Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Biografie

Hessen-Kassel, Wilhelm VI. Landgraf von [ID = 5824]

* 23.5.1629 Kassel, † 16.7.1663 Haina
Regent
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Wirken

Funktion:

  • Hessen-Kassel, Landgrafschaft, Landgraf, 1637–1663

Lebensorte:

  • Groningen; Lippstadt
Familie

Vater:

Hessen-Kassel, Wilhelm V. Landgraf von, * Kassel 13.2.1602, † Leer (Ostfriesland) 21.9.1637

Mutter:

Hanau-Münzenberg, Amalie Elisabeth Gräfin von, * Hanau 29.1.1602, † Kassel 8.8.1651

Partner:

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Landgraf Wilhelm VI., Ölbild, Hessische Hausstiftung, Schloss Fasanerie B 130 (beschnitten), in: Franz, Das Haus Hessen, Darmstadt 2012, S. 105

Leben

Wilhelm war zwar bereits das sechste Kind seiner Eltern, aber der erste das Säuglingsalter überlebende Sohn. Wegen der Kriegsereignisse verbrachte er einen Teil seiner Kindheit im Feldlager des Vaters bzw. im Exil in Groningen oder Lippstadt. In Anerkennung der väterlichen Verdienste ernannte König Ludwig XIII. (1601–1643) den gerade Achtjährigen kurz nach dem Tod des Vaters im Oktober 1637 zum Generalleutnant der französischen Truppen in Deutschland. Erst nachdem sich die militärische Situation etwas stabilisiert hatte und die nunmehrige Regentin Amalie Elisabeth 1640 mit den Kindern nach Kassel zurückgekehrt war, konnte die höfische Erziehung des Thronerben vorangetrieben werden. Nach der von der Mutter arrangierten Verlobung mit der Brandenburger Kurfürsten-Tochter Hedwig Sophie in Königsberg im Januar 1646 trat Wilhelm im November eine längere Kavalierstour an, die ihn über die Niederlande 1647 nach Frankreich führte. Auf die Rückkehr folgten 1649 die Hochzeit in Berlin und die Heimführung der Braut nach Kassel. Im Jahr darauf gab die Mutter ihre Vormundschaft auf.

Bereits unter der Regentin, aber auch unter Wilhelm VI., blieb das Hofleben in Kassel vergleichsweise bescheiden und wurde von der Sparsamkeit des Fürsten sowie der materiellen Not nach dem Dreißigjährigen Krieg bestimmt. Doch in seiner relativ kurzen Regierungszeit konnte Wilhelm einige wichtige Weichen stellen. Der auf dem Westfälischen Friedenskongress ausgehandelte Vergleich mit Hessen-Darmstadt wurde 1650 erweitert; 1654 erfolgte der Hauptvergleich mit der Rotenburger Nebenlinie, und der Ausgleich mit der Ritterschaft setzte einen Schlusspunkt unter die jahrzehntelangen Konflikte der Landgrafen mit ihren adligen Landständen. Für Hessen-Kassel legte Wilhelm in seinem Testament von 1658 die Primogenitur fest. 1656 und 1657 erließ er neue Kirchenordnungen; seine kirchlichen Unionsbestrebungen, die im Kasseler Religionsgespräch von 1661 gipfelten, blieben jedoch ohne Erfolg. Die reformierte Universität, die seit 1633 in Kassel ein kümmerliches Dasein fristete, kehrte 1653 nach Marburg zurück. Das hessische Heer wurde nach dem Friedensschluss zwar auf 500 Mann reduziert; dank des Landesausschusses (Miliz) unter dem verdienten Generalleutnant Johann von Geyso (1593–1661) blieb aber ein militärisches Potenzial erhalten, auf das man bei der Aushebung von Truppen – etwa für das Reichsaufgebot – zurückgreifen konnte, so zum Beispiel 1663/64 im Türkenkrieg. In die Regierungszeit Wilhelms fallen auch die Anfänge des Postwesens in Hessen, das er mit anderen norddeutschen Fürsten koordinierte. In der Reichspolitik engagierte er sich bei der Gründung des ersten Rheinbundes von 1658, der gegen den Kaiser gerichtet war und unter dem Schirm von Schweden und Frankreich als Garantiemächten des Westfälischen Friedens stand. Vergeblich hoffte Wilhelm, damit auch die seit Jahrzehnten ausstehenden französischen Subsidiengelder zu erhalten. An den Spätfolgen einer Jagdverletzung leidend, begab sich der Landgraf im Juli 1663 ins Hospital nach Haina und verstarb dort an einem Schlaganfall. Er hinterließ seine vierzigjährige Witwe mit sechs minderjährigen Kindern.

Holger Th. Gräf

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 105 f.)

Zitierweise
„Hessen-Kassel, Wilhelm VI. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/102035229> (Stand: 25.3.2024)