Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Kastel

Stadtteil · 100 m über NN
Gemeinde Wiesbaden, Stadt Wiesbaden 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

7 km südöstlich von Wiesbaden

Lage und Verkehrslage:

Siedlung und ehemaliger Brückenkopf am rechten Rheinufer gegenüber Mainz.

Kastel war der Endpunkt einer antiken Rheinbrücke, auf deren Pfeilerresten Karl der Große nach 803 eine 813 wieder abgebrannte hölzerne Brücke errichten ließ.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Frankfurt am Main – Wiesbaden ("Taunusbahn";1840) (Inbetriebnahme der Strecke 13.4.1840, 19.5.1840).

Siedlungsentwicklung:

Zwischen 4 und 9 n. Chr. als Mainzer Brückenkopf castellum matiacorum gegründet. In der Großen Kirchenstraße, der ehem. Mittelachse des Römerkastells, wurden 1986 Fundamente und Fragmente eines vermutlich für Germanicus 19 n. Chr. errichteten Triumphbogens ergraben und zugänglich gemacht. In der Verlängerung der Achse zum Rhein konnten Fundamente einer Brücke nachgewiesen werden. In fränkischer Zeit war Kastel offenbar Mittelpunkt einer königlichen Grundherrschaft und wurde spätenstens Anfang des 9. Jahrhunderts wieder befestigt. 1349 beurkundet König Karl IV., dass er auf Heerfarht Kastel gebrochen habe und dass fortan dort keine Festung mehr errichtet werden solle.

Fast völlige Zerstörung am 8. September 1944.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Kastel war schon in der Frühzeit befestigt und wurde im 13. Jahrhundert nochmals verstärkt. Im 1349 bestimmt Kaiser Karl IV., dass Kastel nicht mehr zur Festung angelegt werden dürfe. Ende des 18. Jahrhunderts wurde zunächst unter den Franzosen, dann dem Deutschen Bund und schließlich dem Deutschen Reich erneut mit der Befestigung des Ortes begonnen, indem er als Teil von Mainz umwallt wurde. 1904 wurde die Umwallung beseitigt.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3448635, 5541608
UTM: 32 U 448581 5539831
WGS84: 50.00858° N, 8.282392° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

414000520

Einwohnerstatistik:

  • Zahlen für Kastel mit Amöneburg:
  • 1834: 3348
  • 1840: 2714
  • 1846: 2984
  • 1852: 3360
  • 1858: 3668
  • 1864: 3881
  • 1871: 5245
  • 1875: 6099
  • 1885: 3628
  • 1895: 4832
  • 1905: 6888
  • 1910: 7473
  • 1925:8735
  • 1939: 10910

Diagramme:

Kastel: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 754-68: in Castelere Marche [ Codex Eberhardi Bd. 1 S. 216 = Urkundenbuch des Klosters Fulda 1 Nr. 48];
  • Mitte 14. Jahrhundert: Rheingauer Vizedomamt
  • 1601: Vizedomamt ausser der Stadt Mainz
  • 1787: Kurfürstentum Mainz, Unteres Erzstift, Amtsvogtei Kastel
  • 1803: Fürstentum Nassau-Usingen, Vizedomamt ausser der Stadt Mainz
  • 1806: Kaiserreich Frankreich
  • 1816: Großherzogtum Hessen, Provinz Rheinhessen, Kanton Mainz
  • 1835: Großherzogtum Hessen, Provinz Rheinhessen, Kreis Stadtbezirk Mainz
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Mainz
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Rheinhessen, Kreis Mainz
  • 1908: Großherzogtum Hessen, Provinz Rheinhessen, Stadtkreis Mainz
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Hessen, Stadtkreis Wiesbaden

Altkreis:

Wiesbaden

Gericht:

  • 1816: Friedensgerichtsbezirk Mainz
  • 1844: Friedensgerichtsbezirk Mainz II
  • 1852: Amtsgericht Mainz

Herrschaft:

1237 Ersterwähnung als Stadt: in Opido Castel (Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 2, Nr. XLVIII).

1453 Gerichtssiegel

Gemeindeentwicklung:

Am 1.4.1908 zur Stadt Mainz, am 25.7.1945 Eingemeindung in die Stadt Wiesbaden.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 991 verschenkte König Otto III. Güter in Kastel an das Kloster Selz im Elsaß. Das Bistum Mainz ist seit dem 11. Jahrhundert mit Grundbesitz belegt. Die Vogtei wurde unter Erzbischof Christian von Buch an die Grafen von Diez als Lehen ausgetan, von denen sie 1207 an König Philipp gelangte. Aftervasallen der Grafen von Diez und später König Philipps waren die Herren von Bolanden, die zugleich auch die Vogtei über den Besitz des Mainzer Stifts St. Peterin Kastel von den Grafen von Saarbrücken zu Lehen trugen. Sie bauten den Ort im 13. Jahrhundert zur Festung aus. 1244 fiel der Ort nach Auseinandersetzungen mit den Staufern an das Mainzer Erzstift. Mitte des 14. Jahrhundert gelangte der Ort entgültig aus dem Reichsbesitz an Mainz.
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Über dem Grab des Soldaten-Märtyrers Ferrutius wurde möglicherweise schon im 4. Jahrhundert eine nach ihm benannte Kapelle errichtet. Unweit dieser Kapelle befand sich außerhalb des Ortes ein weiterer Kirchenbau, der offensichtlich dem heiligen Georg geweiht war.
  • 1147 Kirche
  • 1281 Pleban
  • 1450: Kapelle Mariae Himmelfahrt (innerhalb der Ortsbefestigung), 1587 erneut konsekriert. Hierhin aus der Georgskirche die Rechtsurkunde von 1498 und ein jüngerer Taufstein übertragen. Nach der Zerstörung Kastels wurde sie als barocke Hallenkirche ab 1690/96 wiederaufgebaut, aber erst 1746 geweiht.
  • Kath. Pfarrkirche St. Georg 1944 durch Bombenangriff zerstört und bis 1977 völlig verändert wiederaufgebaut

Patrozinien:

  • Georg (Georgius); Maria assumptio (Maria Himmelfahrt)

Pfarrzugehörigkeit:

1147 Pfarrei.

Patronat:

Das Patronat hatte ursprünglich der Propst des Stiftes St. Peter zu Mainz inne. Dieser schenkte den Kirchsatz im Jahre 1147 dem Stiftskapitel.

Klöster:

Diakonische Einrichtung:

Nach Röschen, Beschreibung der evangelischen Pfarreien des Großherzogtum Hessen von 1900 eine Diakonisse für Krankenpflege im Auftrag des Frauenvereins, eine Kleinkinderschulschwester, Frauenverein hat großes Haus für den KiGA und die Krankenambulanz eingerichtet, in dem die Schwestern auch wohnen; Nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954eine Schwesternstation mit 3 Kräften und eine weitere Station in Mainz-Amöneburg mit 1 Diakonisse

Bekenntniswechsel:

Da zu Kurmainz gehörig, blieb der Ort katholisch. Erst 1859 wurde eine evangelische Pfarrei gegründet.

Kirchliche Mittelbehörden:

Archidiakonat des Propstes von St. Peter in Mainz, Dekanat Kastel (zum Umfang s. Mittelpunktfunktionen)

Juden:

Ersterwähnung von Juden 1432, es wird eine jüdische Familie genannt. 1446 leben 3 und 1452 mindestens 5 Familien in Kastel. Nach der Vertreibung 1470/71 lebten wohl keine Juden mehr im Ort, danach erst wieder in den 1780er Jahren 8 jüdische Familien ansässig.

Kultur

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Die abseits gelegene Georgskirche war Sitz des Dekanats Kastel, zu dem Bierstadt, Bleidenstadt, Breckenheim, Breithardt, Bremthal, Delkenheim, Dotzheim, Eppstein, Erbenheim, Flörsheim, Hochheim, Igstadt, Kastel, Klopenheim, Kostheim, Langenhain, Massenheim, Medenbach, Mosbach, Naurod, Niederseelbach, Nordenstadt, Schierstein, Wallau, Wicker und Wiesbaden gehörten.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Kastel, Stadt Wiesbaden“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/11149> (Stand: 26.8.2023)