Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Amöneburg

Stadtteil · 364 m über NN
Gemeinde Amöneburg, Landkreis Marburg-Biedenkopf 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lagebezug:

2 km südlich von Kirchhain

Lage und Verkehrslage:

Kleinstadt auf allseits steil abfallendem Basaltklotz, der sich etwa 160 m über die Ohmniederung erhebt.

Auf höchstem Punkt im Südwesten die Reste der ehemaligen Burg.

Nordöstlich benachbart die Kirche.

Kirchhof etwas unterhalb davon.

Nach Nordosten anschließend die altstädtische Siedlung mit annähernd halbkreisförmigem Umriß und gitterförmigem Straßennetz auf dem tiefer gelegenen nördlichen Gipfelplateau. Rechteckig ausgebildeter großer Marktplatz in zentraler Lage.

Burg und Stadt kreisförmig ummauert.

Südlich vorgelagert und durch einen flachen Sattel mit dem Stadtberg verbunden der kleinere Burghügel der Wenigenburg.

Straßen von Kirchhain, Kleinseelheim, Mardorf, Rüdigheim, Niederklein. Die frühen Fernstraßen vom Niederrhein und dem Rhein-Main-Gebiet über Büraburg/Fritzlar, Melsungen bzw. Hersfeld in den Raum von Erfurt, Magdeburg oder Hamburg führend, vereinigten sich bei Amöneburg auf kurzer Strecke zu einem gemeinsamen Strang. Die alte Messestraße Köln-Leipzig (über Schröck) und die alte Landstraße durch die Langen Hessen (aus Richtung Roßdorf) führten ursprünglich über die Brücker Mühle - Niederklein in Richtung Alsfeld bzw. Treysa. Wohl im Zusammenhang mit der Stadtgründung von Kirchhain, spätestens aber seit 1431 (Errichtung der Wittelsberger Warte) werden die Straßen nach Kirchhain verlegt (vgl. Kirchhain). Die älteren Straßenführungen dann im 30jährigen Krieg wieder geöffnet.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Kirchhain - Burg- bzw. Niedergemünden ("Ohmtalbahn") seit 1900. Jetzt nur noch Güterverkehr.

Ersterwähnung:

721

Siedlungsentwicklung:

Zahlreiche Funde der Spätlatènezeit lassen ein spätkeltisches Oppidum vermuten.

Gegen Ende des 7. Jahrhunderts ist der Stadtberg offenbar wieder besiedelt (3 Körperbestattungen östlich der ehemaligen Burg). 721 bzw. 732 Gründung eines Klosters durch Bonifatius. Frühmittelalterliche Befestigungsanlage wahrscheinlich; Burg erstmals 1165 erwähnt. Auf eine wüste Mühlstatt deutet der Flurnamen Fiddemühle 1 km östlich Amöneburg.

Stadtgründung in Anlehnung an die Burg wohl Anfang des 13. Jahrhunderts. Dem ehemalige Burgbezirk nordöstlich vorgelagert das ehemalige Stiftsgelände mit der (Stifts-)Pfarrkirche. Stiftsgebäude 1916 durch Brand zerstört.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Stiftes befand sich möglicherweise der ehemalige Mainzer Hof (sog. Burghof, seit 19. Jahrhundert Alte Burg genannt). Ehemalige Burgmannenhöfe befanden sich im Norden (beim Lindauer Tor) und vermutlich im Nordwesten (Ritterstraße). An der Unterseite des im Zentrum der Stadt gelegenen Marktplatzes steht das Rathaus.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • locus (721)
  • castrum (1160)
  • castellum (1165)
  • castrum (1227)
  • civitas (1260)
  • opidum (1283)
  • castellum (1165)
  • turris (1189/90)
  • castrum (1227)
  • castrum maius (1361)
  • slosz (1372)
  • arx (1493)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Die Stadtbefestigung, von der die Wehrmauer mit Resten halbrunder eingebauter Türme noch größtenteils erhalten ist, umschloss das gesamte Bergplateau mit Burg, Stiftsbezirk und der etwas tiefer gelegenen städtischen Siedlung. Zwei gegenüberliegende Toranlagen befanden sich im Norden (Lindauer Tor) und im Süden (Brücker Tor); 1818 bzw. 1842 abgetragen. Die mehrfach zerstörte, zuletzt seit 1660 als Schloß und Amtssitz wiedererbaute Burg verfiel nach den Kriegsschäden des 7jährigen Krieges; Abbruch ca. 1830. Noch größtenteils erhalten der stadtwärts gerichtete doppelte Mauerzug mit zwischenliegendem ca. 10 m breitem Trockengraben.
  • Die mainzische Burg Amöneburg 1165 von Landgraf Ludwig zerstört; 1183 an Kuno von Münzenberg verpfändet, 1222 jedoch wieder mit mainzischen Burgmannen besetzt. Im 30jährigen Krieg zerstört; Wiederaufbau seit 1670. Kriegsschäden im 7jährigen Krieg; nach 1802 in Privatbesitz; nach 1839 abgebrochen; Schloßruine 1902 von der Stadt angekauft.

