Hessische Biografie
Weitere Informationen
GND-Nummer
100455840
Hessen-Darmstadt, Ernst Ludwig Landgraf von [ID = 1335]
- * 15.12.1667 Gotha, † 12.9.1739 Jägersburg bei Einhausen Jagdhaus, evangelisch-lutherisch
Komponist, Liederdichter - Wirken ↑
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Werdegang:
- 1678 unter der Regentschaft seiner Mutter Thronerbe
- die Mutter regiert zusammen mit dem Regierungspräsidenten Weiprecht von Gemmingen-Hornberg, der diese Funktion bis zu seinem Tod 1702 behielt
- 1688 Übernahme der selbständigen Regierung
- wegen der französischen Kriege Verlagerung des Hofs und der Verwaltung in die Festungsstadt Gießen
- 1697 neuer gesamthessischer „Haus-Receß“
- verbesserte „Armierung“ der Landgrafschaft unter anderem durch Aufbau des Schrautenbach'schen Grenadier-Regiments und eines Reiterregiments unter dem Oberst Johann Rudolf von Pretlack
- 1695 Beginn der Anlage der „Neuen Vorstand“ in Darmstadt, Ansiedlung der Waldenser
- 1698 Friedensjubelfest
- 1705 Reisen
- 1709 Ausbau der älteren Reithalle zum Opernhaus
- 1708ff Errichtung der Orangerie in Bessungen
- 1715/16 Beginn des Neubaus des Schlosses durch Louis Remy de la Fosse
- 1720 mangels Finanzierung Baustopp, Aufgabe der Jagd und des Theaterbetriebs
- Engagement von alchimistischen „Goldmachern“
- 1738 landesweite Feiern zum 50jährigen Regierungsjubiläum
- hinterließ bei seinem Tod in der Staatskasse vier Millionen Gulden und in der Kabinettskasse 2 Millionen Gulden Schulden
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Werke:
- Zehn Spielstücke. [S.l.]: Heinrichshofen, 1964.
- Leichte Suite in A-Dur. [S.l.]: Karl Heinrich Möseler, 1954, Partitur, Stimmen.
- Familie ↑
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Vater:
Hessen-Darmstadt, Ludwig VI. Landgraf von, * Darmstadt 25.1.1630, † Darmstadt 24.4.1678
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Mutter:
Sachsen-Gotha, Elisabeth Dorothea Landgräfin, 1640-1709
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Partner:
- Brandenburg-Ansbach, Dorothea Charlotte Prinzessin von, * Ansbach 18.11.1661, † Darmstadt 15.11.1705, Heirat Darmstadt 1.12.1687, GND
- Epstein, Louisa Sophia Gräfin von, * 11.9.1690, † Rauschenberg 12.1.1751, Heirat morganatisch Darmstadt 20.1.1727, geb. Spiegel zum Desenberg, seit 1735 Gräfin von Epstein, sie verheiratet I. 1707 mit Franz Christoph Graf von Freyen-Seyboltstorff, 1663–1725, Kurbayerischer Feldmarschall-Lieutenant, Tochter des Hermann Wilhelm Spiegel zum Desenberg, Hessen-Kasselischer General der Kavallerie, Oberforst- und Oberjägermeister, und der Clara Anna Helena von Hornberg
- Forstner, Charlotta (Carolina) Louisa von, * Stuttgart 25.4.1686, † Arheilgen 14.11.1727, Hofdame der Prinzessin Dorothea Sophia von Hessen-Darmstadt, 1710/11 Affaire mit dem Landgrafen, verheiratet Heilbronn 6.5.1719 mit Georg Alexander von Stauff, Tochter des Heinrich Friedrich Forstner von Damberoy, Herzoglich-Württembergischer Geheimer Rat und Obervogt zu Urach, und der Claudia Maria von Lützelburg
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Verwandte:
- Hohenlohe-Öhringen, Dorothea Sophia Gräfin zu <Tochter>, 1689-1723
- Hessen-Darmstadt, Ludwig VIII. Landgraf von <Sohn>, 1691–1768, 1739 regierender Fürst in Hessen-Darmstadt
- Hessen-Darmstadt, Carl* Wilhelm Prinz von <Sohn>, 1693–1707, Obrist des Kreisregiments in Landau
- Hessen-Darmstadt, Franz Ernst Landgraf von <Sohn>, 1695 Gießen-1716
- Hessen-Kassel, Friederike Charlotte* Landgräfin von <Tochter>, 1698-1777
- Epstein, Louisa* Charlotta Gräfin von <Tochter>, 1727–1753
- Pretlack, Friederike Freifrau von <Tochter>, 1730-1770
- Hohenstein zu Fürstenfeld, Friedrich* Carl* Ludwig <natürlicher Sohn>, * 1711
- Württemberg, Magdalena Sibylla Herzogin von <Schwester>, 1652-1712
- Sachsen-Römhild, Maria Elisabeth Herzogin von <Schwester>, 1656-1715
- Hessen-Darmstadt, Ludwig VII. Landgraf von <Bruder>, 1658-1678
- Sachsen-Eisenberg, Sophia Maria Herzogin von <Schwester>, 1661-1712
- Hessen-Darmstadt, Georg Landgraf von <Bruder>, 1669-1705
- Oettingen, Sophia Louisa Fürstin zu <Schwester>, 1670-1758
- Hessen-Darmstadt, Philipp Landgraf von <Bruder>, 1671-1736
- Hessen-Darmstadt, Heinrich Landgraf von <Bruder>, 1674-1741
- Hessen-Homburg, Elisabeth Dorothea Landgräfin von <Schwester>, 1676-1721
- Hessen-Darmstadt, Friedrich Landgraf von <Bruder>, 1677-1708
- Nachweise ↑
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Literatur:
- Neue deutsche Biographie, Bd. 4, Berlin 1959, S. 612 f. (Friedrich Knöpp)
- K. Knetsch, Das Haus Brabant, Darmstadt (1918), S. 307 f., 317 f.
