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Unterzeichnung von Betriebsvereinbarungen zur Neustrukturierung des Lohnsystems und der stufenweisen Einführung der Gruppenarbeit bei Opel, 8. April 1991

Die Geschäftsleitung und der Gesamtbetriebsrat der Adam Opel AG unterzeichnen Betriebsvereinbarungen zur Reform der Besoldungsstruktur der Beschäftigten und zur stufenweisen Einführung der Gruppenarbeit.

Solidarische Konsolidierung der Besoldungsstruktur

Es ist beabsichtigt, die Umstrukturierung des Lohnsystems zum 1. Juli 1991 wirksam werden zu lassen. Dabei verringert sich die Zahl der Lohnstufen von bislang 42 auf nur noch zehn. Betroffen von der Maßnahme sind rund 46.000 Beschäftigte oder vier Fünftel der Gesamtbelegschaft des Automobilkonzerns, für die die Umstellung jedoch auch eine geringfügige Lohnanhebung von durchschnittlich drei Prozent bringt. Opel wird der Vorgang nach Auskunft des Gesamtbetriebsrats etwa 90 Millionen DM kosten. Bis zuletzt hatte die Unternehmensleitung Vorbehalte gegen die Vereinbarung geltend gemacht, da die bislang freiwillig von Opel an die Beschäftigten gezahlten Zulagen mit dem reformierten Lohnsystem zum festen Bestandteil der Mitarbeiterbesoldung werden und bei jeder Tariferhöhung automatisch mit ansteigen. Bislang waren diese Zulagen jeweils extra auszuhandeln, wobei die Anrechnung des entsprechenden Effektivlohns in der Vergangenheit bereits zwei mal von der Unternehmensleitung verweigert wurde.

Innerbetriebliche Demokratisierung durch flächendeckende Einführung der Gruppenarbeit

In Zusammenhang mit dem neuen Lohnsystem steht auch die gleichzeitig unterzeichnete Vereinbarung zur stufenweisen Einführung der Gruppenarbeit bei Opel, die nach den Worten des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Richard Heller „mehr demokratische Strukturen“ bringen soll. Von Seiten der Arbeitnehmer sei im Rahmen der Vereinbarungen dabei großer Wert darauf gelegt worden, dass die jeweils acht bis 15 Mitarbeiter umfassenden Arbeitsgruppen ihre Sprecher frei wählen können, und dass eine Stunde der wöchentlichen Arbeitszeit den Gruppen für ein gemeinsames Gespräch zur Verfügung gestellt werde. Dabei eröffne sich nicht nur die Möglichkeit Probleme bei der Zusammenarbeit zu äußern, sondern auch Einfluss auf Gestalt und Ablauf der Produktion zu nehmen.1 Die Betriebsräte hegen diesbezüglich die Hoffnung, dass die Gruppensprecher, die ihre Einheiten nach innen und nach außen vertreten, zum Großteil von Vertrauensleuten der IG Metall gestellt werden. Nach Ansicht Hellers und seines Kollegen Rudi Müller sei es klar, „dass viele im Betrieb Macht abgeben und an die Gruppen delegieren müssen“. Entscheidende Festlegungen zum Produktionsablauf bzw. -rhythmus würden daraufhin nicht wie bisher fast ausschließlich durch die Konstrukteure gemacht, sondern von den Gruppen selbst getroffen.2
(KU)


  1. Vgl. Main-Spitze vom 10.4.1991: „Für 46 000 Opler mehr Geld und Mitsprache“.
  2. Vgl. Rüsselsheimer Echo, 10.4.1991: „Macht muß delegiert werden“: Die Konsequenzen der Einführung von Gruppenarbeit im Opelwerk.
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Unterzeichnung von Betriebsvereinbarungen zur Neustrukturierung des Lohnsystems und der stufenweisen Einführung der Gruppenarbeit bei Opel, 8. April 1991“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4670> (Stand: 9.6.2021)
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