Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Biedenkopf

Stadtteil · 305 m über NN
Gemeinde Biedenkopf, Landkreis Marburg-Biedenkopf 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lage und Verkehrslage:

Stadt an der Lahn mit regelhaften Grundrissmerkmalen. Hauptkomplex der Siedlung links des Flusses. Von Nordosten einmündend zwei Seitentäler. Auf dem 386 m hohen Schloßberg die ehemalige Burg. An seinem Fuße in Hoch- und Mittelterrassenlage die nach Planschema ausgebildete, ehemals ummauerte Altstadt mit dreiecksförmigem Umriss. Kleiner Marktplatz in annähernd zentraler Lage vor der Stadtkirche. Ehemalige Vorstadt mit relativ großem Dreiecksmarkt auf der Niederterrasse beziehungsweise im Talgrund des Lahn und des einmündenden Kottenbachtales. Jüngere Wohnsiedlungen entlang der städtischen Ausfallstraßen in der Flussniederung, durchsetzt von modernen Gewerbe- und Industrieansiedlungen. Moderne Wohnsiedlungen besonders am nordwestlichen und südöstlichen Stadtrand, wobei die Siedlungsspitzen im Nordwesten nahezu den Ortsteil Ludwigshütte, im Südwesten beziehungsweise Westen das Talhaupt des Kottenbachs erreichen. Im Süden greift die moderne Bebauung bereits auf das rechte Lahnufer über.

Durch Biedenkopf führt die B 62 im Zuge der alten Niederrheinischen Landstraße Köln - Leipzig. Auf die B 62 stößt beim Ortsteil Ludwigshütte die B 253 im Zuge der alten Landstraße von Battenberg Richtung Gießen.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Cölbe – Bad Laasphe ("Obere Lahntalbahn"; "Lahntalbahn (I)") (Inbetriebnahme der Strecke 19.3.1883).

Ersterwähnung:

1196

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Schloss Biedenkopf

Umlegung der Flur:

1866

Älteste Gemarkungskarte:

Um 1830

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3467074, 5641963
UTM: 32 U 467013 5640146
WGS84: 50.912023° N, 8.53078° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

534004010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 13 355, davon 1731 Acker, 1381 Wiesen, 9965 Wald
  • 1885 (Hektar): 3339, davon 396 Ackerland (= 11.86 %), 315 Wiesen (= 9.43 %), 2515 Holz (= 75.32 %)
  • 1961 (Hektar): 3340, davon 2540 Wald (= 76.05 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1464: 100 eingesessene Bürger
  • 1502: 101 Bürger
  • 1577: 180
  • 1630: 148 Hausgesesse
  • 1639 (Gewerbe): 11 Schuhmacher, 10 Wollenweber, 1 Färber, 3 Schmiede, 4 Schlosser, 1 Zimmermann, 2 Maurer, 6 Bäcker, 2 Schneider, 3 Gerber, 2 Leineweber, 1 Hammerschmied, 1 Dreher, 1 Wagner, 2 Metzger, 1 Bierbrauer, 1 Fuhrmann. 1867 (Erwerbspersonen): 337 Landwirtschaft, 17 Forstwirtschaft, 93 Bergbau und Hüttenwesen, 132 Gewerbe und Handwerk, 60 Handel, 69 Verkehr, 83 persönliche Dienstleistungen, 7 Gesundheitspflege, 7 Erziehung und Unterricht, 6 Kirche und Gottesdienst, 6 Staatsverwaltung, 7 Justiz, 3 Armee, 14 Gemeindeverwaltung, 91 Personen ohne Berufsausübung, 249 Personen ohne Berufsangabe. 1961 (Erwerbspersonen): 116 Land-und Forstwirtschaft, 1483 produzierendes Gewerbe, 514 Handel und Verkehr, 815 Dienstleistungen und sonstiges
  • 1677: 21 Freie, 131 Hausgesesse (17 Witwen), 46 ledige Personen
  • 1742: 250 Haushalte
  • 1830: 3178 evangelische, 7 römisch-katholische Einwohner
  • 1885: 2763 evangelisch, 42 katholisch, 12 andere Christen, 6 Juden, 2 andere
  • 1961: 6703, davon 5165 evangelisch (= 77.06 %), 1368 katholisch (= 20.41 %)

