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KDR 100, TK25 1900 ff.
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Melsungen
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 32. Melsungen

Weitere Informationen

Melsungen

Stadtteil · 179 m über NN
Gemeinde Melsungen, Schwalm-Eder-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

21 km südsüdöstlich von Kassel

Lage und Verkehrslage:

Stadt in Talaue mit regelmäßigen Grundrissmerkmalen am mittleren linken Fuldaufer unterhalb der rechts einmündenden Pfieffe mit einer über Brücke verbundenen Vorstadt am rechten Fuldaufer. Mittelalterlicher Altstadtkern in Trapezform mit planmäßig blockweise angelegtem rechtwinkligem Straßennetz. Pfarrkirche und rechteckiger Marktplatz in zentraler Lage am Kreuzungspunkt der beiden Hauptstraßen. Am Nordwestrand ehemaliges Schloss bzw. Burg (heute Amtsgericht und Finanzamt). Stadtbefestigung teilweise erhalten. Moderne Siedlungsentwicklung um die Altstadt und auf der gegenüberliegenden Seite der Fulda.

Chaussee nach Dörnhagen und Altmorschen (über Schwerzelfurt). Durch die Stadt verläuft in Nord-Süd-Richtung die Bundesstraße 83. In westlicher Richtung führt die Bundestraße 253 und nach Osten die Bundesstraße 487. Weitere Anbindung an des Straßenverkehrsnetz besteht über die Landesstraßen L3147, L3222 und L3224, sowie die Kreisstraßen K29 und K142.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Bebra – Kassel (Inbetriebnahme der Strecke 29.8.1848).

Ersterwähnung:

800-850

Siedlungsentwicklung:

Für die frühe Entwicklung beider Melsungens ist seine Lage am Übergang der sogenannten Sälzerstraße (Sooden-Allendorf an der Werra in die Gegend Fritzlar-Gudensberg) über die Fulda von Bedeutung. Im Spätmittelalter ist der Melsunger Raum dann auch an die Nürnberger Straße sowie die Langen Hessen angeschlossen.

Mitte des 12. Jahrhunderts bestehen mindestens zwei Siedlungen dieses Namens von unterschiedlicher Größe.

Das unter Landgräfin Anna verfallene Schloss wurde durch einen Schlossneubau (1550-1557) ersetzt.

Vorbemerkung Historische Namensformen:

Der Beleg von 775-786 wird in der Forschung auch auf Nieder-/bzw. Oberelsungen bezogen. Bei den frühen Belegen bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob sie auf Melsungen oder auf Obermelsungen zu beziehen sind; vgl. Dieter Wolf, Melsungen, Bd. 1, S. 36-37.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

Älteste Gemarkungskarte:

1685

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3538500, 5666075
UTM: 32 U 538411 5664248
WGS84: 51.128412° N, 9.548916° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

634014050

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 1642, davon 711 Acker (= 43.30 %), 155 Wiesen (= 9.44 %), 575 Holzungen (= 35.02 %)
  • 1961 (Hektar): 1644, davon 561 Wald (= 34.12 %)

Einwohnerstatistik:

Diagramme:

Melsungen: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 800-850: Gau Melsungen (in pago Milisunge)
  • 973: Hessengau (in pago Hassim)
  • 1445: Landgrafschaft Hessen, Amt Melsungen (zum Umfang des Amtes s. Mittelpunkt)
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Melsungen
  • 1747: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Oberamt Melsungen
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Melsungen
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Melsungen
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Milsungen
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Melsungen
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Melsungen
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hersfeld
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Melsungen
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Melsungen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Melsungen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Melsungen
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Schwalm-Eder-Kreis

Altkreis:

Melsungen

Gericht:

  • 1821: Justizamt Melsungen
  • 1867: Amtsgericht Melsungen
  • 1879: Amtsgericht Melsungen

Herrschaft:

Zwischen 1183-1190 kauft Erzbischof Konrad von Mainz den burgus Melsungen mit seinem Zubehör von Pfalzgraf Hermann von Thüringen für 350 Mark. Im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem Landgrafen von Thüringen um 1194 wird Melsungen durch landgräfliche Truppen zerstört und von den Landgrafen in der Folge, möglicherweise als mainzisches Lehen, wieder in Besitz genommen. 1263 ist die Rechtsqualität von Melsungen bei der Lehnsübertragung durch den Mainzer Erzbischof an Sophie von Brabant und ihren Sohn Heinrich von Hessen nicht gesichert (quod creditur esse feudum). Erzbischof Mathias fordert 1325 nach dem Tod Johanns, des Bruders des Landgrafen Otto von Hessen, Burg und Stadt Melsungen als heimgefallenes Lehen zurück, kann sich jedoch diese Forderung nicht durchsetzen. Die landgräfliche Stadtherrrschaft wird in der Folge aus Mainzer Sicht nicht mehr ernsthaft infrage gestellt, Melsungen wird jedoch auch Gegenstand landgräflicher Verpfändungspolitik, so etwa 1359 an Hermann von Treffurt. 1378 beteiligen sich die Bürger an der Einung der niederhessischen Städte gegen die Landgrafen, 1387 wird die Stadt von den Gegnern der landgräflichen Partei (Erzbischof von Mainz, Markgraf von Meißen und Herzog von Braunschweig) erobert, gelangt aber 1394 wieder an die Landgrafen.

