Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Niederhone

Stadtteil · 167 m über NN
Gemeinde Eschwege, Werra-Meißner-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

4 km westnordwestlich von Eschwege gelegen

Lage und Verkehrslage:

Gewachsenes Haufendorf mit regellosem Grundriss im Eschweger Becken auf erhöhtem Gelände am Zufluss der Wehre in die Werra. Kirche in zentraler Lage auf einer Mittelterasse im alten Ortskern mit Angerplatz. Gewerbegebiet im Osten nach Eschwege, das mit der Stadt verschmilzt. Jüngere Wohnsiedlungsplätze im Westen und Südosten. Durch den Ort verläuft von Nord nach Süd die Landesstraße 3403 (Jestädter Straße). Im Norden führt die Bundesstraße 249, im Westen die Bundesstraße 27 am Ort vorbei.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bebra – Friedland ("Bebra-Friedländer-Bahn"; "Werratalbahn III") seit 1875 (Die Teilstrecke Bebra- Eschwege/Niederhone wurde am 31.10.1875 eröffnet, die Teilstrecke Eschwege/Niederhone - Friedland am 15.5.1876).

Endbahnhof der Eisenbahnlinie Eschwege/Niederhone – Leinefelde ("Kanonenbahn I") (Inbetriebnahme der Strecke 31.10.1875) seit 1875 und Eschwege/Niederhone – Schwalmstadt/Treysa ("Kanonenbahn III") (Inbetriebnahme der Strecke 15.5.1879).

Ersterwähnung:

876

Siedlungsentwicklung:

Zahlreiche bedeutende frühgeschichtliche Funde in der Gemarkung: Siedlungsplatz "Auf dem Raine", Bestattungsplätze auf dem Bückeberg, in der Ortslage und am Hauck (spektakuläres Adelsgrab) sowie in der Ortsmitte. Ferner Wüstungen Strahlshausen und Siedlung auf dem Schenkersberg. Niederhone gilt als alter Mittelpunkt einer Siedlungskammer, der diese Funktion spätestens im 10. Jh. an das nahe Eschwege verlor. Ein Siedlungszusammenhang mit dem südlich gelegenen Oberhone ist naheliegend und besitzgeschichtlich nachvollziehbar (vgl. Besitz).

Planungen für Flugplatzbau 1936, ab 1948 als Industriegebiet ausgebaut

Vorbemerkung Historische Namensformen:

Die ältesten Schriftquellen vor 1250 ohne präzisierenden Bestimmungsteil differenzieren nicht zwischen Ober- und Niederhone, so dass eine eindeutige Zuweisung anhand sprachlicher Kriterien nicht möglich ist. Aufgrund des durch archäologische und siedlungsgeschichtliche Befunde nachweislich höheren Alters von Niederhone werden die frühen Quellen jedoch hier und nicht bei Oberhone aufgeführt.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (876)
  • villa (1155-1162)
  • curtis (1195)
  • villa (1279)
  • Dorf (1315)
  • Dorfschaft (1787)
  • Im Amtlichen Verzeichnis der Gemeinden in Hessen von 1962 als Wohnplatz bezeichnet (Ortsteil).

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Umlegung der Flur:

1875

Älteste Gemarkungskarte:

1763

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3570814, 5674073
UTM: 32 U 570712 5672243
WGS84: 51.197213° N, 10.012036° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

636003031

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 656, davon 486 Acker (= 74.09 %), 68 Wiesen (= 10.37 %), 0,4 Holzungen (= 0.00 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1585: 69 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
  • 1747: 101 Haushaltungen (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
  • 1787: Gewerbetreibende 1 Müller, 2 Schmiede, 1 Wagner, 1 Zimmermann, 18 Maurer, 17 Weisbinder, 17 Leinweber und Tagelöhner, 3 Schneider, 1 Schreiner, 1 Schuhmacher, 3 Wirte, 1 Fuhrmann, 16 Tagelöhner, 12 Weibspersonen
  • 1885: 1041, davon 1008 evangelisch (= 96.83 %), 22 katholisch (= 2.11 %), 11 Juden (= 1.06 %)

Diagramme:

Niederhone: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1141: Honer Mark (in pago, qui dicitur Hunether marca)
  • 1414: Landgrafschaft Hessen, Amt/Gericht Bilstein
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederfürstentum Hessen, Amt Eschwege, Gerichtsstuhl Abterode
  • 1627-1834: Landgrafschaft Hessen-Rotenburg (sogenannte Rotenburger Quart), teilsouveränes Fürstentum unter reichsrechtlicher Oberhoheit der Landgrafschaft Hessen-Kassel bzw. des Kurfürstentums Hessen, Amt Eschwege, Gericht Bilstein
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Eschwege, Gericht Bilstein
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Eschwege, Gericht Bilstein
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Aue
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bilstein
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis

Altkreis:

Eschwege

Gericht:

  • Dorf des Gerichts Bilstein (Bilsteiner Amtsrechnung 1414; Bilsteiner Salbuch 1498)
  • 1822: Fürstlich Rotenburgisches Justizamt Bilstein (Sitz in Abterode)
  • 1834: Justizamt Abterode
  • 1837: Justizamt Eschwege I
  • 1867: Amtsgericht Eschwege
  • 1879: Amtsgericht Eschwege

Herrschaft:

Die Grafen von Bilstein haben sowohl Eigengut als auch fuldische Lehen in Niederhone. Der größte Teil ihres Besitzes geht Anfang des 14. Jahrhunderts an die Landgrafen über, die hieraus Übertragungen an das Kloster Germerode und Verlehnungen an Burgmannne tätigen.

Um 1376 sind im ältesten Lehnbuch landgräfliche Lehen der Dieden, von Boyneburg, von Nazza, von Hone und der Eschweger Bürgerfamilien Haupt, Jude und Francke sowie der Familie Zinngrebe überliefert. Seit dem 15. Jahrhundert hat der Landgraf das Gerichtsgebot und -verbot sowie den Dienst.

Die Dieden haben 1480 und noch 1555 einen Hof als Lehen von Fulda, 1585 verfügen sie über 2 Hausgesesse.

Die von Baumbach haben spätestens seit 1523 Lehen der Hersfelder Propstei St. Petersberg. 1787 hat die Rheinfelser Landgrafschaft die Hoheit, daneben werden Güter der von Dieden, Baumbach, Eschwege zu Reichensachsen, Stückrath, Wagester, Geiso, Meysenbug und Dörnberg genannt.

Gemeindeentwicklung:

1928 erfolgt die Eingemeindung des aufgelösten Gutsbezirks Niederhone.

Die ehemals selbständige Gemeinde Niederhone wurde bereits am 1.4.1936 in die Stadt Eschwege eingegliedert, ist aber heute ein eigener Stadtteil.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Im 9. Jahrhundert ist Besitz des Klosters Fulda durch Schenkungen nachgewiesen. U.a. hat ein gewisser Hadamar dem Kloster 44 Joch Land übertragen.
  • 1075 erhält Abt Hartwig von Hersfeld von Irmingard, der Witwe des Freien Sigibodo, deren Wittumsgut in Niederhoneg gegen eine Abfindung von 15 Pfund Silber und lebenslängliche Überlassung von 12 Hörigen. 1093 bestätigt der Mainzer Erzbischof dem Kloster Bursfeld u.a. den Besitz von drei Mansen und einer Mühle in Niederhone.
  • 1153 urkundet Abt Heinrich von Hersfeld über ein Gut zu Hone, das zwischen Hersfeld und dem Kloster Northeim strittig ist.
  • Um 1160 verkauft Abt Willibold von Hersfeld in Hone gelegene Güter des Klosters Petersberg und erwirbt im Gegenzug für das Kloster günstig gelegenere Güter in Rückerode
  • 1141 erhält das Blasiusstift in Northeim von Graf Siegfried IV. von Northeim-Boyneburg u.a. 11 1/2 Hufen, eine Mühle und den Salhof mit weiteren Hufen in Niederhone. 1170 vertauscht das Blasiusstift seinen Hof gegen einen anderen, günstiger gelegenen Besitz an Heinrich den Löwen.
  • 1195: Kloster Germerode erhält Besitz zu Hone bestätigt. In der Folge kommt weiterer Besitz hinzu, so 1272 eine Hufe durch Hermann Trott und 1280/84 von den Grafen von Bilstein aus fuldischen Lehen 6 Hufen und 4 Äcker, ferner von denen von Boyneburg (1335) und von Keudell (1336) sowie von den Landgrafen (1344 und 1347). 1356 und später gehören zum Vorwerk des Klosters 16 Hufen. Das Germeröder Propsteigut erstreckte sich über die Ober- und Niederhoner Flur. Mit der Reformation fällt der Besitz an die Landgrafschaft.
  • Im Zinsregister von St. Augustinus in Eschwege 1388 und 1394 werden Pachteinnahmen aus Gütern geführt.