Diagramme:

Biedenkopf: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • Bis 1. Hälfte 13. Jahrhundert ist der Zent Dautphe zuzurechnen
  • 1302 und später: Amt Biedenkopf
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Biedenkopf
  • 1821-1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Battenberg
  • 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Biedenkopf
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Biedenkopf
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Biedenkopf
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf (Umbenennung)
  • 1932: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Dillenburg
  • 1933: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
  • 1968: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Biedenkopf
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf

Altkreis:

Biedenkopf

Gericht:

  • 1821: Landgericht Biedenkopf
  • 1867: Amtsgericht Biedenkopf

Herrschaft:

Landgräfliche Stadtgründung nach 1233. sigillum bu(rgensium in Bieden)caph 1259 (Klosterarchiv V Nr. 311). Mittelalterliches Stadtrecht nicht überliefert. 1414 bestätigt Landgraf Ludwig den Bürgern von Biedenkopf ihre hergebrachten Gewohnheiten, Freiheiten und Rechte. Städtische Satzungen 1515 zu erschließen; überliefert sind Statuten von ca. 1780. Stadtherrschaft Iandgräflich; 1254 wird Biedenkopf als Pfand für die Mitgift der Landgräfin Elisabeth an Albert von Braunschweig eingesetzt. Vor 1316 sind Stadt und Burg Teil der Ausstattung Landgraf Ludwigs (1310-1357 B. von Münster). Folgend wiederholte, langandauernde Verpfändungen der Stadt (vgl. Ziffer 3 a). Ratsverfassung 1310 zu erschließen (Bürgermeister). 1334 stehen an der Spitze des zwölfköpfigen Rates 2 Bürgermeister; Doppelbesetzungen des Bürgermeisteramtes ferner 1369, 1415, 1425/26, 1428 nachweisbar. Bürgermeisterwahl jährlich durch den Rat. Der Rat selbst ergänzte sich durch Kooptation aus dem Kreis der ratsfähigen Familien. Seit 1691 bestand der Rat nur noch aus 8 Mitgliedern einschließlich des Bürgermeisters. Vierer als gewählte Vertreter der Gemeinde 1513 zuerst genannt - scultetus 1251; scabini, burgenses 1299; magister civium 1310; burgen-ses, proconsules, consules, opidani 1334; Stadtbote 1395; Waagemeister, Torhüter 1512, Weinmeister 1516 genannt