Umlegung der Flur:

1899/1900

Älteste Gemarkungskarte:

1806

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3494692, 5629087
UTM: 32 U 494620 5627275
WGS84: 50.797194° N, 8.923658° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

534001010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1838 (Kasseler Acker): 1865 stellbares Land, 1163 Wiesen, 603 Gärten, 720 Triesche, 1477 Wald.
  • 1885 (Hektar): 1333, davon 519 Acker (= 38.93 %), 261 Wiesen (= 19.58 %), 355 Holzungen (= 26.63 %)
  • 1961 (Hektar): 1371, davon 242 Wald (= 17.65 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1578: ca. 120 Bürger
  • 1635 (Verlust: ein Drittel der Einwohner)
  • 1659 waren von 100 Haushalte 14 von sog. Beisitzern bewohnt.
  • 1664: 101 Haushalte
  • 1747: 509
  • 1811: 1007
  • 1838 (Familien): 25 Ackerbau, 104 Gewerbe, 40 Tagelöhner, 146 nutzungsberechtigte, 10 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 22 Beisitzer
  • 1861: 943 römisch-katholische, 41 evangelisch-lutherische, 34 evangelisch-reformierte Einwohner
  • 1885: 974, davon 79 evangelisch (= 8.11 %), 846 katholisch (= 86.86 %), 49 Juden (= 5.03 %)
  • 1961 (Erwerbspersonen): 117 Land- und Forstwirtschaft, 225 Produzierendes Gewerbe, 51 Handel und Verkehr, 70 Dienstleistungen und Sonstiges
  • 1961: 1184, davon 129 evangelisch (= 10.90 %), 1049 katholisch (= 88.60 %)
  • Pest 1613

Diagramme:

Amöneburg: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • Um 1250: Erzstift Mainz, Amt Amöneburg
  • 1803: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Amöneburg
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
  • 1932: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf

Altkreis:

Marburg

Gericht:

  • Nach der Malstatt Bilstein benanntes Landgericht, dessen Entstehung unsicher ist. Als Vorgänger des 1277 erwähnten mainzischen iudicium seculare bzw. des 1365 erwähnten mainzischen Landgerichts am Bilstein kommt das allerdings erst spät überlieferte Gericht Rodenbühl in Frage. 1366 bestätigt Kaiser Karl IV. dem Erzstift Mainz das Landgericht am Bilstein mit der hohen Gerichtsbarkeit. Das Gericht kann die Reichsacht aussprechen, die das Hofgericht dann bestätigt. Im 14. Jahrhundert und später waren hohes und niederes Gericht im Landgericht vereinigt.
  • Die Gerichtsstätte lag 1365 und später unter dem Bilstein. 1567/82 und später tagen die Landschöffen im Amöneburger Rathaus. Urteilsstätte ist 1456 und später der Ransberg (ca. 2,5 km südöstlich Amöneburg). Flurnamen: unter dem Galgen.
  • scultetus 1222, iudex 1277, vice- bzw. subsculthetus 1282 bzw. 1330 (als Unterbeamte des Amtsschultheißen bzw. Amtmanns). scabini rurales bzw. Scheffen und Zinte 1365. Lantrichter 1366. Vgl. auch die unter Amt gen. Beauftragten der Herrschaft.
  • Vom Stadtgericht Amöneburg ist wenig bekannt. Im 14. Jahrhundert untersteht dem Amtmann bzw. seinem Vertreter die Gerichtsbarkeit in Zivil- und Strafsachen. Später ist das Richteramt in der Hand des Amtsschultheißen, der zugleich Stadtschultheiß ist.
  • 1821: Assistenzamt Amöneburg
  • 1831: Justizamt Amöneburg
  • 1867: Justizamt Kirchhain
  • 1868: Amtsgericht Amöneburg
  • 1932: Amtsgericht Kirchhain

Herrschaft:

721 ist Amöneburg Herrschaftssitz der Brüder Dettic und Deorulf, wobei unsicher bleibt, ob diese wohl ererbte Herrschaft kraft eigenen Rechts oder im Auftrage der fränkischen Reichsgewalt ausgeübt wurde.

Seit 1145 begegnet ein comes, um 1230 ein Burggraf zu Amöneburg in mainzischen Diensten.

Später mainzisches (Ober-)Amt bis 1802, dann kurhessisches Amt im Fürstentum Fritzlar.

Amt bis Mitte des 13. Jahrhunderts in seinen Grundzügen ausgebildet. Seit der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts hatte das Amt den Charakter eines mainzischen Oberamts. 1346 ist das Amt an die Brüder Konrad und Werner Milchling verpfändet. 1348 und 1371 gelobt das Erzstift, die Stadt Amöneburg künftig niemals zu verpfänden.

Seit 1467 ist das Amt unter Beibehaltung der mainzischen Verwaltung an Graf Otto von Solms verschrieben. Seit 1439 üben die Landgrafen als oberste Landvögte des Erzstifts über dessen hessische Besitzungen den Schutz über das Amt aus.

comes 1145 und 1152/53 genannt, Schultheiß und Burgmannen seit 1222. 1227 erscheint Wigand von Heldenbergen als mainzischer villicus auf der Amöneburg, um 1230 als burggravius. officiatus (officialis) 1307; bisweilen auch scultetus genannt. 1340 und später: Amtmann, seit spätestens 17. Jahrhundert Oberamtmann genannt. cellerarius 1310, seit Anfang 17. Jahrhundert auch Forstmeister, seit 1784 Amtsverweser genannt.

Stadtgründung wohl Anfang des 13. Jahrhunderts, Stadtherr ist der Erzbischof von Mainz.

Ältestes Stadtsiegel von 1258.

Bis zur Neuordnung der Statuten im Jahre 1528 hatte Amöneburg eine relativ freie Stadtverfassung. Ursprünglich bestand der Rat aus einem neunköpfigen Schöffenkollegium mit dem Schultheiß an der Spitze und Ergänzung durch Kooptation. Seit 1358 treten 6 von der Bürgerschaft gewählte Vertreter hinzu. Im 14. Jahrhundert stehen an der Spitze der Stadtverwaltung 2 Bürgermeister, seit 1397: 1 Bürgermeister und 1 Heimbürge. Bürgermeister werden von den Schöffen, der Heimbürge von der Gemeinde gestellt. Beide Beamte durch Schöffenkollegium und Gemeindevertretung gewählt. Bestätigung der Rechte und Freiheiten der Stadt durch den Stadtherrn: 1397 und 1459. Neuordnung durch Erzbischof Albrecht von Mainz nach dem Vorbild von Aschaffenburg. Die Gemeindevertreter seit etwa 1550 durch 4 Viertelmeister oder Gemeinder ersetzt.

