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Muschenheim

Stadtteil · 160 m über NN
Gemeinde Lich, Landkreis Gießen 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

4 km südwestlich von Lich

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit regellosem Grundriß und dichter Gehöftanordnung auf einem nach Südwesten in das Tal der Wetter auslaufenden Feldrücken. Kirche mit hoher Kirchhofsmauer und überdachter, wehrhafter Toranlage am Nordosten-Rand des Ortes. In Dorfmitte dreiecksförmiger Platz.

Straße nach Arnsburg, Birklar, Bettenhausen und Trais-Münzenberg.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Butzbach/West – Grünberg ("Wettertalbahn I") (Inbetriebnahme der Strecke 28.3.1904) bis Stilllegung der Strecke am 27.5.1961.

Ersterwähnung:

750/802

Siedlungsentwicklung:

Megalithische Grabanlage "Heiliger Stein" am Nordwesten-Hang des Wetterbergkopfes über dem Wettertal und Grabhügelfeld im "Vorderwald auf einem flachen nach W. hin auslaufenden Geländerücken mit einer Kontinuität von der älteren Hügelgräberbronzezeit um 1600 von Chr. bis in die Spätlatènezeit im 1. Jahrhundert von Chr.; Römerkastell nordwestlich des Ortskerns.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa 785

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Älteste Gemarkungskarte:

1845-1856

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3485652, 5594362
UTM: 32 U 485583 5592564
WGS84: 50.484882° N, 8.796785° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

531011070

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 2285, davon 1602 Acker, 163 Wiesen, 430 Wald (Hof Güll: 954, davon 873 Acker, 30 Wiesen)
  • 1961 (Hektar): 781, davon 110 Wald

Einwohnerstatistik:

  • 1834: 575 Einwohner
  • 1885: 654 Einwohner
  • 1925: 702 Einwohner
  • 1939: 651 Einwohner
  • 1950: 1015 Einwohner
  • 1961: 874 Einwohner
  • 1830: 487 evangelische, 23 römisch-katholische Einwohner, 9 Juden. 1961: 708 evangelisch, 154 römisch-katholisch Einwohner
  • 1961 (Erwerbspers.): 214 Land- und Forstwirtsch., 187 Prod. Gewerbe, 35 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 30 Dienstleistung(en) und Sonstige

Diagramme:

Muschenheim: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 785: Wetterau
  • 1787: Fürstentum Solms-Braunfels, Herrschaft Münzenberg, Amt Hungen
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Souveränitätslande, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (zur Standesherrschaft Solms gehörig)
  • 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
  • 1841: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
  • 1874: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
  • 1979: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen

Altkreis:

Gießen

Gericht:

  • Ungebotenes Ding 1381 (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 1049)
  • 1423 ist das Gericht Muschenheim Teil des falkensteinischen Erbes des Hauses Solms und gelangt 1423 im Zuge der Solmser Teilung an Graf Bernhard von Solms (Solmser Urkunden 1 Nr. 915).
  • 1822: Landgericht Hungen, seit 1853: Landgericht, seit 1879: Amtsgericht Lich, seit 1934: Amtsgericht Gießen.

Herrschaft:

Bei der Teilung der Herrschaft Münzenberg unter den Söhnen Philipps von Falkenstein 1271 fällt das Gericht Muschenheim Werner von Falkenstein zu (Scriba, Bickenbach, S. 240-242 Nr. 14, Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 2 Nr.139). 1349 kauft das Marienstift zu Lich von Philipp der Ältere von Falkenstein-Münzenberg eine jährl. Gülte von 50 Pfd. Heller aus der Bede des Gerichts zu Muschenheim, Bettenhausen, Birklar und Wetter (Wiederkauf für 500 Heller) (Solmser Urkunden 1 Nr. 283). 1434 befreien die Brüder Graf Bernhard und Graf Johann von Solms sowie Gottfried und Eberhard von Eppstein die Höfe und Landsiedel des Kloster Arnsburg zu Muschenheim, Birklar, Bellersheim, Utphe, Münster, Holzheim, Eberstadt, Kolnhausen, Hof Güll von allen Diensten, Steuern, Beden mit Ausnahme der herkömmlichen Dienste (Solmser Urkunden 1 Nr. 1006).

