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Hessische Biografie

Portrait

Bertha Pappenheim
(1859–1936)

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Pappenheim, Bertha [ID = 3985]

* 27.2.1859 Wien, † 28.5.1936 Frankfurt am Main, jüdisch
Frauenrechtlerin, Schriftstellerin, Sozialpolitikerin
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Pseudonym(e):

Berthold, Paul

Wirken

Werdegang:

  • vor 1888 Krankenpflegekurs des Badischen Frauenvereins in Karlsruhe
  • 1888 in Frankfurt am Main
  • wohltätige Arbeit innerhalb der jüdischen Gemeinde Frankfurts
  • Vorstandsmitglied im Bund deutscher Frauenvereine
  • ab 1895 Leiterin der der Israelitischen Mädchenwaisenanstalt in Frankfurt am Main
  • 1902 Gründung des Vereins „Weibliche Fürsorge“ mit Henriette Fürth (1861-1938) in Frankfurt am Main
  • 1904 Gründung des reichsweiten „Jüdischen Frauenbundes“
  • 1907 Gründung eines Heimes des Jüdischen Frauenbundes für schwangere ledige Frauen in Neu-Isenburg
  • 1914 Präsidentin des „Weltbundes Jüdischer Frauen“
  • 1917 Mitarbeiterin der „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“
  • 1914-1924 Mitglied des erweiterten Vorstandes des Bundes Deutscher Frauenvereine

Werke:

Familie

Vater:

Pappenheim, Siegmund

Mutter:

Goldschmidt, Recha

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

anonym, Pappenheim 1882, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons (beschnitten)

Leben

Bertha Pappenheim erkrankte 1880 schwer und der behandelnde Arzt Josef Breuer diagnostizierte zunächst „Hysterie“. Ihr Fall erlangte dadurch zweifelhafte Berühmtheit, dass Sigmund Freud die Krankheitsgeschichte unter dem Fallnamen „Frl. Anna O.“ veröffentlichte, die Anonymität jedoch nicht lange gewahrt blieb. Der Gesundungsprozess nahm einige Jahre in Anspruch. 1888 übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach Frankfurt, woher die Mutter stammte.

Sie wurde literarisch tätig, veröffentlichte zunächst Märchen und Geschichten, später aber auch Artikel zu Frauenrechten und zum Theater. Insbesondere setzte sie sich für die soziale Lage der jüdischen Bevölkerung ein. Unter ihrem Pseudonym Paul Berthold übersetzte sie mit dem Buch Vindication of the Rights of Women von Mary Wollstonecraft (deutsch: Eine Verteidigung der Rechte der Frauen, Dresden/Leipzig, 1899) einen Klassiker der Frauenbewegung ins Deutsche. In Frankfurt kam sie zunehmend mit der organisierten Frauenbewegung in Kontakt und setzte sich besonders für jüdische Frauen ein. 1890 arbeitete sie zunächst in einer Suppenküche für Ostflüchtlinge mit. 1895 übernahm sie die Leitung eines jüdischen Waisenhauses, 1902 gründet sie mit Henriette Fürth die „Weibliche Fürsorge“ in Frankfurt, 1904 ebenso den reichsweiten Jüdischen Frauenbund, für den sie an zahlreichen internationalen Frauenkongressen teilnahm und deren Vorstzende sie 20 Jahre lang war. In Neu-Isenburg gründete sie 1907 ein Heim für schwangere und „gefährdete“ Mädchen, das in der Pogrom-Nacht 1938 verwüstet und angezündet wurde1 Ein großer Teil ihres Vermögens floss in ihr sozial-karitatives Engagement. 1914 wurde sie in Rom zur Präsidentin des von ihr initiierten Weltbundes Jüdischer Frauen gewählt. Seit 1917 war sie eine der führenden Mitarbeiterinnen der „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“, seit dem Ersten Weltkrieg (bis 1924) Mitglied des erweiterten Vorstandes des Bundes Deutscher Frauenvereine.

Bertha Pappenheims sozial-fürsorgerisches Engagement konzentriert sich seit der Jahrhundertwende auf die Verbesserung der sozialen Lage der jüdischen Bevölkerung, insbesondere der Juden in Galizien, und den Schutz der Frauen vor Prostitution und Mädchenhandel. Sie ist neben Hanna Bieber-Böhm, Helene Stöcker, Lida Gustave Heymann, Anna Pappritz, Gertrude Guillaume-Schack eine der führenden Mitstreiterin der Sittlichkeitsbewegung der Jahrhundertwende.

Laura Schibbe


  1. Siehe Wolf-Arno Kropat, Kristallnacht in Hessen, Der Judenpogrom vom November 1938 (Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen X), 1988, S. 187.
Zitierweise
„Pappenheim, Bertha“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/118816292> (Stand: 28.11.2023)