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Grüningen

Stadtteil · 249 m über NN
Gemeinde Pohlheim, Landkreis Gießen 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

6,5 km westlich von Lich

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit regelhaften Grundrißmerkmalen am auslaufenden O-Hang des Wartberges. Kirche im Südteil in leicht erhöhter Lage. Moderne Siedlung im Süden und N. entlang der Ausfallstraße. Grüningen liegt an der nördlichen Ausbuchtung des Wetterauer Limes, östlich der Weinstraße an der Verbindung Holzheim - Watzenborn-Steinberg und Lang-Göns - Dorf-Güll

Ersterwähnung:

799

Siedlungsentwicklung:

Ehem. Wasserburg mit quadratischem Grundriß im Westen des alten Ortskerns vermutlich von Graf Gottfried VIII. von Eppstein in der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert an der Stelle einer älteren Anlage erbaut (1436 genannt). Stumpf eines Rundturmes an der Nordwesten-Ecke. Die Burganlage war in die Stadtmauer integriert, der eine ältere Dorfbefestigung vorausgeht. Zerstörung der Burg durch Brand 1634. Inzwischen abgetragene Tore (Gießener und Butzbacher Tor) standen an der Hauptstr., Diebsturm im Nordwesten noch erhalten.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • Markt 1397, Stadtsiegelankündigung 1421 (der Stede Ingesigil), burg und stat 1459

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Burg Grüningen
  • Kleinkastell Hainhaus ca. 1,2 km nördlich von Grüningen mit einer Fläche von 0,3 Hektar. Limeshof (neu).
  • Wartberg im W; „Burg“ bei Görich im Ortsbereich markiert. Flurname „hinter der Burg“ im westlich Ortsbereich. Am Nordwest-Rand der Gemarkung Flurname Galgenfeld

Älteste Gemarkungskarte:

1846-1896 (Gefällkataster), 1915

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3480950, 5597137
UTM: 32 U 480883 5595338
WGS84: 50.509694° N, 8.730392° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

531014030

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 2757, davon 1820 Acker, 173 Wiesen, 765 Wald
  • 1961 (Hektar): 764, davon 172 Wald

Einwohnerstatistik:

  • 1834: 567 Einwohner
  • 1885: 757 Einwohner
  • 1925: 737 Einwohner
  • 1939: 776 Einwohner
  • 1950: 1164 Einwohner
  • 1961: 1128 Einwohner
  • 1830: 533 evangelische Einwohner, 8 Juden
  • 1961: 874 evangelische, 237 römisch-katholische Einwohner
  • 1961 (Erwerbspers.): 197 Land- und Forstwirtsch., 241 Prod. Gewerbe, 63 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 67 Dienstleistung(en) und Sonstige

Diagramme:

Grüningen: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 799: Wetterau
  • Mitte 15. Jahrhundert vorübergehend Amtssitz Grüningen unter Werner von Eppstein-Münzenberg
  • 1548 und später: Amt Butzbach
  • 1787: Fürst zu Solms-Braunfels (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Grüningen
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Souveränitätslande, Provinz Oberhessen, Amt Grüningen (zur Standesherrschaft Solms gehörig)
  • 1820-1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Grüningen
  • 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
  • 1841: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen

Altkreis:

Gießen

Gericht:

  • 1210: Mittelpunkt eines gleichnamigen Gerichts der Herren von Münzenberg und deren Erben, der Herren von Falkenstein
  • 1820-1822: Standesherrl. Amt Grüningen
  • 1822-1853: Landgericht Hungen
  • 1853-1879: Landgericht
  • seit 1879: Amtsgericht Lich
  • 1913 Amtsgericht Gießen

Herrschaft:

1210 werden Liegenschaften zu Holzheim in communi placito vulgo dicitur Sprak (burk) apud Gruningen an Kloster Arnsburg übertragen (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 4). 1252 befreit Ulrich von Münzenberg das Kloster Arnsburg mit den Einwohner zu Lich und Grüningen von allen Arten von Abgaben und Diensten (Baur, Hessische Urkunden 1 (Starkenburg und Oberhessen) Nr. 1287). Bei der Teilung der Herrschaft Münzenberg unter den Söhnen Philipps von Falkenstein fällt 1271 das Gericht Grüningen an Philipp von Falkenstein (Butzbacher Linie), sein Bruder Werner (Licher Linie) erhält ebd. vom dortigen Hof jährl. Abgaben in Höhe von 2 Pfd. (Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 2Nr. 139, Scriba, Bickenbach, S. 240-242 Nr. 14) Zentgraf 1278 (Urkundenbuch der Herren von Hanau 1 Nr. 571). 1397 erlaubt König Wenzel, daß Philipp von Falkenstein zu Ziegenberg, Grüningen, Laubach, Ruppertsburg und Petterweil Halsgericht, Stöcke und Galgen haben kann und damit nach Landesbrauch zu richten (Solms. Urkunde Nr. 587, vgl. Nr. 601). Verleihung der Stadtrechte 1400 (Festschrift Grüningen 799-1999, S. 46-47).