Amtsträger:

villicus (1235) [HStAM Bestand Urk. 28 Nr. 1]

Stadt Melsungen

1262 burgenses, 1267 sculteti, scabini ac universitas civium in Hohenberg et in Milsungen (HStAM Bestand Urk. 57 Nr. 8), castrenses, consules et universi burgenses (HStAM Bestand Urk. 28 Nr. 41) oder castrenses, consules et burgenses universorum (HStAM Bestand Urk. 18 Nr. 115) genannt [Wolf, Melsungen, Bd. 1, S. 187-195]

Stadtsiegel (sigillum civitas nostri; SIGILL BVRGENSIVM IN MILSVNG) 1267

Gemeindeentwicklung:

Am 1.2.1971 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingliederung der Gemeinden Adelshausen, Günsterode, Kehrenbach und Kirchhof in die Stadt Melsungen, die dadurch zur größeren Stadtgemeinde wurde. Zu deren weiterer Entwicklung s. Melsungen, Stadtgemeinde. Sitz der Stadtverwaltung ist Melsungen.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • In der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts schenkte Graf Dietrich dem Kloster Fulda u.a. Güter in Melsungen, weitere Schenkungen in der Region durch einen gewissen Megenher kommen hinzu.
  • Den Grundstock für die Besitzungen des Klosters Hersfeld in Melsungen könnten gleichfalls in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts belegte Güterschenkungen gebildet.
  • 1151 verfügt die edelfreie Familie von Metze über Grundbesitz in Melsungen, der über das Kloster Hasungen tauschweise an Heinrich von Uttershausen gelangt.
  • Dem Kloster Cappel werden 1197 von Papst Coelistin III. Einnahmen in Höhe von 8 Schilling in Melsungen bestätigt.

Ortsadel:

Adlige 1106 und 1321

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1221: plebanus
  • 1269: coram ecclesia Mylsungen (HStAM Bestand Urk. 20 Nr. 13; Druck bei: Wolf, Melsungen, Bd. 2, S. 718, Nr. 2.2)
  • 1415-25 erbaute spätgotische dreischiffige Hallenkirche mit mittelschiffbreitem Chor und spätromanischem Turm. 1981/82 revoviert
  • Christuskirche der Selbständigen Ev. Luth. Kirche
  • Hospital und Kapelle St. Georg (südlich der Altstadt, Hospitalstr. 18)

Patrozinien:

  • Maria [1463]

Pfarrzugehörigkeit:

Nach der um 1057 auf Karl den Großen gefälschten Beschreibung des Sprengls der hersfeldischen Pfarrkirche Grebenau gehörte das Gebiet von Melsungen und Obermelsungen (ohne deren konkrete Nennung) zur Pfarrei Grebenau. Die Quelle spiegelt die Verhältnisse des 11. Jahrhunderts [(786) (Fälschung um 1057 [Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld 1,1, S. 33-34, Nr. 19 = MGH Diplomata Karolinger 1, Pippin: Dopsch, S. 338-339, Nr. 241] wider.

1569 gehören Kirchhof und Schwarzenberg, 1585 auch Röhrenfurth zur Pfarrei. 1871 gehören zur protestantischen Pfarrei der Klasse Melsungen Melsungen, Breitenau, Dagobertshausen, Grebenau, Malsfeld, Wollrode und das Vikariat Obermelsungen.

Die protestantische Pfarrei der Klasse Melsungen hatte 2 Prediger, wobei der erste den Kirchhof und das Vikariat Obermelsungen betreute und der zweite das Vikariat Schwarzenberg und das Filial Röhrenfurth. 1956 wird das bis dahin zu Eiterhagen gehörende Kehrenbach eingegliedert, 1980 die Pfarrstelle Röhrenfurth errichtet, zu deren Kirchspiel die Vikariatsgemeinde Schwarzenberg gehört. 1994 gehören zum Kirchspiel Melsungen als Filialen Kehrenbach, Kirchhof und Obermelsungen.

Patronat:

Das Patronat gehört 1303 (oder 1333?) dem Landgrafen von Hessen (Wolf, Melsungen, Bd. 2, S. 718-719, Nr. 2.3)

Diakonische Einrichtung:

Diakonissenstation im Gemeindehaus, Kleinkinderschule seit 1890; 09.11.1897 Bau eines Städtischen Krankenhauses; Leitung ab 02.01.1914 durch Kasseler Diakonisse; vom Presbyterium eine Schwester angestellt zur Betreuung von Jungfrauen- und Mütterverein, weiter eine Schulschwester vom Vaterländischen Frauenverein im Ort Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904; nach Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 317-318 Strick- und Flickschule, Krankenpflege; nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 302 arbeiten 1926 Diakonissen im Krankenhaus (4), in der Gemeindestation und in der Kleinkinderschuele, bis 1967 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Johannes Lening 1528-3.5.1565

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Mainzer Kirchenprovinz, Archipresbyterat Fritzlar, Erzpriestersprengel Gensungen

Juden:

Provinzial-Rabbinat Kassel, Röhrenfurth angeschlossen.

