Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Twiste

Ortsteil · 247 m über NN
Gemeinde Twistetal, Landkreis Waldeck-Frankenberg 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

9,5 km nordöstlich von Korbach

Lage und Verkehrslage:

Durch den gleichnamigen Fluss Twiste zweigeteiltes Dorf mit einfachem regellosem Grundriss. Kirche am Hang nördlich des Dorfes. Jüngere Siedlungsentwicklung vor allem im Südwesten rechts der Twiste. Durch den älteren nördlichen Ortsteil führt die B 252 (Arolsen-Korbach).

Bahnhof der Eisenbahnlinie Warburg – Korbach ("Twistetalbahn") (Inbetriebnahme der Strecke 15.8.1893).

Ersterwähnung:

(820-876)

Siedlungsentwicklung:

Der ältere Ortsteil von Twiste befindet sich nördlich des Flusses und entstand in Anschluss an die Kirche und Burg. 1537 unterscheiden die Quellen bereits Alt- und Neu-Twiste. Letzteres, auch Höfte, Hüfte oder Niggen-Twiste bezeichnet, entstand um diese Zeit nahe des adeligen Hofes neben sieben neuerbauten dienstpflichtigen Höfen durch den damaligen Landdrosten und waldeckischen Bergrat. Der Domänenhof wird nach 1970 abgerissen und in diesem Bereich entstehen das Rathaus und eine Mehrzweckhalle.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (1232)
  • Dorf (1315)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

Umlegung der Flur:

1875/1882

Älteste Gemarkungskarte:

1851/52

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3497673, 5689087
UTM: 32 U 497600 5687251
WGS84: 51.336543° N, 8.965548° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

635018070

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 1759, davon 937 Acker (= 53.27 %), 127 Wiesen (= 7.22 %), 544 Holzungen (= 30.93 %)
  • 1961 (Hektar): 1760, davon 604 Wald (= 34.32 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1541: 39 Häuser
  • 1620: 87 Häuser
  • 1650: 61 Häuser
  • 1738: 94 Häuser
  • 1770: 145 Häuser, 546 Einwohner
  • 1885: 731, davon 730 evangelisch (= 99.86 %), 0 katholisch, 1 Juden (= 0.14 %)
  • 1895: 777, davon 767 evangelisch (= 98.71 %), 10 katholisch (= 1.29 %)
  • 1961: 1319, davon 1226 evangelisch (= 92.95 %), 63 katholisch (= 4.78 %)

Diagramme:

Twiste: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1410: Grafschaft Waldeck, Amt Landau
  • 1485: Grafschaft Waldeck, Amt Landau
  • 1537: Grafschaft Waldeck, Amt Mengeringhausen
  • 1712: Fürstentum Waldeck, Amt Arolsen
  • 1755/57: Fürstentum Waldeck, Amt Arolsen
  • bis 1814: Fürstentum Waldeck-Pyrmont, Amt Arolsen
  • 1814: Fürstentum Waldeck-Pyrmont, Oberamt der Diemel (Sitz in Arolsen)
  • 1816: Fürstentum Waldeck-Pyrmont, Oberjustizamt der Twiste (Sitz in Arolsen)
  • 1850: Fürstentum Waldeck-Pyrmont, Kreis der Twiste (Sitz bis 1857 in Mengeringhausen, dann in Arolsen)
  • 1919-1929: Freistaat Waldeck, Kreis der Twiste
  • 1929: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Kreis der Twiste
  • 1942: Deutsches Reich, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Waldeck
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Waldeck
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg

Altkreis:

Waldeck

Gericht:

  • 1477: Freistuhl Twiste (Corveyer Lehen der Grafen von Waldeck)
  • 1512: Freistuhl Landau
  • 1537: Freigericht Mengeringhausen
  • 1816: Oberjustizamt der Twiste (Sitz in Arolsen)
  • 1850: Kreisgericht Arolsen
  • 1868/69: Amtsgericht Arolsen

Herrschaft:

Die Ortsherrschaft ist anfangs in den Händen der Abtei Corvey und gelangt erst im 15. Jahrhundert in die Hände der Grafen von Waldeck (vgl. auch Besitz). Dabei ist von zentraler Bedeutung, in wessen Händen sich die Burg Twiste befindet.

Die Gebrüder Spiegel, Hermann, Heinrich, Johann und Hermann von Osterhausen geben den Grafen von Waldeck 1270 ihre Güter in Twiste, Osterhausen und Helsen zum Pfand, jedoch entgleitet der Besitz in der Folge wieder. 1335 verkauft Bode von Horhusen mit Einwilligung seiner Frau Walburg, seiner Söhne Gottschalk und Tyriken, auch der Frau seines Bruders Ludolf, Gude, und deren Sohn Henniken dem Grafen Heinrich von Waldeck das Gericht zu Twiste, die Vogtei, Scheppelgülte, Kotstätte mit allen Nutzungen, wobei der Amtshof ausgenommen bleibt, den Bodo von Horhusen als Corvyer Lehen innehat. 1450 erwirbt der Landgraf von Hessen diesen Amtshof von Corvey und überträgt ihn 1455 den Grafen von Waldeck.

