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Spangenberg
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 32. Melsungen
Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 33. Lichtenau
Gerichtsstätten
Linde vor Burg Spangenberg

Weitere Informationen

Spangenberg

Stadtteil · 259 m über NN
Gemeinde Spangenberg, Schwalm-Eder-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

8,5 km ostsüdöstlich von Melsungen

Lage und Verkehrslage:

Stadt mit regelmäßigem, fast quadratischem Grundriss im Tal der Pfieffe, einem Nebenarm der Fulda, unterhalb eines steilen Kalksteinkegels. Straßennetz in Gitterform um rechteckigen Marktplatz und Kirche in zentraler Lage. Neustadt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts südwestlich der Altstadt. Katholische Kirche südlich der Neustadt (Jahnstraße). Moderne Siedlungsentwiclung nach Osten und südlich der Pfieffe.

Durch die Stadt führt die Bundesstraße B 487. Weiterer Anschluß an das Straßenverkehrsnetz besteht über die Landesstraßen L3225 und L3227, sowie die Kreisstraße K138.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Eschwege/Niederhone – Schwalmstadt/Treysa ("Kanonenbahn III") (Inbetriebnahme der Strecke 15.5.1879) bis 1986 (Stilllegung der Strecke bis Waldkappel-Bischhausen 1974 und bis Malsfeld 1986).

Ersterwähnung:

1238

Weitere Namen:

  • Liebenbachstadt (2000)

Siedlungsentwicklung:

Bei der Entstehung der Burg Spangenberg war zunächst die Lage an der Fernstraße der Langen Hessen ausschlaggebend, wodurch eine Verbindung mit Treysa und Homberg/Efze bestand. Planmäßige Stadtanlage unter den Herren von Treffurt im 13. Jahrhundert südöstlich der Burg, wobei zunächst nur der obere Teil des Hügels besiedelt wurde. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Elisabeth-Hospitals entstand um 1335 westlich der Altstadt die Neustadt. Befestigung mit Mauern 9 Türmen, 3 Haupt- und 2 Nebentoren, unter Landgraf Moritz Anfang des 17. Jahrhunderts verstärkt. Ehemaliges Karmeliterkloster Mitte des 15. Jahrhunderts.

Schafhof war eine Häusergruppe dicht bei Spangenberg, welche 1465 ein Spangenberger Bürger Jakob von Bischoferode verkaufte (GR Bischoferode). Die Häuser sollen im Gynsgrunde liegen (Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 421-422).

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • civitas (1261)
  • opidanus (1337)
  • oppidum (1338)
  • slos [...] hus und stad (1350)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

Umlegung der Flur:

1869-1871

Älteste Gemarkungskarte:

1703

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3546703, 5664831
UTM: 32 U 546610 5663005
WGS84: 51.116622° N, 9.665927° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

634024110

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 1214, davon 474 Acker (= 39.04 %), 177 Wiesen (= 14.58 %), 386 Holzungen (= 31.80 %)
  • 1961 (Hektar): 3190, davon 2395 Wald (= 75.08 %)

Einwohnerstatistik:

Diagramme:

Spangenberg: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • Um 1400: Landgrafschaft Hessen, Amt Spangenberg (zum Umfang des Amtes Spangenberg s. Mittelpunktfunktion)
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Spangenberg, Stadtgericht
  • 1747: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Spangenberg
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Spangenberg
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Spangenberg
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Spangenberg
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Spangenberg
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Melsungen
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hersfeld
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Melsungen
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Melsungen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Melsungen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Melsungen
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Schwalm-Eder-Kreis

Altkreis:

Melsungen

Gericht:

  • 1822: Justizamt Spangenberg
  • 1867: Amtsgericht Spangenberg
  • 1879: Amtsgericht Spangenberg
  • 1943: Amtsgericht Melsungen (Zweigstelle Spangenberg)
  • 1970: Amtsgericht Melsungen

Herrschaft:

Burg und Stadt Spangenberg wurden auf fuldischem Herrschaftsgebiet errichtet und waren von der Abtei als Lehen an die Grafen von Ziegenhain bzw. Ziegenhain-Reichenbach ausgetan, die wiederum die Familie von Treffurt mit Spangenberg, belehnten. Diese hatten bereits 1235 das Kloster Heydau gegründet und benennen sich erstmals 1238 nach ihrem Sitz in Spangenberg.

1347 resignieren die Grafen Johann [I.] und Gottfried [VII.] zu Ziegenhain dem Abt [Heinrich] zu Fulda ihre lehnbaren Güter in Spangenberg, mit Bitte sie auf Landgraf Heinrich [II.] von Hessen zu übertragen (Ziegenhainer Regesten online Nr. 681).