Gemeindeentwicklung:

1.4.1953: Ausgliederung eines Gebietsteils zur Neugründung der Gemeinde Arnsburg

1971: Eingliederung nach Lich

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • Um 750/802 übertragen Ivo und seine Gattin Reginhilt Kloster Fulda Güter zu Muschenheim. 780/817 schenkt Gotefrit dem Kloster seinen Besitz in Muschenheim.
  • In den Jahren 774 bis 800 erhält Kloster Lorsch 5 Privatschenkungen am Ort (Codex Laureshamensis III Nr. 2946=3758b, 2986=3764a).
  • 1151 überträgt Konrad von Hagen dem neugegründeten Kloster Arnsburg die Kirche in Muschenheim.
  • 1261 bewittumt Philipp d. Ä. von Falkenstein seine Frau Isengard mit der Mühle zu Muschenheim (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 145).
  • 1267 verkaufen Philipp und Gisela von Falkenstein dem Kloster Eberbach ihre Güter zu Muschenheim (UB Eberbach II, 1 Nr. 408). - 1277 wird ein Streit zwischen Kloster Arnsburg und Gerlach von Muschenheim über Güter in Muschenheim, die Arnsburg zinspflichtig sind, in der Weise entschieden, daß der der Zins in Höhe von 5 Schillingen am Martinstag von dem Hof des Gen. Gerlachs an das Kloster geleistet wird, die anderen Zinse .... (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 156). 1302 überträgt Winter gen. Lyncenere von Muschenheim Arnsburg Einkünfte von einem halben Morgen zu Muschenheim. 1310 verkauft Winter gen. von Wölfersheim dem Vizepleban Hermann von Lich jährliche Einkünfte in Höhe von 2 Achtel Fruchtmaß und setzt dazu zum Unterpfand 6 Morgen Ackerland von seinen Gütern in Muschenheim. 1331 kauft Katharina, Tochter des verstorbenen Werner gen. von Muschenheim dem Hospital in Arnsburg jährlich Einkünfte von 5 Morgen Ackerland, von denen 1 Morgen bei dem Dorf Muschenheim liegt. 1343 verkauft Ritter Richard von Treis 1 Hufe Ackerl. In Muschenheim und Wetter. 1354 tauscht Dietrich von Muschenheim mit Arnsburg 2 Morgen Land, gelegen auf den Feldern von Muschenheim und Birklar gegen 2 Morgen Land an der sprechenden Burg.
  • 1354 gibt Kloster Hersfeld seine Einwilligung wegen des Zehnten zu Birklar. 1356 verkauft Heinrich Sturnell von Muschenheim Kloster Arnsburg eine Gülte und gibt zu Unterpfand 1 Morgen Land in der sprechenden Burg. 1357 erneuert Kloster Anrsburg die Landsiedelleihe zugunsten Dietrich Zentgrafs von Muschenheim über ein Gut ebd. 1369 verkauft Ritter Hartmut Huser von Hohenberg Arnsburg Äcker zu Muschenheim und Wetterfeld. 1376 verkauft Bruel von Weder Kloster Arnsburg Äcker im wedirfelt zu Muschenheim. 1390 verzichten Adelheid, Witwe des Ritters Werner Groppe zu Bellersheim, und ihr Sohn Gernand zugunsten Arnsburgs auf das Gut, gelegen auf dem Muschenheimer und Weder Feld, das die verstorbene Inkluse Else zu Muschenheim, Schwester und Tante der Vorgen., dem Kloster als Seelgerät vermacht hatten. Dafür erhält Gernand 70 Gulden vom Kloster als Geschenk (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 156, 303, 377, 623,706, 709, 823, 837, 846, 984, 1021, 1094). 1401 überträgt Philipp von Falkenstein die Mühle zu Muschenheim mit dem Bann über die Dörfer Muschenheim, Birklar und B. an Kloster Arnsburg (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 1978).
  • 1440 gibt Graf Johann V. von Solms den Gebr. von Bellersheim eine Hufe Landes zu Muschenheim (Uhlhorn, Grafen von Solms, S. 400); Neubelehnungen 1573-1781 (Solmser Urkunden 3 Nr. 3309 u.ö.). - Mühle: vgl. 1397 bekunden die Söhne des verstorbenen Gottfried Molner, daß ihnen die Herren von Falkenstein ihre Mühle zu Muschenheim in Bestand gegeben habe. 1438 bekundet Hermann Rockenberger, daß ihm Kloster Arnsburg seine Mühle unter dem Hl. Kreuzberg zu Landsiedelrecht geliehen habe (identische Mühlen?) (Solmser Urkunden 1 Nr. 584, 1071).

