Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Gottsbüren

Stadtteil · 199 m über NN
Gemeinde Trendelburg, Landkreis Kassel 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

12,5 km nordöstlich von Hofgeismar

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit einfachem Grundriß und lockerer Bebauung am Nordwestrand des Reinhardswaldes entlang des Fuldebaches. Ehemalige Wallfahrtskirche in zentraler Lage. Durch den Ort führt von Südwesten kommend die L 763 nach Gieselwerder, von der in der Ortsmitte eine Verbindungsstraße zur Sababurg abzweigt.

Ersterwähnung:

9. Jahrhundert

Vorbemerkung Historische Namensformen:

Buria (9. Jahrhundert) und Burmi (1013) sind entweder auf Gottsbüren oder auf Hombüren zu beziehen. Die Belege in den Tradtionen von Corvey mit der Namensform Buriun sind hingegen auf Bühren (Gemeinde Bühren, Landkreis Göttingen) bezogen. Vgl. den Artikel Bühren in: Ortsnamen Landkreis Göttingen, S. 79-80

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (9. Jahrhundert)
  • ville (vor 1220)
  • villa (1272)
  • locum (1332)
  • villa (1337)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Umlegung der Flur:

1908

Älteste Gemarkungskarte:

1723

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3534825, 5716131
UTM: 32 U 534737 5714284
WGS84: 51.578551° N, 9.501312° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

633025040

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 869, davon 459 Acker (= 52.82 %), 270 Wiesen (= 31.07 %), 1 Holzungen (= 0.12 %)
  • 1961 (Hektar): 938, davon 10 Wald (= 1.07 %)

Einwohnerstatistik:

Diagramme:

Gottsbüren: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 9. Jahrhundert: Hessengau (in pago Hessi)
  • 1409: Kloster Lippoldsberg, Gericht Gieselwerder (ohne weltiche oder gerichtliche Rechte)
  • 1453/1500: Landgrafschaft Hessen, Amt Trendelburg (danach zum Amt Sababurg)
  • 1538/1551: Landgrafschaft Hessen, Amt Gieselwerder
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Amt Sababurg
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Sababurg
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sababurg
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Karlshafen
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sababurg
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
  • 1972: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel

Altkreis:

Hofgeismar

Gericht:

  • 1332 überlässt Mainz das Dorf selbst, doch ohne weltliche und geistliche Gerichtsbarkeit, widerruflich dem Kloster Lippoldsberg.
  • 1821: Justizamt Sababurg
  • bis 1822: Amt Sababurg
  • 1822: Justizamt Sababurg (Sitz Veckerhagen)
  • 1867: Amtsgericht Veckerhagen
  • 1879: Amtsgericht Karlshafen
  • 1943: Amtsgericht Hofgeismar (Zweigstelle Karlshafen)
  • 1949: Amtsgericht Karlshafen
  • 1968: Amtsgericht Hofgeismar (Zweigstelle Karlshafen)
  • 1969: Amtsgericht Hofgeismar

Herrschaft:

Vor 1220 statten die Brüder von Dassel ihre Schwester und deren Verlobten, Berthold von Schöneberg, mit einem Teil der Grafschaft aus. Gottsbüren wird ausdrücklich ausgenommen.

1272/73 ist der Ort als Lehen Teil der Grafschaft, die Graf Ludolf von Dassel an Mainz verkauft. Die zum Schutz der Wallahrt und Sicherung der mainzischen Positionen im Reinhardswald errichtete Sababurg kann die Durchsetzung Hessens nicht verhindern. 1345/46 erhebt Erzbischof Heinrich von Mainz Klage gegen Landgraf Heinrich II. u.a. wegen zugefügten Schadens in Gottsbüren. Im 15. Jahrhundert geht die Herrschaft an die Landgrafschaft Hessen über.