1477 schließlich belehnt Abt Hermann von Corvey den Grafen Otto von Waldeck mit dem Freistuhl auf dem Amtshof zu Twiste (HStAM Bestand Urk. 85 Nr. 543.

1525 belehnt Philipp der ältere, Graf von Waldeck, seinen Landdorsten Friedrich von Twiste mit der Burg zu Twiste nebst allem Zubehör, den Gütern daselbst und zu Rockelshausen, auf der Uchte, dem Huppengut und den Ländereien auf der Heidebreite (HStAM Bestand Urk. 85 Nr. 7387). Dieser Lehnsbesitz und das adlige Gut werden in den folgenden Jahren weiter ausgebaut, so dass Neuen Twiste entsteht (vgl. Siedlungsentwicklung). Beim Aussterben der Herren von Twiste 1717 wird das adlige Gut an den Grafen Twiste übertragen und wird als Meierei bzw. Domäne zur Pacht ausgetan.

Gemeindeentwicklung:

Seit dem 31.12.1971 ist Twiste Ortsteil und zugleich Gemeindesitz der neu gebildeten Gemeinde Twistetal.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Im 9. Jahrhundert erhält Kloster Corvey Besitz in Twiste. Nach der Corveyer Heberolle wurden zum Anfang des 11. Jahrhunderts aus der Villikation Twiste 20 Mansen an zinspflichtige Bauern ausgetan (Kaminsky, Reichsabtei Corvey, S. 36). 1058 übergibt der Paderborner Bischof Imadus dem Kloster Abdinghof u.a. ein Gut in Twiste. Zur Zeit des Abtes Erkenbert (1107-1128) ist Besitz der Abtei Corvey in Twiste nachgewiesen.
  • 1455 überlässt Landgraf Ludwig den Amtshof in Twiste, den er von Werner Simrich (?) für 1100 fl. gekauft hat den Grafen von Waldeck.
  • 1262 verkaufen Konrad und Giso von Gudenberg an Kloster Volkhardinghausen ihre Güter in Holzhausen mit Zubehör in Twiste für 30 Mark, in der Folge kommen weitere Erwerbungen des Klosters hinzu.
  • 1315 verkauft der Edelherr Heinrich von Schöneberg dem Tile von Twiste u.a. einen Bauhof, Hofgüter in Twiste.
  • Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wird Besitz des Klosters Flechtdorf greifbar, der wiederkäuflich veräußert wird.
  • Umfangreichen Lehns- und Güterbesitz in Twiste hatte das gleichnamige Geschlecht (vgl. Herrschaft)

Zehntverhältnisse:

In einem im 13. Jahrhundert in den Liber vitae der Abtei Corvey eingetragenen Verzeichnis wird Twiste als Zehntbesitz der Abtei aufgeführt. 1495 gaben Probst und Konvent von Marsberg mit dem Pfarrer von Twiste den der Kirche von Twiste gehörenden ganzen Zehnten in und vor Massenhausen dem Grafen Otto von Waldeck und erhielten dafür ein Stück Lehenland.

Ortsadel:

1195-1716

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1234: sacerdos
  • 1251: Kirche
  • 1310: pleban
  • Dreischiffige Gewölbebasilika mit Querschiff aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts

Patrozinien:

  • Vitus

Pfarrzugehörigkeit:

Seit dem Mittelalter Pfarrstelle ohne Filialort. Nach Aufhebung der Pfarrstelle von Braunsen wird dieses Vikariatsgemeinde von Twiste. 2018 Kirchspiel Twiste-Waroldern, zu dem Twiste, Ober-Waroldern, Nieder-Waroldern und Elleringhausen gehören.

Patronat:

1251 überlassen der Abt und Kapitel von Corvey der Propstei Marsberg die Kollation und das Patronat der Kirche in Twiste. 1390 ist der Abt von Corvey Patron der Pfarrei, von dem später der Knappe Rudolf Wodeneve in Mengeringhausen den Patronat zu Lehen trägt. Ende des 16. Jahrhunderts besitzt ihn Heinrich von Twiste.

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Georg Stuven 1543 bis frühestens 1547

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Bistum Paderborn, Archidiakonat Horhausen (Niedermarsberg)

Juden:

1826: 1 Familie (6 Personen)

Kultur

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mühlen:

Ober- oder Junkermühle im Westen des Ortes, Niedermühle am Nordostrand des Twistenberberges

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Twiste, Landkreis Waldeck-Frankenberg“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/1750> (Stand: 22.3.2024)