1350 verkauft Hermann von Treffurt dem Landgrafen Heinrich und dessen Sohn Otto Burg und Stadt Spangenberg mit allem Zubehör. Nach dem Lehenbuch Landgraf Hermanns vom Ende des 14. Jahrhunderts waren Burg- und Mannllehen der in Spangenberg ausgetan (Vogtherr, Ältestes Lehnbuch der Landgrafschaft Hessen, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 37 (1987), S. 27-71 [55, 150, 151, 184]).

1355 lösen die Landgrafen vom Kloster Heydau die Gerichte Neumorschen und Eubach für 60 Mark Silber.

1376 beteiligen sich die Bürger von Spangenberg am Bündnis hessischer Städte gegen das vom Landgrafen geforderte Ungeld.

1438, 1446, 1459 und 1501 werden die Landgrafen formal vom Abt von Fulda mit Spangenberg belehnt.

1261: villicus

Stadt:

1309 verleihen der Ritter Hermann und sein Knappe Herrmann als Herren von Spangenberg den Bürgern das Bürgerrecht nach dem Vorbild der Ordnung der Bürger von Lippstadt.

1317 Stadtsiegel (sigillum [...] universitas oppidanorum in Spangenberg; S OPPIDANORUM IN SPANGENBERG) [Urkunden und Regesten Kloster Cornberg, S. 39, Nr. 60]

1321 Bürgermeister, Ratsleute bzw. Schöffen zu Spangenberg [Klosterarchive 6: Kloster Haina, Bd. 2,1, S. 134, Nr. 340]

1335: Bürgemeister, Schöffen und Siegel der Stadt Neustadt [HStAM Bestand Urk. 49 Nr. 3749]

1343 proconsules [HStAM Bestand Urk. 87 Nr. 2034]

1508: Neuordnung der Verwaltung; gleichberechtigte Beteiligung der Gemeinde an der Besetzung der städtischen Ämter (Kämmerer, Zäpfer) [HStAM Bestand Urk. 48 Nr. 281]

Gemeindeentwicklung:

Am 1.2.1971 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingliederung der Gemeinden Bergheim, Metzebach, Schnellrode und Vockerode-Dinkelberg in die Stadt Spangenberg zur damit neu gebildeten Stadtgmeinde Spangenberg. Zu deren weiterer Entwicklung s. Spangenberg, Stadtgemeinde. Sitz der Stadtverwaltung ist Spangenberg.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1307 bekundet Hermann von Felsberg, dass er alle seine Rechte, an den Gütern in Spangenberg, die Rupert von Bergheim dem Kloster Heydau verkauft hatte, dem Kloster übergeben hat. Bei der Auflösung des Konvents 1526/27 verfügte das Kloster über zahlreiche Einkünfte in der Umgegend von Spangenberg.

Ortsadel:

1238-1370 nannte sich eine Nebenlinie der von Treffurt von Spangenberg.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • plebanus (1261)
  • in parrochiali ecclesia (1376)
  • Evangelische Stadtpfarrkirche: niedrig gewölbte dreischiffige gotische Hallenkirche und eingestelltem Westturm
  • Katholische Kirche St. Elisabeth 1962 erbaut

Patrozinien:

  • Johannes Baptista (der Täufer) [1490]

Pfarrzugehörigkeit:

1569 und 1585 gehören Elbersdorf und Kaltenberg zur Pfarrei, 1585 auch Günsterode und Schnellrode. Zur von zwei Pfarrern betreuten Pfarrei der Klasse Spangenberg gehören 1872 und 1994 als Filialkirchen Elbersdorf und Schnellrode.

Die Klasse Spangenberg umfasst neben Spangenberg selbst die Pfarreien Altmorschen, Binsförth, Hainebach, Mörshausen, Pfiefe, Weidelbach und Wichte.

Patronat:

Patrone waren bis 1350 die Herren von Treffurt, dann, nachweislich seit 1376, die Landgrafen von Hessen.

Klöster:

Beginen:

Am Sandberg exisitiert im 16. Jahrhundert eine Heiligkreuz-Klause.

Diakonische Einrichtung:

1926 Diakoniestation mit einem Diakon für die männliche Jugendpflege und eine Schwester, auch für Kleinkinderschule Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 307; 1934 - 1938 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Jost Droder ca. 1526 bis ca. 1546 (1559?)