1680: 10; 1730: 22; 1786: 11; 1835: 98; 1858: 121; 1861: 133; 1880: 188; 1895: 105; 1905: 112; 1925: 89; 1932/33: 76; 1939: 26 Juden

seit dem 18 Jahrhundert lebten stetes einige jüdische Familien im Ort. In dieser Zeit auch einige Judenlandtage im Ort gehalten.

1825 wird die Vereinigung Röhrenfurths mit Melsungen beantragt; Melsungen lehnt wg. Paltzmangelsin ihrer Synagoge ab. Anschluss erfolgt erst 1895, besonders aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Melsunger Gemeinde nun möglich.

Berufe: Schwerpunkt im Handwerk

Die 1841 errichtete Synagoge befindet sich in der Rotenburger Straße 72. Zweigeschossiger giebelständig verputzter Fachwerkbau

1854 Gründung einer jüdischen Elementarschule im Ort; vermutlich in den 1920er Jahren aufgelöst.

Gemeinde nutzte bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts den Sammelfriedhof in Binsförth, ehe sie 1860 gemeinsam mit Röhrenfurth einen eigenen Friedhof erhielt. Er befindet sich nahe des Katasteramtes. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

1357 Ersterwähnung eines Schulmeisters; Johann Sutel, Rektor ca. 1526-1530

1826 Städtische Volksschule. 1835 Erweiterung um drei Klassen, 1947 bestehen 21 Klassen

1826 Privatschule der Beamten, 1869 Umwandlung in Knabenschule, 1925 Realschule, dann Städtische Oberschule, 1950 Schulträger Kreis

1835-52 Handwerkerschule; ab 1905 Gewerbliche Berufsschule; ab 1910 städtische kaufmännische Berufsschule, 1937/38 Kreisberufsschule

1826-68 Staatliche Forstlehranstalt; 1880 Landwirtschaftsschule; 1944 Gewerbeschule

Hospitäler:

St. Georg-Hospital vor dem Rotenburger Tor (1378); 1789 Neubau mit 15 Wohnungen für 18 Personen; besteht noch 1926 Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 304

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Stadtbrand 1554

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Um 1357 umfasste das Amt bzw. Gericht Melsungen die Untergerichte Malsfeld, Körle und Guxhagen. 1384 gehört Kehrenbach zum Gericht.

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Amt um die Dörfer Dagobertshausen und Ostheim, die vom Amt Homberg abgetreten wurden, erweitert.

1585 umfasste das Gericht neben Melsungen die Dörfer Adelshausen, Albshausen, Dagobertshausen, Empfershausen, Kehrenbach, Kirchhof, Körle, Lobenhausen, Obermelsungen, Ostheim, Schwarzenberg, Wagenfurth und Wollrode sowie das Gericht Breitenau mit den Ortschaften Ellenberg, Guxhagen, Hof Fahre und Büchenwerra nebst den adligen Dörfern Elfershausen, Grebenau, Malsfeld und Röhrenfurth (OSt).

Wirtschaft:

Bis ins 19. Jahrhundert bildete die Landwirtschaft die Grundlage. Daneben Tuchproduktion (1661) und Seifensiederei.

Die Firma B. Braun Am 23. Juni 1839 wird die Rosen-Apotheke für 14.000 Taler von Julius Wilhelm Braun in der Brückenhofstraße in Melsungen erworben. Aus dieser geht die Firma B. Braun Melsungen AG, ein deutsches Pharma- und Medizinbedarfs-Unternehmen, hervor.

Mühlen:

1575 werden im Salbuch der Renterei Melsungen genannt: Möhle obig der Brucken uff der Fulda, Bachmühle, Ölmühle uff dem Köhrnbach, Walkmühle und Schneidemühle (Wolf, Melsungen, Bd. 2, S. 731-732, Nr. 2.17)

Markt:

1438 existieren 2 Märkte: Sonntag Cantate und Mariä Geburt (8. September). Letzterer möglicherweise noch im 15. Jh. auf den Michaelistag (29. September) verlegt.

1528 gewährte Landgraf Philipp der Stadt einen freien Jahrmarkt auf dem Sonntag Reminiscere und den folgenden Tagen.

1566: Sonntag nach Nicolai (6. Dezember)

1708 werden 5 Märkte genannt: Reminiscere, Cantate, Ulrici, Michaelis, Nikolaus.

Münze:

In Melsungen befand sich eine landgräfliche Münzstätte (Historisches Ortslexikon Kurhessen S. 326), aber Münzpfunde machen das Vorhandensein einer Münzstätte schon in staufischer Zeit sehr wahrscheinlich (Wolf, Melsungen Bd. 1, S. 274).

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Melsungen, Schwalm-Eder-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/4944> (Stand: 10.12.2022)