Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Heinrich Carl Zölzer, Schulchronik von Buchenau, 1914-1919

Abschnitt 2: Petroleummangel, Spirituslampen, Kriegsalltag

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Als erste und schwer empfundene Begleiterscheinung des Krieges trat schon im Oktober 1914, als die Tage kürzer wurden, die Petroleumnot ein, die wohl alle Gegenden und Gemeinden gleichmäßig betraf, die noch kein elektrisches Licht oder Gas hatten. Es wurde nur noch die Hälfte des früheren Bedarfs gedeckt. Man half sich vorläufig noch mit Kerzen, und dann suchten die Leute wieder die alten, abgedankten Öllämpchen hervor. Die Petroleumnot war dann im nächsten Winter des Jahres 1915/16 noch empfindlicher, aber es wurde die Sache geregelter und gleichmäßiger. Es wurden der Ordnung wegen Petroleummarken ausgegeben. Jede Haushaltung erhielt zuerst monatlich 1 ½, später 2 l Petroleum. Damit mußte man auskommen. Zwar erhielten Bauern und Heimarbeiter kleine Zusätze, welche aber nicht ausreichten. Man mußte zu Ersatzmitteln greifen. Die kleinen Öllämpchen konnten keinen Ersatz mehr bieten, da Fettmangel eintrat. Auch der Kerzenverbrauch mußte aus gleichem Grunde eingeschränkt werden. Man griff nun zu Karbid- und Spirituslampen. Die Karbidlampen haben sich nicht gut bewährt. Sie waren so umständlich zu bedienen. Das Spirituslicht war sehr schön hell und angenehm, aber zu kostspielig. Zunächst wurde der Spiritus verhältnismäßig teuer (er stieg von 32 auf 72 Pf) und dann war die Anschaffung der Spirituslampen mit großen Kosten verknüpft. Man mußte entweder den Brenner seiner Petroleumlampe umformen lassen oder eine neue Lampe anschaffen. Sowohl die Brenner, als auch die Lampen beliefen sich auf einen hohen Preis. So z. B. kostete ein Brenner 10 M im Anfang, Lampen waren natürlich noch teurer. Als glücklich Brenner und Lampen beschafft waren, trat auch Spiritusknappheit ein. Doch es war nur vorübergehend. Die Behörde nahm die Regelung dieser Angelegenheit in die Hand. Aber schlimm war doch der Mangel an Beleuchtung in den Häusern, von dunklen Straßen ganz zu schweigen! Man kam oft in Häuser, wo die Leute um das offene Ofentürchen geschart saßen oder mit einem Kienspan das Zimmer notdürftig erleuchteten. Das einfachste Mittel, um die langen Winterabende zu überdauern, war natürlich, sich recht früh ins Bett zu legen. So konnte man dann schon in früher Abendstunde, [S. 27] wo sonst im Dorfe noch reges Leben herrschte, eine Totenstille beobachten und alles in tiefes Dunkel gehüllt sehen.


Personen: Zölzer, Heinrich Carl
Orte: Buchenau
Sachbegriffe: Petroleum · Petroleummangel · Spiritus · Spirituslampen · Karbidlampen
Empfohlene Zitierweise: „Heinrich Carl Zölzer, Schulchronik von Buchenau, 1914-1919, Abschnitt 2: Petroleummangel, Spirituslampen, Kriegsalltag“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/20-2> (aufgerufen am 28.03.2024)