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Mainzer Kirchenprovinz, Archipresbyterat Fritzlar, Erzpriestersprengel Gensungen

Juden:

Provinzial-Rabbinat Kassel

1724: 6 jüdische Familien; 1766: 18; 1835: 88; 1861: 133; um 1900: 95; 1905-1910: 107; 1925: 88; 1932/33: 94 Juden. Viele Juden verließen in den frühen 1930er Jahren den Ort Richtung USA bzw. Palästina, Schweiz und Südamerika. Viele meldeten sich auch Richtung Kassel ab.

Im 17. und 18. Jahrhundert fanden Judenlandtage im Ort statt. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Blütezeit der Gemeinde.

Die Synagoge befand sich in der Untergasse Nr. 231. Das Baujahr ist nicht bekannt, aber sie wurde bereits um 1850 genutzt. Hier auch die Schule mit Lehrerwohnung.

Die israelitische Elementarschule bestand bis Neujahr 1925; geschlossen wurde sie aufgrund geringer Schülerzahlen.

Berufe: Kaufleute, Handwerker

Gemeinde nutzte den Sammelfriedhof in Binsförth; 1867 eigener Friedhof zusammen mit Elbersdorf. Er liegt unterhalb des Schloßbergs zwischen den Straßen Zum Schloß und Schöffhöfen. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

Schulmeister: Wilhelm Ritter alias Lebemann ca. 1535-1539, Legat für kirchlichen Unterricht durch den Küster bis 1560; Fortbestand der städtischen Schule mit studierten Lehrern; 1835 vier Schulen, davon eine Volksschule mit Mittelschulzug; 1910 Volksschule mit vier Klassen

1907 staatliche Forstlehrschule auf dem Schloss

Hospitäler:

1338 wird das Hospital St. Elisabeth und St. Nikolaus mit Zustimmung des Pfarrers der Stadtkirche von den Herren von Treffurt gestiftet und soll zwölf Hospitaliten beherbergen (Bettina Toson, Mittelalterliche Hospitäler in Hessen, S. 102-113)

Schlichte Kirche um 1350, Erweiterungsbau aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts; für 1900 wird das Hospital erwähnt (Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904)

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Stadtbrand 1637

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Zur Herrschaft Spangenberg gehörten die Gerichte Morschen, Mörshausen und Schemmern. Mit der Übernahme der Stadtherrschaft durch die Landgrafen von Hessen Mitte des 14. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert wurde Spangenberg zu einem häufig aufgesuchten Aufenthalts- und Residenzort. Es war Wohnort Landgraf Wilhelms I. (1493-1515) nach seinem Rücktritt. Von 1540-1565 war es Sitz der Margarthe von der Saale, der zweiten Gemahlin Philipps des Großmütigen.

Zum Amt Spangenberg wurden um 1540 und 1585 neben dem Stadtgericht die Gerichte Mörshausen, Landa, Schemmermark und Fulda sowie einige adlige Niedergerichte gerechnet.

Wirtschaft:

Handwerker- und Ackerbürgerstadt. Leinenherstellung und -handel sind im 18. Jahrhundert Haupterwerbsquellen, hinzu kommt bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein erfolgreiches Schuhgewerbe. 1907 existierten 2 Zigarren- und Peitschenfabriken

Mühlen:

Mühlen im Bereich der Stadtgemarkung alle an einem Betriebsgraben der Pfieffe gelegen:

Obermühle (Bahnhofstraße 3): Bis 1948 ein oberschlächtiges Wasserrad, dann zwei Turbinen. Betrieb vor 1977 eingestellt

Mittelmühle, später Korkenfabrik (Bahnhofstraße 1): Bis 1944 ein oberschlächtiges Wasserrad, dann Turbine. Betrieb 1950 eingestellt

Unter- oder Lochmühle (gleichnamige Straße): Bis 1946 ein oberschlächtiges Wasserrad, dann Turbine. Betrieb 1960 eingestellt

Teichmühle (Jahnstraße 3): Antrieb bis 1907 durch ein oder mehrere Wasserräder, danach Turbinenbetrieb. Seit 1945 Betrieb eingestellt

Markt:

1524 erteilt Landgraf Philipp zu Hessen der Stadt Spangenberg das Privileg, den Markt, welcher bisher auf den Sonntag Letare bei dem Kloster zur Heydau gehalten wurde, fortan als Jahrmarkt jährlich auf Mittfasten zu Spangenberg gehalten werde (HStAM Bestand Urk. 86 Nr. 936).

1712: 4 Jahrmärkte

1724: 5 Jahrmärkte

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Spangenberg, Schwalm-Eder-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/4975> (Stand: 31.1.2024)