesen: ihm folgte Lepels Verwandter Karl Friedrich von Kopp, im Mai 1832 Friedrich Heinrich Ludwig von Trott zu Solz. Bereits im März-April 1836 hatte der leitende Minister Gerhard von Motz auch das Außenministerium für einen Monat geführt, ehe es nun Lepel auf drei Jahre übernahm. Doch kam es bald zu schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten, insbesondere über die Stellung des Kurprinzen als Mitregent, sodass Lepel bereits 1839 seinen Abschied nahm. Motz führte wiederum für wenige Monate im Amt, bevor es Christian Heinrich Wilhelm von Steuber übernahm und bis 1846 innehatte.

1840 berief ihn Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg-Gotha nach Coburg, wo er Herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaischer Dirigierender Geheimer Rat und Staatsminister, also sozusagen Ministerpräsident wurde. Mit dem alten Herzog harmonierte der konservative Minister, aber mit seinem Nachfolger, Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha (1813–1893), der 1844 in der Regierung gefolgt war, kam wiederum zu Differenzen.

1846 erbat er seinen Rücktritt, behielt jedoch die Verwaltung des heimischen Vermögens der Coburgischen Prinzen in England, Belgien und Portugal bis 1851 in seinen Händen. Lepels Nachfolger in Coburg wurde sein Schwager Dietrich Freiherr von Stein zu Nord- und Ostheim. In Coburg lebte Lepel bis in sein hohes Alter von fast 95 Jahren. Als 85-jähriger Greis heiratete er 1865 nochmals die fast 50 Jahre jüngere Wilhelmine Meyern von Hohenberg.

In einem Briefwechsel zwischen seinem Sohn Karl und Heinrich Glogau bedauerte Karl 1866, dass sein Vater, der „noch der letzte Lebende [sei], der die Wiener Kongreßakte [als kurhessischer Bevollmächtigter] unterschrieben hat, auf welche er stets große Stücke hielt“, nun sehen müsse, „daß auch sie sich überlebt hat und dem Fortschritt der Zeit weichen muß.“11

Während der Sohn Geschäftsträger des exilierten Kurfürsten in Wien war, traten sein Vater und seine Geschwister in die Dienste König Jérômes von Westfalen. Der Vater erhielt von diesem am 26. März 1812 die Anerkennung des Freiherrnstandes. Dieser wurde Ferdinands Nachkommen und denen seines Bruders Emil im Herzogtum Coburg-Gotha bestätigt. Ferdinand von Lepel wurde durch seine zweite Heirat 1819 Mitglied der adligen Ganerbenschaft Haus Limpurg in Frankfurt am Main. Er erhielt das Großkreuz des kurhessischen Hausordens vom Goldenen Löwen, des hessischen Ludewigsordens, des Sachsen-Ernestinischen Hausordens, des badischen Hausordens der Treue und des belgischen Leopold-Ordens. Er erhielt die Anrede Exzellenz.

Ferdinand von Lepel errichtete am 12. Mai 1855 die sogenannte Lepelsche Geschwisterkasse (Freiherrlich von Lepel’sche Familien-Casse), die die eigenen Nachkommen und die seines Bruders Emil in Notfällen versorgen sollte. Zudem stiftete er eine Lepel’sche Familiengruft auf dem Friedhof in Coburg.

Lupold von Lehsten


  1. L. Gross, Repertorium der diplomatischen Vertreter III, S. 198.
  2. Protokoll der ao. Reichsdeputation zu Regensburg, 2 Bde., 2 Beill.-Bde., 1803.
  3. L. Gross, Repertorium der diplomatischen Vertreter III, 197. Im Jahr 1803 war Ludwig Graf von Taube zum Legationsrat beim Fränkischen Kreis und 1806 Ludwig Gayling von Altheim als Nachfolger von Friedrich Karl Kopp zum Legationsrat in Paris ernannt worden. Beim Reichstag war 1805 August Riedesel Legationsrat und Gesandtschafts-Cavallier. Zu den Akten aus dieser Zeit: Repertorien des Hessischen Staatsarchivs Marburg, Bestand 4: Politische Akten nach Philipp d. gr. 1567–1806, Abt. e: Kaiser, Reichs- und Kreissachen, bearb. v. Hans Philippi, Marburg 1976, 36.
  4. L. Gross, Repertorium der diplomatischen Vertreter III, 202; Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden, 373, weiter 380-383
  5. StA Marburg 5, 13634.
  6. G. F. Frhr. v. Lepel, Meine Bekanntschaft und Verhandlungen mit dem Minister Freiherrn vom und zum Stein, in: Hessenland, Kassel 1887, 96.
  7. Ph. Losch, Kurfürst Wilhelm I, 339; Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden, 544; Rep.dipl.Vertreter III, 201. Die Unterzeichnung der deutschen Bundes-Akte am 10.6.1815. In: Hessenland, Zeitschrift für hessische Geschichte und Literatur 1 (1887), S. 80 f. G. F. Frhr. v. Lepel, Meine Bekanntschaft und Verhandlungen mit dem Minister Freiherrn v. und zum Stein. In: Hessenland, Zeitschrift für hessische Geschichte und Literatur 1 (1887), S. 94-98; vgl. Hans Körner, Die Oppositionspartei der Mittelstaaten bei der Deutschen Bundesversammlung in Frankfurt a.M. aus der Sicht der sächsischen Höfe und Diplomaten (1816–1823). In: Stadtverfassung, Verfassungsstaat, Pressepolitik, Festschrift E. Naujoks, 1980, S. 318-338; H. Seier, Kurhessen und die Anfänge des Deutschen Bundes, 1816–1823. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 29 (1980), S. 98-161.
  8. Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden, 421
  9. Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden, S. 549 f.
  10. A. Hansert, O.-M. Freiherr von Lepel, Historisch-Genealogisches Handbuch der Familie v. Lepel (Lepell), Insingen 2008, S. 194
  11. Zit. Hans Körner, 1866: Das Ende der Freien Stadt Frankfurt, in: Limpurger Brief 1965, S. 25.

Literatur