Gemeindeentwicklung:

Am 31.12.1970 im Zuge der hessischen Gebietsreform mit anderen Gemeinden zur neu gebildeten Stadtgemeinde Trendelburg zusammengeschlossen, deren Stadtteil Gottsbüren wurde.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Gottsbüren gehört zu der Grafschaft, die Graf Ludwig von Dassel 1272 an Mainz verkauft. Mitte des 13. Jahrhunderts verzichten Theoderich und Richard von Schachten u.a. auf 4 1/2 Hufen unrechtmäßig angeeignetes Land in Gottsbüren zugunsten des Klosters Lippoldsberg.1332 überlässt Mainz das Dorf selbst, doch ohne weltliche und geistliche Gerichtsbarkeit, widerruflich dem Kloster Lippoldsberg, wo er auch im Güterregister aus der Mitte des 14. Jahrhunderts nachgewiesen ist. Nach Einsetzen der Wallfahrt vermehrt sich der Klosterbesitz. Nach dem Güterregister von um 1380 besitzt das Kloster 18 Hufen und den Zehnten. Die meisten Güter waren zur Pacht ausgetan.

Zehntverhältnisse:

Um 1089 wird u.a. der Zehnte in Gottsbüren von Graf Dietrich IV. von Katlenburg, der ihn wohl vom Mainzer Erzbischof zu Lehen trug, an diesen zurückgegeben und an das neu gegründete Kloster Lippoldsberg übertragen. Nach dem Güterregister von um 1380 ist der Zehnte noch im Besitz des Klosters

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • plebanus (1243)
  • in ecclesiam parrochialem in G. (1346)
  • Dreischiffige Hallenkirche (ehemals Wallfahrtskirche) des 14./15. Jahrhunderts mit zweijochigem Chor und querrechteckigem Westturm. 1960/61 und 1980/81 renoviert
  • 1429 Kapelle und Klause südwestlich auf der Holtape genannt (Landau, Beschreibung der wüsten Ortschaften. Ausg. 1858, S. 16).

Pfarrzugehörigkeit:

1343-46 wird das Hofgeismarer Kollegiatstift an die Kirche in Gottsbüren verlegt, bis es 1355 nach Grebenstein kommt. 1399 besteht noch die alte Kirche neben der Wallfahrtskirche, die später Sitz der Pfarrei wird.

Seit der Reformation protestantische Pfarrei der Klasse Gottsbüren, wohin 1872 Beberbeck und Sababurg eingepfarrt sind. 1994 ist Beberbeck Filialgemeinde

Patronat:

Ursprünglich übte vermutlich das Kloster Lippoldsberg das Patronatsrecht aus, das 1527 und 1585 in landgräflicher Hand ist.

Klöster:

Beginen:

1429 werden eine Kapelle und eine Klause auf der Holtape erwähnt.

Diakonische Einrichtung:

1946 - 1983 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Sebaldus Helbrecht (Helmbrecht) sen. bis 1542

Kirchliche Mittelbehörden:

a) Zugehörigkeit des Ortes Gottsbüren:

15. Jahrhundert: Mainzer Kirchenprovinz, Archidiakonat St. Marien zu Hofgeismar.

Seit der Reformation ist es eine protestantische Pfarrei der Klasse Gottsbüren (Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 98).

b) Protestantische Klasse Gottsbüren:

1872 umfasste sie die Pfarreien Gottsbüren, Heisebeck, Hombressen, Lippoldsberg, Oedelsheim, Vaake und Vernawahlshausen (Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 98-109).

Kultur

Schulen:

1910 Volksschule mit drei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Seit 1331 Wallfahrtsort, dessen Attraktivität im 15. Jahrhundert nachlässt

Wirtschaft

Wirtschaft:

Neben Landwirtschaft Töpferei

Mühlen:

In Gottsbüren befanden sich vier Mühlen, die mit dem Wasser des Fuldebaches über oberschlächtige Wasserräder betrieben wurden:

Ober- bzw. Säge und Mahlmühle (herrschaftliche Mühle) östlich von Gottsbüren, Betriebseinstellung um 1940

Öl- oder Bruchmühle, Betriebseinstellung um 1960

Mahlmühle am östlichen Rand von Gottsbühren, Betriebseinstellung um 1930

Untermühle am westlichen Rand der Ortschaft, Betriebseinstellung um 1940

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Gottsbüren, Landkreis Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/2063> (Stand: 29.6.2023)