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KDR 100, TK25 1900 ff.
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 15. Wilhelmshöhe

Weitere Informationen

Niedervellmar

Stadtteil · 178 m über NN
Gemeinde Vellmar, Landkreis Kassel 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

4,5 km nordnordwestlich von Kassel

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit einfachen regelhaften Grundrissmerkmalen am Nordrand des Kasseler Beckens südlich der Ahne. Der Kern der Siedlung ohne ältere Kirche lag im Bereich der Straße Auf dem Gaden, spätere Entwickung entlang der Ihringshäuser der Kasseler und der Frommershäuser Straße. Moderne Siedlungsentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem durch Zuwanderung in Richtung der anderen späteren Orts- bzw. Stadtteile von Vellmar, mit denen Niedervellmar zusammengewachsen ist.

Im Südwesten der Gemarkung verläuft die heutige Bundesstraße 7, durch den Ort führt die Landesstraße 3386 nach Süden.

Der Ort hat einen Haltepunkt der Bahnlinie Hann. Münden – Kassel ("Hannöversche Südbahn") (Inbetriebnahme der Strecke 23.9.1856).

Ersterwähnung:

(775-786)

Siedlungsentwicklung:

Vor- und frühgeschichtliche Bodenfunde aus der Region des oberen Ahnatals am Nordrand des Kasseler Beckens reichen von der Jungsteinzeit bis in die Merowingerzeit. Spätestens im 9. Jahrhundert lassen sich die Abteien Fulda und Herfeld mit Güterbesitz in Vellmar nachweisen. Um 1107 werden erstmals zwei Vellmare (in Vilmare, item Vilmare) erwähnt.

Vorbemerkung Historische Namensformen:

Bei den frühen Belegen ohne Zusatz muss offen bleiben, ob auf sie auf Nieder- oder Obervellmar zu beziehen sind.

Historische Namensformen:

Umlegung der Flur:

1912

Älteste Gemarkungskarte:

1693

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3533386, 5691181
UTM: 32 U 533299 5689344
WGS84: 51.354391° N, 9.478201° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

633026020

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 460, davon 342 Acker (= 74.35 %), 46 Wiesen (= 10.00 %), 0 Holzungen
  • 1961 (Hektar): 483, davon 0 Wald

Einwohnerstatistik:

Diagramme:

Niedervellmar: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 9. Jh.: Hessengau (in pago Hassorum)
  • um 1000: Hessengau (in pago Hessim)
  • 1061: Provinz Hessen, Grafschaft des Werner, die Maden genannt wird (in provincia Hassia in comitatu Werinheri qui dicitur Madena)
  • 1107: Grafschaft des Grafen Werner (in comitatu Werneri comitis)
  • 1458/59: Landgrafschaft Hessen, Amt Kassel
  • 1483: Landgrafschaft Hessen, Gericht, später Amt Ahna
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Ahna
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Ahna
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Ober-Vellmar
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Ahna
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
  • 1967: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel

Altkreis:

Kassel

Gericht:

  • 1585: Gericht auf der Ahn, dritter Schöffenstuhl (Nieder- und Obervellmar)
  • 1822: Amt Wilhelmshöhe
  • 1822: Landgericht Kassel
  • 1850: Justizamt Kassel III
  • 1867: Amtsgericht Kassel II
  • 1879: Amtsgericht Kassel

Herrschaft:

1061 tätigen der Edle Erenfrid und seine Ehefrau Rucela einen Gütertausch mit dem Kloster Fulda und begeben sich damit in dessen Lehnsherrschaft. Sie übertragen dem Abt Widerad von Fulda verschiedene Güter in Provinz Hessen in der Grafschaft Werners, die Maden genannt wird, u.a. in Vellmar, und erhalten sie zu Lehen zurück. Außerdem erhalten sie den Hof Morschen als Lehen.

1352 hat Landgraf Heinrich II. eine Hufe in Niedervellmar, gen. die Forsthube, und zwei Äcker daselbst gen. die grůbeacker an Heinrich Giselonis für 30 Pfd. hessischer Pfennige weniger 10 Schiling und 1 Heller verpfändet. 1386 verschreibt der Landgraf Geld aus der Bede von Niedervellmar und Ihringshausen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Ortsherrschaft unstrittig in den Händen der Landgrafen.