Amt. Amtsbildung in Anlehnung an die Burg Biedenkopf 2. Hälfte 13. Jahrhundert anstelle des älteren Gerichtvorortes Dautphe, der in dieser Funktion letztmals 1249 zu erschließen ist. Biedenkopfer Amtmann 1302 erstmals genannt (siehe unten). Amtsherrschaft zunächst landgräflich; 1316 sind Burg und Stadt an Bischof Ludwig von Münster, 1353 und erneut 1356 an Wigand von Sichertshausen und Johann von Breidenbach unter Vorbehalt jederzeitiger Wiedereinlösung verpfändet. Wiederholung der Verschreibung zugunsten Johanns von Breidenbach 1360 und 1356. 1385 bekennt Kraft von Hatzfeld, dass Gerlach und Johann von Breidenbach 2 Drittel, er selbst 1 Drittel an Stadt, Burg und Land Biedenkopf zu Pfand haben. 1428 quittiert Ludwig Schenk zu Schweinsberg Landgraf Ludwig die Lösung eines Drittels an Stadt und Burg Biedenkopf, das ihm von den Eltern des Landgraf verpfändet worden war. 1428 schließen die Ganerben Gerlach, Gerlach und Philipp von Breidenbach mit Landgraf Ludwig einen Burgfrieden über Biedenkopf einschließlich eines Umlandes von 3 Morgen um Burg und Stadtmauer. 1432 gibt Gerlach von Breidenbach dem Landgraf seinen Anteil an der Pfandschaft für ein Darlehen von 1600 Gulden zurück. 1433 hat der Landgraf Philipp von Breidenbach ein Drittel an Biedenkopf, Burg und Stadt, und den Gericht Dautphe und Dexbach versetzt; Wiedereinlösung dieses Drittels 1434. 1446 bewittumt Landgraf Ludwig die Braut seines Sohnes Heinrich III., Anna von Katzenelnbogen, unter anderem mit Biedenkopf samt Zubehörechts 1470-1508 sind Stadt und Amt Biedenkopf Teil der Ausstattung Landgraf Hermanns, des Verwesers und seit 1480 Inhabers des Kölner Erzstuhls. 1534 verpfändet Landgraf Philipp das Amt Biedenkopf an Grafen Johann von Sayn-Wittgenstein; Wiedereinlösung der Pfandschaft 1565 beziehungsweise 1580; seitdem war das Amt nicht mehr verpfändet. Gerichtliche Kompetenzen erst spät überliefert. möglicherweise war die Blutgerichtsbarkeit während der Zeit der Verpfändungen des Amtes den Pfandherren entzogen; so wird 1440 ein Streitfall über Leib, Ehre und Gut vor dem Stadtgericht in Marburg verhandelt, 1468 ein Dieb von Biedenkopf nach Marburg gebracht und dort gerichtet. 1472 übt der Schultheiß von Biedenkopf (wie schon sein Vorgänger) in Personalunion auch das Schultheißenamt im Gericht Dexbach aus. Das gleiche Amt wird ihm für das Gericht Dautphe in Aussicht gestellt, sobald die Stelle erledigt ist. Personalunion später durchgängiger Brauch. Unter Landgraf Hermann besteht 1498 in Biedenkopf ein Halsgericht für Stadt und Amt, das um 1520 mit 4 Stadtschöffen und 4 Landschöffen des Gericht Dautphe gehegt wird. Ende 16. Jahrhundert besteht für peinliche Strafsachen Anzeigepflicht bei den Beamten und Hofräten in Marburg. Auf eine Richtstätte weist der Flurname Galgenberg östlich Biedenkopf.

Gefängnis 1498 genannt, scultetus 1251

scabini, burgenses 1259

burchravius 1274, 1283

procurator 1286

officialis 1302

castellanus 1304

amptmann 1357

undiramtmann 1339

Rentmeister, Vogt 1452.

Stadtgericht. Im Zuge der Stadtgründung wohl durch Exemption aus dem älteren Gericht Dautphe als Gerichtstand für die Bürgerschaft gebildet, zuständig für Fälle der niederen Gerichtsbarkeit. Die peinliche Gerichtsbarkeit wurde entweder vor dem Marburger Stadtgericht oder vor dem für Stadt und Amt Biedenkopf gemeinsamen Halsgericht verhandelt.

1508 ist das Biedenkopfer Stadtgerícht Oberhof für das Gericht Dautphe, 1509 für das Gericht Breidenbach Oberhof. Für das Stadtgericht Biedenkopf war das Marburger Stadtgericht

Gemeindeentwicklung:

Zur Entwicklung der im Zuge der hessischen Gebietsreform neu gebildeten Stadtgemeinde s. Biedenkopf, Stadtgemeinde. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Biedenkopf.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Burgsitz der Döring 1365 genannt; ein weiteres Haus der Döring beim Kirchhof in Biedenkopf 1365 an den Biedenkopfer Bürger Kunz Ruhlen verkauft. 1430 werden die Döring mit einem Burglehen von 10 Pfund Geldes zu Biedenkopf belehnt; Neubelehnungen bis 1512. 1577 haben die Döring 2 landgräfliche Burglehen samt Burgsitz und Zubehör in Biedenkopf inne (so genannte Döringsburg im östlichen Drittel der Obergasse; 1635 abgebrannt). 1390 veräußert Andreas Rode von Dernbach sein von Dietrich von Hohenfels erworbenes Haus in der Obergasse zu Biedenkopf. 1396 erhalten die von Linne nach Ableben ihres Ganerben Krieg von Buchenau dessen Lehen, darunter auch einen Burgsitz und Garten zu Biedenkopf. 1412 verfügen die von Breidenbach über 2 Iandgräfliche Burglehen zu Biedenkopf mit Behausungen und Zubehör; fortlaufend Neubelehnungen. Der ehemalige Burgsitz der von Breidenbach befand sich bei der Oberpforte (Klingelburg); 1647 zerstört. 1414 haben die von Bicken ein Iandgräfliches Burglehen von 6 Mark Geldes zu Biedenkopf; Neubelehnungen bis 1678. 1467 verkauft Henne von Hohenfels dem Johann Bein sein Haus zu Biedenkopf mit Zubehör, gelegen am Pfad zu der Burg bis zu der Döringe Haus, wie solches sein Vetter Arnold von Hohenfels (gestorben 1467) bisher in Gebrauch gehabt hatte. Der so genannte Stadtzehnte zu Biedenkopf ist 1339 zur Hälfte nassau-dillenburgisches Lehen der von Hohenfels; Neubelehnung 1388. Seit 1398 Iandgräfliches. Mannlehen der von Hohenfels; Neubelehnungen bis 1568. Die andere Hälfte des Zehnten ist 1356 landgräfliche Lehen der Beyer von Michelbach; 1356 durch Kaufan die von Breidenbach gelangt; Iandgräfliche Neubelehnungen bis 1577. Ortsadel: 1306-1370
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • plebanus 1233 [Huyskens, Quellenstudien, S. 230]
  • 1366: Kapelle auf der Niederpforte kappel uff der pforten (Blöcher, Stadtbuch, S. 82);
  • Kapelle zum Heiligen Geist 1417 im Zuge der Hospitalgründung als Siechenkapelle vor der Stadt erbaut. In dieser Funktion bis zur Auflösung des Hospitals (1826).
  • Nikolauskapelle (vor der Eichpforte) 1517 genannt (Scriba, Nr. 2752)

Patrozinien:

  • Johannes Evangelista (Pfarrkirche) [1376]
  • Maria (Kapelle auf der Niederpforte) [1408]
  • Maria; Georg (Georgius) [1429]
  • Georg (Georgius) [1448]
  • Heiliger Geist (Spiritus Sancti)(Kapelle) [1417]
  • Nikolaus (Kapelle vor der Eichpforte) [1527] Sanct Niclas for der Eichporten

Pfarrzugehörigkeit:

Pfarrkirche (ohne Beidörfer). 1952: Einrichtung einer 2. Pfarrstelle

1372 stattet der Pfarrer von Eisenhausen, Heinrich Iffe, die Kapelle mit einer Pfründe aus, woraufhin diese von der Pfarrei Biedenkopf abgetrennt wird. 1408 hatte die Kapelle ihre Selbstständigkeit wieder verloren. Kapellenbau Anfang 19. Jahrhundert abgebrochen.

Patronat:

Pfarrkirche seit Errichtung der Pfarrei landgräflich.

Klöster:

  • 2 Barfüßer-Terminarier 1451, Kalandsherren 1366, Bruderschaft der Zwölf Apostel 1415, Bruderschaft Johannes des Evangelisten 1511 erstmals genannt. Seit 1884 wurde in Biedenkopf an wechselnden Orten katholischer Gottesdienst gehalten. 1892 Errichtung einer katholischen Pfarrei für alle Katholiken des damaligen Kreisgebietes

Diakonische Einrichtung:

1896 Gründung einer Diakonissenniederlassung auf Anregung des Landrates Heimburg in einem von der Stadt zur Verfügung gestellten Haus (Teuhthornsches Haus, Stadtgasse 42). Die Diakonissen kommen aus dem Mutterhaus in Bern. Sie werden 1906 durch Diakonissen des Paulinenstifts in Wiesbaden abgelöst. Das Heim wird ab 1910 durch den Vaterländischen Frauenverein, ab 1922 durch die Stadt verwaltet. Ab 1919 übernehmen freie Schwestern die Station.

