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Klage der CDU-Landtagsfraktion gegen das Förderstufen-Abschlussgesetz, 28. Februar 1986

Die CDU-Fraktion des Hessischen Landtags und die vom Hessischen Elternverein ausgehende „Bürgeraktion Freie Schulwahl“ klagen beim Hessischen Staatsgerichtshof gegen das Förderstufen-Abschlussgesetz der rot-grünen Landesregierung vom 3. Juli 1985. Es sieht vor, an allen hessischen Schulen die Klassen 5 und 6 ab 1. August 1987 durch die obligatorische Förderstufe abzulösen. Elf-und zwölfjährige Schulkinder würden so im Anschluss an die Grundschule eine weitere zweijährige gemeinsame Pflichtausbildungsphase durchlaufen. Die Schulzeit an Haupt- und Realschulen sowie an Gymnasien würde sich entsprechend um zwei Jahre verkürzen und mit Eintritt in die Klasse 7 beginnen.

Die Kläger richten sich in ihrer Eingabe insbesondere gegen die in ihren Augen überstürzte Eile, mit der die Einführung einer „Zwangsförderstufe“ von der rot-grünen Landesregierung vorangetrieben werde: nach dem Willen des Hessischen Kultusministeriums soll noch 1986 in den Städten Kassel, Marburg und Wiesbaden sowie in den Landkreisen Marburg-Biedenkopf, Lahn-Dill und Werra-Meißner die obligatorische Förderstufe eingerichtet werden; ein Jahr früher, als es das Abschlussgesetz vorsieht. Die entsprechende Rechtsverordnung wurde ohne Rücksicht auf das zu erwartende Urteil des Staatsgerichtshofs verfügt.

Am 25. September 1986 verwirft das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine ebenfalls im Februar 1986 eingebrachte gemeinsame Verfassungsklage der Städte Frankfurt am Main und Fulda sowie des Landkreis Fulda und des Main-Taunus-Kreises mit der Begründung, dass der Gesetzgeber „mit der angegriffenen Regelung die seiner Gestaltungsfreiheit gesetzten Grenzen [...] nicht überschritten“ habe (zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.1986, S. 46).

Am 12. Februar 1987 erklärt schließlich auch der Hessische Staatsgerichtshof als zuständiges Verfassungsgericht das Gesetz für verfassungskonform und weist damit die Klage von fast 200.000 in Hessen wahlberechtigten Bürgern ab, die als Unterstützer der Kampagne der „Bürgeraktion Freie Schulwahl“ mit ihrer Unterschrift das Gesetz in einem Normenkontrollverfahren (gerichtliches Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit einer Rechtsnorm) angefochten haben.

Dennoch wird die Pflicht-Förderstufe in Hessen nicht Realität. Noch vor dem Stichtag ihrer Einführung zum 1. August 1987 stellt die im April 1987 neu gewählte schwarz-gelbe Landesregierung unter Walter Wallmann per Gesetz vom 2. Juni die freie Schulwahl wieder her. Damit kann in Hessen auch weiterhin die schulformbezogene Organisation der Jahrgangsstufen 5 und 6 neben die Gesamtschulen mit Förderstufen treten.
(KU)

Belege
Empfohlene Zitierweise
„Klage der CDU-Landtagsfraktion gegen das Förderstufen-Abschlussgesetz, 28. Februar 1986“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1518> (Stand: 28.2.2022)
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