Mit dem westl. Teil der ehem. Herrschaft Münzenberg gelangt das Gericht Grüningen 1419 als Teil der falkenstein. Erbschaft an die Herren von Eppstein. 1464 verkauft Gottfried von Eppstein-Münzenberg u.a. die Hälfte von Grüningen an Graf Otto von Solms. 1469 teilen Eppstein-Münzenberg und Solms den bis dahin gemeinsam verwalteten Besitz an Grüningen. 1478 erwirbt Graf Otto von Solms als Vormund der Kinder des verstorbenen Graf Kuno von Solms die königstein. Anteile an Butzbach, Grüningen, Nieder-Weisel mit Hausen, die beiden Dörfer Eberstadt und Hörgern... und am Hain bei Arnsburg (Solmser Urkunden 2 Nr. 1762).

Seit dem 14. Jahrhundert werden bei Verkäufen vor dem Gericht neben Grüningener Schöffen auch solche aus Münzenberg gen. Mit der Falkensteiner Erbschaft, und zwar dem Butzbacher Drittel, kam Grüningen an die Linie Eppstein-Münzenberg mit Wüstung Berinkheim, Holzheim, Dorf-Güll. 1522 erben Solms-Braunfels die Hälfte von Grüningen sowie Holzheim und Dorf-Güll, sowie Solms-Lich und Stolberg jeweils 1 Viertel an Grüningen. 1685 erwirbt Solms-Braunfels das Licher, 1712 das Stolberger Viertel, seitdem war Grüningen ganz solms-braunfelsisch.

Stadtherrschaft zunächst falkensteinisch, dann eppsteinisch, später beim Haus Solms. Häufige Verpfändung und Teilung der Herrschaft. - Bürgermeister 1410, Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt Grüningen 1468 (Solmser Urkunden 2 Nr.1573). s(igillum) opidi in Gruningen (1459-1490)

Gemeindeentwicklung:

Am 31.12.1970 Eingliederung nach Pohlheim

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 799 schenkt Seckehart Kloster Lorsch seinen Besitz in der Grüningener Mark, (Wüstung) Bergheim, in der Güller und Licher Mark, in (Wüstung) Feldheim, in der Weiseler Mark, in Holzheim und (Wüstung) Berincheim mit insgesamt 48 Manzipien (vgl. Ziff. 2a).
  • 802/817 überträgt Reginhard dem Kloster Fulda seine Güter und 9 Mancipien in Grüningen.
  • 1151 stattet Konrad von Hagen Kloster Arnsburg bei dessen Gründung mit dem Zehnten von 14 Tagwerken Acker aus, den sie zuvor von der Kirche zu Grüningen angelöst hatten (Mainzer Urkundenbuch 2, 1 Nr. 159).
  • 1261 überträgt Gottfried von Eppstein dem Grüningen von Krumbach auf Wunsch von dessen Bruder C. von Krumbach die Lehen, die lange Zeit Giselbert von Göns und dessen Vorfahren in Grüningen besessen hatten (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 93).
  • 1266 verkaufen die v,. Weinsberg und von Lichtenberg Kloster Altenberg für 120 Mark köln. Pfennige ihren Hof zu Grüningen (Solmser Urkunden 1 Nr. 14).
  • 1369 weist Konrad von Albach Arnsburg als Unterpfand für eine dem Kloster Geschenkte Gülte Güterbesitz zu Grüningen an (Nr. 982). 1391 bezieht Arnsburg 2 Malter Korngeld von dem Unterpfand zu Grüningen und Beringheim (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 982, 1099.
  • 1273 vermacht der Wetzlarer Bürger Eckhard den Johannitern zu Niederweisel zwei Teile seines Hofs zu Grüningen, den er vom Herrn von Weinsberg gekauft hat, behält sich aber lebenslange Nutzung vor.
  • 1285 erneuert die Wetzlarer Bürgerin Hedwig, Witwe Eckhard Krämers, eine frühere Überweisung von Gütern zu Grüningen an Kloster Marienborn (Urkundenbuch der Stadt Wetzlar 1 Nr. 189, 270).
  • Stift Zelle (Schiffenberg) verfügt im 14. Jahrhundert über Pachteinnahmen (Römer, Einkünfteverzeichnisse).
  • 1355 bewittumt Philipp von Falkenstein-Münzenberg seine Schwester Agnes u.a. mit Gülten zu zu Grüningen, Holzheim, Güll und Bergheim (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 1104). 1394 wird Dietrich von Falkenberg Burgmann Philipps von Falkenstein in Grüningen (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 1769). 1410 bekommt Hermann von Hochweisel Einkünfte von dem Trierer Erzbischof Werner von Falkenstein auf die Steuer zu Grüningen (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 2276). 1464 bekennen die von Eppstein und von Eppstein-Königstein, daß sie ihrem Grüningener Amtmann Dietrich Giseler eine Hofstatt zu Grüningen neben der Burg zwischen der Brücke und dem Kirchhof übertragen haben mit der Erlaubnis, Haus und Scheuer darauf zu bauen (Solmser Urkunden 2 Nr. 1510; mit Urkunde von 1266 zusammengebunden).