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Gerlach Walther 4.7.1526-17.5.1573, eingesetzt durch Landgraf Philipp

Reformierter Bekenntniswechsel: 1606, 1624 wieder lutherisch.

Kirchliche Mittelbehörden:

Als Stadt vom Sendgericht eximiert. Dekanat Kesterburg

Juden:

Juden 1298 genannt [Germania Judaica II, S. 81].

1517 und 1593 zahlte jeweils 1 Jude in Biedenkopf Schutzgeld an den Landesherrn. 1630: 3 Judenbehausungen in der Stadt [Staatsarchiv Marburg Salbücher 50]. 1885: 6 Juden

Kultur

Schulen:

1334 Bürgerschule nachgewiesen; Schulmeister: Johannes Bremer vor 1531; 1667 zwei Lehrer vorhanden; später eine Schule jeweils für Mädchen (Konrektorschule) und eine für Jungen (Rektorschule); 1842 Neubau einer Volksschule; 1839 Gründung einer Berufsschule durch einen Gewebeverein; 1846 Realschule, nach 1866 Ausbau zu einem Realgymnasium; 1922 Zulassung von Mädchen; 1924 Reformrealgymnasium; 1933 Umbildung zur Staatlichen Deutschen Oberschule; 1957 wieder Realgymnasium; mehrere berufliche Schulen (1922 Landwirtschafts- und Wirtschaftsschule, 1920 Kreisberufsschule, 1948 Handelsschule)

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

Pest 1518 und 1637

Stadtbrände: 1635 (62 Häuser abgebrannt) [HStAM Bestand 40 g Nr. 335]

1563 und 1611 wird wegen Pestepidemien in Marburg die dortige Universität vorübergehend nach Biedenkopf verlegt.

1647 wurden nach Plünderung der Stadt durch kaiserliche Truppen 72 Wohnhäuser, 45 Scheunen und 24 Nebengebäude eingeäschert.

1717 vernichtete ein Großbrand nahezu alle Gebäude der Stadt (HStAM Best. 110 Nr. 6)

Sonstiges:

1870 schließen sich 55 Frauen der Stadt zu einem Verein zusammen zwecks Krankenpflege, Organisation einer Pflegeausbildung und Gründung eines Krankenhauses. 1871 Gründung eines Ortsvereines des Roten Kreuzes