scultetus 1222; scabini 1223; castrenses, scabini ac burgenses opidi Amöneburg 1283; magister civium 1291

Gemeindeentwicklung:

Zur Entwicklung der im Zuge der hessischen Gebietsreform neu gebildeten Stadtgemeinde s. Amöneburg, Stadtgemeinde. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Amöneburg.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Um 750 schenkt der Kleriker Adelher seinen Erbbesitz in Amöneburg der Mainzer Kirche. Um 1248 erhält das Erzstift Mainz neben dem Zehnten und dem Novalzehnten in Amöneburg Einkünfte von 14 Hufen sowie von dem Hof hinter der Burg. Mainzischer Hof 1324 und später genannt.
  • 1273/83 erhält der Deutsche Orden Marburg Güter in Amöneburg. Vor 1306 erwirbt der Deutsche Orden von Ritter Ludwig Kalb einen Hof, der 1306 an die von Nordeck verpachtet ist. 1363 sind Hof, Haus, Hofstatt und Garten mit Zubehör an den Amöneburg Stiftsherrn Heinrich von Gudensberg verpachtet. 1375 und 1387 verfügt der Deutsche Orden nurmehr über 1 Haus (verpachtet). 1482 erwirbt der Deutsche Orden die sog. Propstei.
  • 1291 schenkt der Amöneburger Bürger Jakob von Seelheim dem Kloster Arnsburg seinen Güterbesitz auf und zu Füßen Amöneburg.
  • 1296 ist Kloster Haina im Besitz von Haus und Hofstatt am Markt zu Amöneburg 1342 erwirbt das Kloster Güterbesitz unter dem Berg von Amöneburg Kloster-Hof 1344 erwähnt 1345 besitzt das Kloster ein Haus bei dem Kirchhof von Amöneburg.
  • Der Burgsitz am Lindauer Tor (sog. Burghof) war bis 1482/84 mainzisches Lehen der Hobeherren; dann im Besitz der Erben (Bechling); seit 1522 mainzisches Mannlehen der von Radenhausen; im Besitz der Familie vermutlich bis 1825.
  • Die sog. Propstei (auf dem Wasserfall) bis 1433 Sitz der von Seelheim; damals dem Stift Amöneburg vermacht. 1463 in der Hand der Schenken zu Schweinsberg; damals an die Rau von Holzhausen gefallen; 1482 an den Deutsche Orden Marburg verkauft; im 30jährigen Krieg zerstört; später im Besitz der Familie des Forstmeisters Loskandt (bis 1768).
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 721 gründet Bonifatius in Amöneburg eine Klosterzelle (cella).
  • 732: Gründung einer dem hl. Michael geweihten Kirche, die mit einem Kloster (monasteriolum) verbunden wurde; Reichskloster (abbacia) vermutet, das dann unter Erzbischof Adalbert (1111-1137) an das Erzstift Mainz gekommen wäre. Noch 1151 bestehend ist die Abtei 1217 bereits eingegangen.
  • plebanus um 1235.

Patrozinien:

  • Johannes Baptista (der Täufer) [1238]

Pfarrzugehörigkeit:

Pfarrkirche, seit 1360 Stifts-Pfarrkirche. Diesem bis 1802 inkorporiert

Eingepfarrt 1462 und später: Filiale Mardorf. 1589 und später: Filiale Rüdigheim. Mardorf seit 1822 selbständige Pfarrei. Verbunden mit Amöneburg die 1954 errichtete katholische Pfarrkirche Kirchhain

Patronat:

Erzstift Mainz; seit 1360 Johannesstift.

1360 gründet Erzbischof Gerlach von Mainz an der Amöneburg Pfarrkirche das Kollegiatstift St. Johannes. 1436: Bestätigung der Rechte und Freiheiten durch Erzbischof Dieter von Mainz. Dem Stift inkorporiert waren die Pfarrkirchen: Bad Orb, Kreis Gelnhausen; Bernsburg, Kreis Alsfeld; (Wü.) Elmsdorf; (Wü.) Habertshausen, Kreis Alsfeld, Külsheim, Kreis Tauberbischofsheim; Laudenbach, Kreis Bergstraße; Momberg; Naumburg, Kreis Wolfhagen; Niederklein; Ruhlkirchen, Kreis Alsfeld. Aufhebung des Stifts 1802.