Zehntverhältnisse:

1273 haben die Herren von Hanau den Zehnten zu Grüningen als fuldisches Lehen (Schannat. Fuldischer Lehnhof, Elenchus Vasallorum S. 18). 1307 verkaufen die Falkensteiner Kloster Arnsburg Gülten zu Grüningen (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 357). 1313 bekennt Kloster Arnsburg, daß ihm Ulrich II. von Hanau gen. Einkünfte aus dem Zehnten in Grüningen, Dorfgüll und von Gütern zu Ober-Mörlen so lange überlassen habe, bis daraus die von Ulrich I. dem Kloster vermachten 400 Mark erhoben worden seien (Urkundenbuch der Herren von Hanau 2 Nr. 127, 168). 1333 stimmt Erzbischof Heinrich von Mainz der Übertragung des 6. Teils des Zehnten zu Grüningen durch die Herren von Hanau an Kloster Arnsburg zu (Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1,2 Nr. 3979).

1342 erhält Johannvon Bellersheim von Philipp d. Ä. von Falkenstein ein Korngeld aus dem Zehnten zu Grüningen. 1369 ist der Zehnte falkenstein. Lehen Johanns von Bellersheim (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 919, 1382).

Kirche und Religion

Ortskirchen:

Patrozinien:

  • Martinus [1479]

Pfarrzugehörigkeit:

Eingepfarrt 1276: Filiale Holzheim, die nach 1309 zur Pfarrei erhoben wird (F. Herrmann, Inventare 1920, S. 467 Nr. 1), 1276 Hof-Güll, 1338 Bergheim, 1421-1768 Dorf-Güll.

Patronat:

Patrone sind 1151 die Herren von Hagen-Arnsburg, später von Münzenberg; seit 1255 Herren von Falkenstein, die 1380 Kloster Arnsburg den Patronat der Kirche von Grüningen übertragen, das die Kirche inkorporiert. (Würdtwein, Dioecesis Moguntina 3 Nr.50). 1803 kommt der Patronat an das Gesamthaus Solms, 1811 an Solms-Rödelheim.

1276 löst Kloster Arnsburg seinen Anteil an den Baulasten von Kirche und Friedhof zu Grüningen ab gegen Übergabe von 3 Joch Acker in Klein-Holzheim (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 153).

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Kaspar Homberg 1560 bis nach 1580

Reformierter Bekenntniswechsel: 1580er Jahre

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Sendbezirk im Dekanat Friedberg, Archidiakonat St. Mariengreden zu Mainz, Sendbezirk Grüningen

Juden:

Juden in Grüningen schon im 17. Jahrhundert 1830: 8, 1905: 23, 1910: 15, 1925: 9 Juden. Der Friedhof diente auch den Juden aus Holzheim als Begräbnisstätte . Er wurde im 19. Jahrhundert in der Schulstraße angelegt. Der alte Friedhof, der nur von Grüningen genutzt wurde, lag am Dorf-Güller-Weg. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

um 1534 Gründung einer Schule durch Stiftung des Mainzer Weihbischofs Paul Hutthen, der aus Grüningen stammt; Schulmeister: Abraham Thumernit 1548-1553; Umwandlung in

Stadt- und Lateinschule spätestens seit 1617; 1910 Volksschule mit zwei Klassen, Schulhaus von 1907

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Als Zubehör des Gerichts Grüningen sind 1355 die Dörfer Grüningen, Holzheim, Güll und Beringheim zu erschließen (Kropat, Reich, S. 165 Anm. 48). 1548 und später: Gericht(?) im Amt Butzbach (Solmser Urkunden 3 Nr. 2866). Im 15. Jahrhundert gehörten zum Sendbezirk von Grüningen: Grüningen und Holzheim

Wirtschaft:

1450 mit Tuchen auf der Frankfurter Messe

bis Anfang 19. Jahrhundert sind Haupterwerbsbereiche Weberei, Färberei, Branntweinbrennerei und Landwirtschaft

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Grüningen, Landkreis Gießen“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/10309> (Stand: 26.4.2023)