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Seit 2. Hälfte 13. Jahrhundert Mittelpunkt des gleichnamigen Amtes. Das Amt Biedenkopf umfasste 1465 und später neben Burg und Stadt Biedenkopf, Eckelshausen, Kombach, Buchenau, Elmshausen (bis 1590), Damshausen, Allendorf/H., Friedensdorf, Mornshausen, Herzhausen, Holzhausen/H., Hommertshausen, Silberg, Dautphe, Wolfgruben, Dexbach, Engelbach, Katzenbach; dazu 1577: Mühle Enchesgeseß (Amelose) und Wüstung Pferdsbach. Seit 1832 Sitz der Kreisverwaltung des neugebildeten Kreis Biedenkopf. Er umfasste neben den Orten des 1832 aufgelösten Landratsbezirk Gladenbach die Orte des 1832 gleichfalls aufgelösten Landratsbezirk Battenberg mit den Bürgermeistereien Allendorf/E., Battenberg, Battenfeld mit Berghofen, Biedenkopf, Breidenbach, Bromskirchen, Buchenau, Dodenau, Eckelshausen mit Katzenbach, Kombach und Wolfgruben, Engelbach mit Dexbach, Frohnhausen mit Eifa und Oberasphe, Hatzfeld, Kleingladenbach mit Breidenstein und Wiesenbach, Laisa mit Holzhausen, Oberdieten mit Achenbach und Niederdieten, Reddighausen, Rennertehausen, Wallau mit Weifenbach, Wolzhausen mit Niederhörlen und Quotshausen. Der in den Jahren 1848-1852 bestehende Regierungsbezirk Biedenkopf brachte gebietsmäßig keine Änderungen. Mit der 1867 erfolgten Bildung des Hinterlandkreises (12. 8.1867: wieder umbenannt in Kreis Biedenkopf) wurde das bisherige Kreisgebiet um folgende 8 Orte des bisherigen Kreis Gießen erweitert: Fellingshausen, Frankenbach, Hermannstein, Königsberg, Krumbach, Naunheim, Rodheim, Waldgirmes. Bei der Neubildung des Kreis Biedenkopf nach dessen zwischenzeitlicher Auflösung (1932/1933) wurden genannte Orte dem Kreis Wetzlar zugeschlagen. Abgetrennt wurden ferner bei der Neubildung des Kreis Biedenkopf (1933) der jenseits des Lützlergebirges gelegene ehemalige Nord-Teil des Kreisgebietes mit der Stadt Battenberg und den Gemeinden Allendorf/E., Battenfeld, Berghofen, Bromskirchen, Dodenau, Eifa, Frohnhausen/B., Hatzfeld, Holzhausen/E., Laisa, Oberasphe, Reddighausen, Rennertehausen; die genannt Orte wurden 1933 dem Kreis Frankenberg eingegliedert. Damit umfaßte der Kreis Biedenkopf seit 1933 insgesamt 66 Gemeinden. Seit 1821 ist Biedenkopf Sitz eines Landgerichts beziehungsweise Amtsgerichts.

Wirtschaft:

Wichtigstes städtisches Gewerbe seit dem Mittelalter ist die Tuchmacherei. 2 Färberhäuser und Rahmen 1324 genannt (Blöcher, Stadtbuch, S. 64)

1430/31 getätigte Tuchkäufe für den landgräflichen Hof und der Verkauf Biedenkopfer Tuches auf der Frankfurter Messe zeugen von einer gewissen Bedeutung dieses Gewerbes.

Zunft 1593 erstmals belegt. Blütezeit des Gewerbes gegen Ende des 18. Jahrhundert

1778: 152 Tuchmachermeister, die neben einfachem Tuch Kanevas und Barchent herstellten. 1780 produzierte die Zunft insgesamt 1600 Stück Tuch, jedes 40-50 Ellen lang; als Erlös 56 000 Gulden angegeben. Niedergang des Gewerbes Anfang 19. Jahrhundert (Aufkommen der maschinellen Tuchherstellung); 1826 arbeiteten in Biedenkopf nur noch 50 Tucher auf eigene Rechnung, um 1850 ganzjährig lediglich 10 Tucher. Früh belegt neben der Tuchmacherei das Metzgergewerbe (1324: 6 Fleischhütten) und Schneidergewerbe (1357). Bäcker und Schuhmacher 1445 genannt; Schuhmacherzunft 1511 bestehend; damals machte die Zunft eine Stiftung für einen der Altäre der Pfarrkirche zu Biedenkopf Buchdruckerei 1774-1827 und seit 1837.

Erzhaltigkeit und Waldreichtum begünstigen Entstehung eines Hüttenwesens seit der frühen Neuzeit; 1547 Waldschmiede, Weiterentwicklung zur Ludwigshütte, Verarbeitung des hier erzeugten Stab- und Roheisens in Eisenkleinteile; seit Ende des 19. Jahrhunderts Verarbeitung des aus dem Ruhrgebiet gelieferten Roheisens zu Öfen, Herde, Heizkessel; seit 1933 Ludwigshütte Teil der Buderus-Werke in Wetzlar

seit 1865 Maschinenfabriken, Wollspinnereien

Mühlen:

Obermühle, wohl identisch mit der 1378 und 1390 genannten Mühle zu Biedenkopf (Klosterarchiv III Nr. 168,177).