Beginen:

reclusorium 1267, 1273 wird eine Begine Beatrix, Schwester des Dechanten Ludwig genannt

Bekenntniswechsel:

Evangelischer Pfarrer: Caspar Tholde 22.7.-28.9.1552

Versuche der Landgrafen, die Reformation in Amöneburg durchzuführen, scheiterten zuletzt 1552.

Kirchliche Mittelbehörden:

Sedes und Dekanatssitz. Archidiakonat St. Stephan Mainz.

archipresbyter 1151; decanus vor 1217.

Juden:

Ort war einst selbständige Gemeinde, später wird diese dem Ort Kirchhain angeschlossen.

Juden werden 1324 erwähnt (Schutzgeld).

1631: 2 Juden; 1659: 2 Juden als Beisitzer genannt; 1827: 59; 1588: 74 (10 Familien); 1859: 86 (13 Familien); 1861: 74; 1867: 29; 1905: 3 Juden; 1925: 8 Juden. Nach 1933 ziehen die letzten jüdischen Einwohner fort.

Eine Synagoge wird um 1859 erwähnt.

Der Jüdische Friedhof in Kirchhain wird mitbenutzt; ebenso die Elementarschule in Kirchhain.

Kultur

Schulen:

1262 nachgewiesene Pfarrschule; Einrichtung einer Jungenschule durch das Stift im 17. Jahrhundert; 1669 Gründung einer Mädchenschule; 1910 Volksschule mit zwei Klassen

Bischöfliche Lateinschule seit 1885 bis 1939; Progymnasium, seit 1960: altsprachliches Vollgymnasium. Seit 1955 ist die Schule mit einem Schülerheim verbunden.

Hospitäler:

Ein im 16. Jahrhundert errichtetes Pestspital nahe der Brücker Mühle (St. Nikolaus) wurde 1651 abgebrochen.

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

1165 wird das castellum Amöneburg von Landgraf Ludwig II. zerstört.

Wegen seiner strategischen Bedeutung im Dreißigjährigen Krieg und im Siebenjährigen Krieg sehr umkämpft. Plünderung der Stadt durch Herzog Christian von Braunschweig 1621. Im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges durch hessische und kaiserliche Truppen wechselweise erobert. Nach vergeblicher Belagerung durch Schweden (1643) durch Hessen und Schweden 1646 überrumpelt. Stadt durch Brand vollständig verwüstet.

Während des Siebenjährigen Krieges von 13 Heeren belagert. Vergeblicher Sturmangriff durch Franzosen 1761. Gefecht an der Brücker Mühle um den Ohmübergang endet 1762 mit einem Waffenstillstand.

1797/98 ist Amöneburg durch Franzosen besetzt.

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Weltliche Verwaltung: Um 1248 ist Amöneburg Mittelpunkt einer Villikation des Erzstifts Mainz mit weitgestreutem Besitz in Oberhessen.

1283 ist der Amöneburg Amtmann zugleich oberster mainzischer Amtmann in Hessen. Seit 1. Hälfte 14. Jahrhundert hat das Amt Amöneburg den Charakter eines Oberamtes innerhalb der mainzischen Ämter im oberhessischen Raum. Dieser Oberamtsbezirk umfaßte zeitweilig die Ämter: Amöneburg, Neustadt, Mellnau, Schönstadt, Fleckenbühl, Rosenthal, Battenberg, Wolkersdorf, Jesberg, Fritzlar, Itter, Naumburg, Schaumburg. Entsprechend umfangreich war der Bezirk der Amöneburg Kellerei.