Zehntverhältnisse:

1237 verpfändet Ulrich I. von Münzenberg den Zehnten zu Muschenheim und Dorf-Güll an Kloster Arnsburg (Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 3 Nr. 55).

1282/83 ist der Zehnte zu Muschenheim eppsteinsches Lehen der Weise von Fauerbach.

1342 streiten sich Kloster Arnsburg und Ritter Werner von Muschenheim über den Novalzehnten im Kirchspiel Muschenheim, der dem Kloster zugesprochen wird.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

Pfarrzugehörigkeit:

Eingepfarrt: Bettenhausen (bis 1304), Birklar (bis 1316). Nach Einführung der Reformation zeitweise mit Birklar verbunden. 1681 Birklar mit M. äqualiter uniert; so auch 1900.

Patronat:

Herren von Hagen und Arnsburg; 1151 Kloster Arnsburg geschenkt; Schenkung später widerrufen (Baur, Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 129). 1255: Herren von Falkenstein, 1270 von diesen Kloster Arnsburg geschenkt; 1322 Arnsburg inkorporiert, das Kloster bis 1803 Patron; seit 1803 Gesamthaus Solms, seit 1811 Solms-Braunfels

Klöster:

  • Beginen 1341-1397 nachweisbar

Beginen:

Von 1341 bis 1397 sind Beginen (Klausnerinnen) nachgewiesen.

Diakonische Einrichtung:

Röschen, Beschreibung der evangelischen Pfarreien des Großherzogtum Hessen 1928 nennt eine Krankenschwester seit 1925; 1925 – 1946 Gemeindepflege, Krankenpflege durch Diakonissen des Elisabethenstift Darmstadt (Angaben basieren auf Mitteilungen des Zentralarchivs der EKHNZA in Darmstadt vom 01.07.2021)

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Antonius Schüler vor 1560

Reformierter Bekenntniswechsel: 1580er Jahre

Kirchliche Mittelbehörden:

15. Jahrhundert: Sendbezirk M. im Dekanat Friedberg, Archidiakonat St. Mariengreden zu Mainz

Juden:

1830: 9, 1905: 26 Juden. Der Friedhof diente auch den Juden aus Langsdorf als Begräbnisstätte. Er liegt an der Straße nach Trais. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

Schulmeister: Christoph Lisfeld bis 1576; 1910 Volksschule mit zwei Klassen, zwei alte Bauernhäuser als Schulhäuser

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Als Zubehör des Gerichts M. sind 1349 zu erschließen: M., Bettenhausen, Birklar und die Wüstung Wetter. Im 15. Jahrhundert gehörten zum Sendbezirk von M. Bettenhausen, Birklar

Wirtschaft:

1401 werden zum Bann der Mühle zu M. die Dörfer M., Birklar, Bettenhausen gerechnet (Scriba, Regesten Urkunden Hessen 2 Nr. 1906)

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Muschenheim, Landkreis Gießen“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/10402> (Stand: 8.3.2022)