Zehntverhältnisse:

Im 9. Jahrhundert durfte die Abtei Fulda den Zehnten erheben. 1315 beansprucht der Pfarrer der Martinkirche den Zehnten auch von den Gütern des Klosters Germerode. 1528 erstreckt sich der Zehnte der Pfarrei nicht nur auf die Güter der Gemarkungen Nieder- und Oberhone, sondern auch auf die von Eltamnnshausen und Eschwege.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Pfarrer (1289) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 15, Nr. 21]
  • Im Mittelalter existieren in Niederhone offenbar zwei Kirchen, eine 1655 erwähnte Nicolaikirche als Vorgängerin der 1508 erbauten heutigen Pfarrkirche im Ortskern und eine zweite, die etwa 250 m sö. oberhalb davon auf einem früher hinter dem Dorf liegenden, heute bebauten Geländerücken am sog. Hauck, vermutlich die Martinskirche. Dort im 18. Jh. noch Mauerreste einer Kapelle (1719: Lukaskapelle).
  • Heutige Pfarrkirche: Turm von 1508 mit Barockhaube von 1751, Saalkirche St. Nicolai 1896 anstelle des Vorgängerbaus der spätgotischen Kirche
  • Katholische Pfarrkirche (St. Martin, Sechsackerweg 9) 1962 geweiht, 2008 profaniert

Patrozinien:

  • Martin (1315)
  • Maria (1527)
  • Nikolaus (1655)

Pfarrzugehörigkeit:

1585 ist Oberhone Filialort, so auch 1787, 1872 und 1994

Patronat:

1585 uns 1787 hat der Landgraf das Patronat inne

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Brand Diede 1.5.1517-1540, unbekannt, seit wann evangelisch

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Archidiakonat Heiligenstadt, Sitz des Erzpriesters

Klasse Eschwege

Kultur

Schulen:

Schulmeister: Wolf Melander ca. 1600;

1787 Schulhaus vorhanden, 1910 Volksschule mit drei Klassen

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Als älteste Kirche seit vorgeschichtlicher Zeit Mittelpunkt des Eschweger Beckens, bis Eschwege diese Funktion übernimmt. Zum pagus Hunethar marca werden 1141 gezählt: Biscofeshusun, iterum Biscofeshusun, Hassbach et iterum Hassbach, Sigelbach, Kirgberg, Were, Bogendal, Widehi, Dassbach, Cella, Naren und Sunnebrunne

Wirtschaft:

Zuckerfabrik 1836 auf ehemaligem Domänenbesitz gegründet, 1916 stillgelegt.

Nach dem 1. Weltkrieg wird hier eine Maschinen- und Waggonfabrik angelegt.

Flugplatz- und Kasernenbau an der Niederhoner Straße nach 1936 kam jedoch nach dem Ende des Krieges zum Erliegen.

Mühlen:

Spätere Kunstmühle an einem Betriebsgraben am Südwestausgang von Niederhone (Jestädter Str. 9) 1141 im Besitz des Blasiusstifts erwähnt, bald darauf im Besitz von Kloster Hersfeld und später von Kloster Germerode. Seit der Reformation landgräflich. 1787 hat die mit dem Wasser der Wehre angetriebene Mühle zwei Mahlgänge mit zwei unterschlächtigen Wasserrädern. Seit 1884 mit Turbinenbetrieb, bis 1952 auch als Elektrizitätswerk für die umliegenden Ort genutzt, später nur Eigennutzung. Mühlenbetrieb 1960 eingestellt.

Windmühle auf dem Hoy (Hauck) 1812 von Gutsverwalter Christian Gottfried Vaupel errichtet, 1876 durch Sturm zerstört.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Niederhone, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/6545> (Stand: 29.11.2023)