Das Amt Amöneburg umfaßte 1395: (Wüstung) Ahausen, Amöneburg, Anzefahr, (Wüstung) Bartenhausen, Bauerbach, (Wüstung) Brück, Erfurtshausen, Ginseldorf, Himmelsberg, Mardorf, (Wüstung) Nonnenhausen, Roßdorf, Schröck, Sindersfeld, Stausebach; ferner sind zum ursprünglich Bestand zu rechnen: (Wüstung) Herbach bis 1294; Niederklein (um 1360 bis vor 1521 verpfändet), Rüdigheim (1355-1586 verpfändet), Erfurtshausen (nach 1395-1586 verpfändet). 1567/1582 umfaßte das Amt: Amöneburg, Anzefahr, Bauerbach, Erfurtshausen, Ginseldorf; Himmelsberg, Mardorf, Niederklein, Roßdort; Schröck, Sindersfeld, Stausebach sowie die 1586 eingelösten Dörfer Erfurtshausen und Rüdigheim. An diesem Umfang wurde auch nach dem Anfall des Amts an Kurhessen 1802 festgehalten.

1807-1813: Kantonssitz im Distrikt Marburg.

Seit 1821 Sitz eines Assistenzamtes, später Justizamtes, seit 1867-1932 eines Amtsgerichts.

Geistliche Verwaltung. Amöneburg war seit 1284/1296-1802 Sitz eines Offizials des Archidiakonats St. Stephan Mainz. - Als Zubehör des Dekanats Amöneburg sind folgende Sendbezirke zu erschließen: Amöneburg, Alsfeld, Buseck, Ebsdorf, Gladenbach, Heidelbach, Kirchberg, Kirtorf, Lohra, Londorf, Neustadt, Ofleiden, Ohmen, Treysa, Treis/L., Oberweimar, Winnerod.

Zum Sendbezirk Amöneburg gehörten im 15. Jahrhundert: Stadt Allendorf, Anzefahr, (Wüstung) Bartenhausen, Bauerbach, (Wüstung) Bechtmannshausen, (Wüstung) Boppenhausen, (Wüstung) Brück, Burgholz, (Wüstung) Eiloh, (Wüstung) Elmsdorf, Emsdorf, Erksdorf, Ginseldorf, Großseelheim, Hatzbach, (Wüstung) Heimersdorf, Himmelsberg, Rauischholzhausen, (Wüstung) Kleinroßdorf, (Wüstung) Lampertshausen, (Wüstung) Leiterstede, Mardorf, Moischt, (Wüstung) Münchhausen, Niederklein, Niederwald, (Wüstung) Oberhain, Roßdorf, Rüdigheim, Schröck, Sindersfeld, (Wüstung) Sperbershain, Stausebach, (Wüstung) Zettrichhausen. Unklar die Zugehörigkeit von Langenstein, Schönbach und Erfurtshausen. Kirchhain und Rauschenberg waren als Städte vom Sendgericht eximiert.

Wirtschaft:

Haupterwerbsquelle war stets die Landwirtschaft, daneben wenig bedeutendes Handwerk, das vielfach im Nebenerwerb betrieben wurde.

1862: 62 Handwerksmeister, 19 Händler und Wirte.

Basaltsteinbrüche, im 20. Jahrhundert auch Quarzitsteinbruch, Ziegelei

Markt:

Ursprünglich 4, seit 1717: 8, 1754: 4 Jahrmärkte.

Seit dem 7jährigen Krieg eingegangen. Um 1850 bestanden 5 kaum besuchte Jahrmärkte.

Münze:

Mainzische Prägungen von Halbbrakteaten wahrscheinlich schon um 1220, von Pfennigen nach 1233, später auch von Brakteaten oberhessischen Schlages. Münzstätte um 1248 erwähnt. Ende der Münztätigkeit wahrscheinlich um 1320.

Zoll:

Zollstätte um 1248 erwähnt

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Amöneburg, Landkreis Marburg-Biedenkopf“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/8293> (Stand: 19.4.2023)