Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Klaus Wiedemann, Der Erste Weltkrieg aus der Sicht eines Kasseler Oberschülers, 1914-1918

Abschnitt 15: Kartoffelversorgung und Schweinezucht

[37-38] [S. 37]
Aber kurz vor der Ernte machte sich die Kartoffelknappheit so bemerkbar, daß die Kartoffelkarten eingeführt werden mußten. Zuerst gab es 10 Pfund, später aber nur 5, ja in manchen Groß- und Industriestädten nur 3P. Zwar gaben die einzelnen Städte Hülsenfrüchten und Mehlkarten. Aber trotzdem wurden die Leute nicht mit der Menge fertig. Als nun wieder die neuen Kartoffeln kamen, waren die Kartoffelknappheit gehoben. In Friedenszeiten war Deutschland das erste Zuckerland der Welt. Da wir aber wollständig auf uns angewiesen sind, so bauen wir nicht mehr soviel Zucker an , aber an dessen Stelle Getreide und Kartoffeln. Damit nun nicht soviel Zucker verbraucht wurde, führte der Staat Zuckerkarten ein, und zur Einmachezeit gab es für die Person noch besonders Zucker. Der Fleischverbrauch ist in Deutschland größer gewesen, wie in anderen Ländern. Wir bezogen aus dem Außland noch viel Vieh, besonders viel Rinder aus Dänemark und Holland. Das Land, welches die meisten Schweine züchtete war Deutschland. Um die vielen Schweine zu erhalten, oder gar fett zu machen, mußten sie mit Kartoffeln oder gar (Fett) Korn gefüttert werden. Das dieses unseren Kartoffelbestand verringert hätte, so sah sich die Regierung veranlalaßt, die Schweine mit Futtermitteln, wie Küchenabfallen und Schlempe [S.38] die nicht für die menschliche Nahrung genießbar sind. Aber mit diesem Futter konnten nicht die große Menge von Schweinen gehalten werden. Der Staat sah sich so veranlaßt, viele Schweine zu schlachten. Das Fleisch wurde teils zu Dauerware umgearbeitet, aber auch zum Teil in Gefrierhäusernen aufbewahrt, und dann nach und nach der Bevölkerung abgegeben. Unser Obst und Gemüsebau leidet überhaupt keinen Schaden durch den Krieg, vorausgesetzt wir nutzen jedes Plätzchen was uns zur Verfügung steht aus.


Faksimile: Vorschau Vorschau
Personen: Wiedemann, Klaus
Orte: Deutschland · Holland · Dänemark
Sachbegriffe: Kartoffelversorgung · Schweinezucht · Kartoffel · Getreide · Zucker · Fette · Großstädte · Mehlkarten · Schweine · Fleisch · Industriestädte · Küchenabfälle · Kriege · Obst · Dauerwaren · Gemüsebau · Patronenhülsen
Empfohlene Zitierweise: „Klaus Wiedemann, Der Erste Weltkrieg aus der Sicht eines Kasseler Oberschülers, 1914-1918, Abschnitt 15: Kartoffelversorgung und Schweinezucht“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/13-15> (aufgerufen am 23.04.2024)