- Franz, Das Haus Hessen. Ein biographisches Lexikon, Darmstadt 2012, Nr. HD 29, S. 295 f. (Eckhart G. Franz)
- Stadtlexikon Darmstadt, Stuttgart 2006, S. 214 f. (Eckhart G. Franz)
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Bildquelle:
Hessisches Staatsarchiv Darmstadt R 4 Nr, 854. - Gemälde von Johann Christian Fiedler, 1730, Schlossmuseum Darmstadt.
- Leben ↑
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Mit dem Tod ihres Stiefsohns, der den erst zehnjährigen Ernst Ludwig im Sommer 1678 zum Thronerben machte, übernahm dessen Mutter, Landgräfin Elisabeth Dorothea, Erziehung und Vormundschafts-Regierung. Sie hat diese Aufgabe mit Unterstützung des zum Verwaltungschef berufenen Weiprecht von Gemmingen-Hornberg (1642–1702) umsichtig gemeistert. Gemmingen behielt seine Funktionen als Präsident des Geheimen Rats und der Rentkammer auch nach der Übernahme der Regierung durch Ernst Ludwig 1688. Das Folge-Jahrzehnt war belastet durch den Französisch-Pfälzischen Krieg, die notwendige Verlagerung des Hofs in die Festungs- und Universitätsstadt Gießen. Die damit gegebene räumlichen Nähe kam allerdings der freundschaftlichen Annäherung zum wenig älteren Kasseler Vetter Landgraf Karl zugute, die 1697 zu einem in Gießen unterzeichneten neuen gesamthessischen „Haus-Recess“ führte. Folge der Kriegserfahrung war die verbesserte „Armierung“ Hessen-Darmstadts mit der Errichtung des von Schrautenbach’schen Grenadierregiments und des Reiterregiments unter Oberst Johann Rudolf von Pretlack (1668–1737).
Die zum Landesausbau geplanten Maßnahmen, die schon 1695 begonnene Anlage der „Neuen Vorstadt“ in der Residenz Darmstadt und die Ansiedlung der hugenottischen „Waldenser“, konnten erst nach dem 1698 gefeierten „Friedensjubelfest“ voll anlaufen, wurden aber schon wenige Jahre später durch den Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs erneut unterbrochen. Die Jahre nach dem Tod der Landgräfin Dorothea 1705 nutzte Ernst Ludwig zu ausgedehnten Reisen, mit denen die 1685/86 aus Kostengründen verkürzte Bildungstour nachgeholt wurde. Auswirkungen des auch in Darmstadt wirksamen barocken „Bauwurms“ waren der 1709 begonnene Ausbau der älteren Reithalle zum Opernhaus durch den dazu aus Hannover abgeworbenen französischen Architekten Louis Remy de la Fosse († 1726), die Errichtung einer Reihe neuer Jagdhäuser für die 1708 eingeführte Parforce-Jagd, die Orangerie-Anlage im Vorort Bessungen und der nach schwerem Brandschaden 1715/16 in Angriff genommene, ambitiöse Neubau des Residenz-Schlosses. Die Verweigerung weiterer Steuerbewilligungen durch die Landstände zwang zu Beginn der 1720er Jahre zur weitgehenden Stilllegung des Bauwesens, so dass vor allem das Schloss für fast ein Jahrhundert Bauruine blieb, aber auch zur Aufgabe der Jagd wie des kostspieligen Theaterbetriebs. Die vergeblichen Versuche des Landgrafen, sich durch das Engagement von alchimistischen „Goldmachern“ oder ein dubiöses Goldmünzen-Projekt des „Jud Süß“ Oppenheimer zusätzliches Geld zu beschaffen, dokumentieren die ausweglose Lage. Die morganatische Zweit-Ehe des seit mehr als zwei Jahrzehnten (abgesehen von diversen kurzzeitigen Amouren) allein lebenden Landgrafen mit der ebenfalls verwitweten Louise Spiegel zum Desenberg hat der Popularität Ernst Ludwigs offenbar keinen Abtrag getan. Zu den landesweiten Feiern zum 50. Regierungsjubiläum 1738 gehörte auch der öffentliche Dank der Judenschaft für die von Ernst Ludwig gewährte Toleranz. Nach dem Tod des Landgrafen im Folgejahr ergab die Rechnungslegung der Staatskasse ein für die Nachfolger belastendes Schuldenloch von vier Millionen Gulden; dazu kam ein weiteres Minus von zwei Millionen in der Kabinettskasse.
Eckhart G. Franz
(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 295 f.)
- Zitierweise ↑
- „Hessen-Darmstadt, Ernst Ludwig Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/100455840> (Stand: 12.9.2024)