Gemeindeentwicklung:

Am 1.7.1967 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform der Zusammenschluss von Frommershausen und Niedervellmar zur neu gebildeten Gemeinde Vellmar, deren Orts- bzw. seit dem 09.07.1975 Stadtteil Niedervellmar wurde. Zudem wurde Niedervellmar Gemeindesitz , wenngleich sich das heutige Rathaus auf dem Gebiet der Altgemarkung Obervellmar befindet.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Bei den Angaben zu den ältesten Besitzverhältnissen muss offen bleiben, ob auf sie auf Nieder- oder auf Obervellmar zu beziehen sind.
  • Um 775 wird Besitz des Klosters Hersfeld in Vellmar erwähnt.
  • Wohl schon in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts ist auch das Kloster Fulda in Vellmar begütert. 1061 übergeben der Edle Irmfried und seine Gemahlin Rucela der Abtei Fulda ihren Besitz in Hessen und erhalten ihn als Lehen zurück. Hierzu gehörte u.a. Besitz in Vellmar.
  • Um 1081 sind zwei Hufen und eine Mühle in Vellmar im Besitz des Klosters Hasungen belegt.
  • 1107 schenkt der Edelfreie Kunimund seinen Besitz in zwei getrennt genannten Orten mit Namen Vellmar dem Kloster Hersfeld.
  • Im Einkünfteverzeichnis des Klosters Helmarshausen erscheint um 1150 eine Hufe in Vellmar.
  • In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts werden unter den Erwerbungen des Klosters Breitenau Güter in Vellmar genannt. 1253 schenkt Graf Berthold von Felsberg dem Kloster Breitenau zwei Hufen zu Vellmar.
  • 1246 erhält das Kloster Merxhausen Güterbesitz in Vellmar.
  • 1346 bestätigt Erzbischof Heinrich zu Mainz Reinhard, Elger und Bernhard von Dalwigk den Kirchsatz zu Ritte, Ditmold, Niedervellmar und Hoof.
  • 1348 erhält das Kloster Ahnaberg eine Besitzschenkung in Niedervellmar. In der Folge kommen weitere Schenkungen hinzu.
  • 1380 erwirbt das Martinsstift in Kassel Einkünfte in Niedervellmar, zu denen in der Folge weitere hinzukommen.

Zehntverhältnisse:

1240 gelangt der halbe Zehnt in Niedervellmar von Graf von Wallenstein an das Kloster Weißenstein

1284 steht der halbe Zehnte zu Niedervellmar dem Kloster Weißenstein nach vorübergehender Entfremdung wieder zur Verfügung

1507 verkauft Landgraf Wilhelm [II.] seinen Zehnten zu Niedervellmar bei Kassel an Dekan und Kapitel der Martinskirche zu Kassel für 400 fl.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Evangelische Reformierte Kirche (Obervellmarsche Str. 25) 1959 ohne Vorgängerbau errichet
  • Katholische Heilig Geist Kirche (Brüder-Grimm-Str. 9), 1954/55 errichtet, zunächst von St. Josef in Kassel-Rothenditmold abhängig, seit 1963 selbstständig
  • Neuapostolische Kriche (In der Aue 21)

Pfarrzugehörigkeit:

Niedervellmar war ursprünglich keine eigene Pfarrei. 1585 versieht der Geistliche von Obervellmar gemeinsam mit dem aus Simmershausen den Ort Frommershausen, als dessen Filiale Niedervellmar bezeichnet wird. 1747 wird Niedervellmar, dessen Mutterkirche Frommershausen ist, von Simmershausen und Obevellmar aus versorgt. 1761 wird die Verbindung von Obervellmar mit Frommershausen aufgehoben, da Obervellmar Vikariat von Hohenkirchen wird. 1796 erfolgt die Wiedererrichtung der eigenständigen Pfarrei Obervellmar, Frommershausen wird als Vikariat genannt, Niedervellmar und Mönchehof sind eingepfarrt. Diese alte Verbindung endet 1952 mit der Errichtung der Pfarrstelle Niedervellmar-Frommershausen, die 1977 in Evangelische Kirchengemeinde Vellmar-Niedervellmar umbenannt wird. 1994 ist sie eine von fünf evangelischen Kirchengemeinden in der Stadt Vellmar, die den Kirchenbezirk bilden.

Patronat:

1346 bestätigt Erzbischof Heinrich zu Mainz den Herren von Dalwigk den Kirchsatz zu Ritte, Ditmold, Niedervellmar und Hoof (HStAM Bestand Urk. 111 Nr. 1). Das Patronat in Niedervellmar besitzen die von Dalwigk auch in der Folge, so 1585.

Diakonische Einrichtung:

1921 - 1970 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen ab 1526.

Kultur

Schulen:

1910 Volksschule mit zwei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mühlen:

Obermühle (Frommershäuser Str. 13) an der Ahne, mit deren Wasser im 19. Jahrhundert über ein oberschlächtiges Wasserrad ein Walzenstuhl, ein Mahlgang, ein Schrotgang, eine Putzerei und eine Kreissäge betrieben wurden.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Niedervellmar, Landkreis Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2007> (Stand: 3.12.2023)