Landgräfliche Bannmühle, die 1630 über 3 Gänge verfügte

1830 als Mahl-, Öl- und Schneidemühle ausgewiesen

Mühlengebäude an der Umdraht auf dem 1. Lahnufer.

Untermühle. 1573: Wendelsmühle, 1602: Unterste oder Wendelsmühle genannt. Offenbar erst kurz vor 1573 erbaut. Landgräfliche Mahlmühle am linken Ufer der Lahn gegenüber der Einmündung des Mühlwegs in den Bachgrund.; 1630 im Eigentum des Biedenkopfer Bürgers J. Milius; damals Mahlmühle mit 2 Gängen nebst einer Schneide- und Schlagmühle; nach 1900 abgebrannt. Mühle zu steynbrugke vor Biedenkopf 1448 genannt (Reimer S. 456; Identifizierung und Lage ungeklärt).

Zwischen 1465/95 Wüstung (Lennarz S. 21). Ober(st)e Walkmühle zu Druckershausen 1430 genannt; die im 19. Jahrhundert abgebrochene Mühle lag dicht oberhalb der Untermühle am Lahn-Mühlgraben. Altenbergs-Mühle 1690 genannt; 1906 abgebrannt. Lohmühle am Lahnmühlgraben vor Biedenkopf (bis 1857). Vgl. ferner Hüttenmühle, Erlenmühle.

Markt:

1576: 1 Jahrmarkt (Viehmarkt) an St. Michael. 1630: Nachsuche der Stadt beim Landesherrn wegen eines weiteren Viehmarktes, 1650 genehmigt. Ursprünglich Marktbetrieb auf dem Altstadtmarkt vor Kirche und Rathaus, dann vor der Marienpforte in der Vorstadt. 1665 versucht der städtische Bürgermeister den Markt wieder in die Gassen der Innenstadt zu verlegen. 1691 entscheidet der Landgraf, daß die Viehmärkte in der Vorstadt, die Krammärkte abwechselnd in der (Alt-) Stadt und in der Vorstadt abgehalten werden. 1699: 3, 1751: 5, 1805: 6, 1939: 8 Jahrmärkte (Kram-und Viehhandel). Industrie. Seifen- und Waschmittelfabrik 1836-1954; Unternehmen fortgeführt als Kühlanlagen- und Isolierstoff-Fabrik. Wollspinnerei seit 1833. Strickwarenfabrik seit 1923 (1976: ca. 380 Beschäftigte). Fabrik für Herrenbekleidung 1946 von Dautphe nach Biedenkopf verlegt (1951: 60, 1976: 350 Beschäftigte). Maschinenfabrik seit 1866. Werkzeugfabrik (Feilen) seit 1931. Fabrik für Holz- und Metall-Modellbau seit 1946 (1976: ca. 100 Beschäftigte). Chemische Fabrik (Farbenherstellung) seit 1900. Kunststoffabrik (insbesondere Beleuchtungskörper) seit 1955 (1976: 200 Beschäftigte). 2 Brauereibetriebe seit 1870 beziehungsweise 1872. vgl. ferner Ludwigshütte

Münze:

Biedenkopf gehörte im 13. Jahrhundert zum Währungsbereich des Marburger Pfennigs. Unter Landgräfin Sophie prägte die Stadt zeitweise eine eigene Münze auf Marburger Schlag. Unter Landgraf Heinrich I. wurden Brakteaten oberhessischen Schlages geprägt. Späterhin ist Biedenkopf als Münzstätte nicht mehr bezeugt.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Biedenkopf, Landkreis Marburg-Biedenkopf“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/9442> (Stand: 2.5.2023)