Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

South Hessian Dictionary

Description


Das Südhessische Wörterbuch



Im Jahre 1925 wurde von der Historischen Kommission für Hessen die Anregung gegeben, ein „Odenwälder Wörterbuch“ zu schaffen. Es sollte innerhalb der deutschen Wörterbuchlandschaft die bestehende Lücke in Süddeutschland schließen und die beiden südlichen Provinzen des ehemaligen Großherzogtums Hessen und nunmehrigen Volksstaates Hessen, Starkenburg und Rheinhessen, erfassen.

Die vorbereitenden Arbeiten zur Sammlung des mundartlichen Wortschatzes übernahm Friedrich Maurer, Germanist an der Universität Gießen. Er begann, in Aufrufen und Vorträgen für das neue Unternehmen zu werben, und fand freiwillige Mitarbeiter in der Bevölkerung. In den Jahren 1927 bis 1934 verschickte die Gießener Kanzlei monatlich einen Fragebogen, Wort- und Sachfragen jeweils im Wechsel. Die rund 100 Fragebögen umfassten auch Sonderbereiche wie Weinbau, Wald- und Forstwirtschaft, Tabakanbau, Maurerhandwerk und Wagen und Pflug.

Unter Maurers Nachfolgern Friedrich Stroh (1931-1937) und Alfred Götze (1937-1945) lähmten die Weltwirtschaftskrise und der 2. Weltkrieg die Auswertung des gewonnenen umfangreichen Materials.

Eine dritte Epoche in der Geschichte des Südhessischen Wörterbuchs begann im Jahre 1948 mit der Übernahme der Sammlung durch Rudolf Mulch. Neben seiner Tätigkeit im Schuldienst widmete er sich der Ordnung des Materials und einer ergänzenden Materialerhebung in den Jahren 1956-1964. 1972 erfolgte die Pensionierung von Rudolf Mulch; ein Jahr später übernahm sein Sohn Roland Mulch die Leitung der Arbeitsstelle [siehe auch → Die Geschichte des Südhessischen Wörterbuchs in Band 6 der Druckausgabe].

Das Südhessische Wörterbuch erschien in den Jahren 1965-2010 in sechs Bänden. Verlegt wurde es von N.G. Elwert Marburg bzw. der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt. Das Gesamtwerk umfasst insgesamt 10.096 Spalten Text und 675 laut- oder wortgeographische Karten. Die Bände I und II wurden bearbeitet von Rudolf Mulch, III und IV von Rudolf und Roland Mulch, V und VI von Roland Mulch. Eine populäre Kurzfassung ist das Bändchen „Mer schwätze, wie uns de Schnawwel gewachse iß. Kleines Südhessisches Wörterbuch“. Bearbeitet von Roland Mulch. Darmstadt 2004.

Konzeptionell handelt es sich beim Südhessischen Wörterbuch um ein wissenschaftliches Großraumwörterbuch der dialektalen und regionalsprachlichen Lexik des südhessischen Sprachraums mit alphabetischer Anordnung der Stichwörter und einem an der Schriftsprache orientierten Lemmaansatz.

Der Darstellungstyp Dialektwörterbuch beschränkt sich nicht nur auf die grammatischen Aspekte Lexik und Semantik. Da die einzelnen Wörter innerhalb eines Wortartikels in der lautgetreuen Form wiedergegeben werden und häufig auch im syntaktischen Kontext stehen, kann ein Dialektwörterbuch darüber hinaus in beschränktem Maße auch Hinweise für phonetische Fragen und bei wortsyntaktischen Problemen bieten. Die wichtigsten Teile eines Artikels sind das Stichwort, die grammatischen Angaben, die Lautvarianten in Laienschreibung, die geographische Verbreitung, die Bedeutungserklärung(en) und ausgewählte Beispielsätze. Mitunter finden sich Verweise auf Ableitungen und Zusammensetzungen, die mit dem Lemma eine dialektale Wortfamilie bilden.

Das Hauptanliegen des Südhessischen Wörterbuchs ist das Aufdecken und Inventarisieren semantischer Unterschiede zwischen Hochsprache und südhessischen Dialekten innerhalb des Wortschatzes. Die heutigen großlandschaftlichen Mundartwörterbücher, wie etwa das Rheinische Wörterbuch oder auch das Pfälzische Wörterbuch, bearbeiten in der Regel ein größeres, historisch und sprachgeographisch zusammengehöriges Gebiet. Die Belege stammen dabei aus verschiedenen Orten des Bearbeitungsraumes. Daher ist die Arbeitsweise eines Dialektwörterbuchs diatopisch, d.h. wortgeographisch.

Das Südhessische Wörterbuch bietet den gesamten Wortschatz des Arbeitsgebietes aus dem Ende des 19. und den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Es beruht auf den Beiträgen einer großen Zahl von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus allen Kreisen der Bevölkerung, vornehmlich der Lehrerschaft in den ehemals hessen-darmstädtischen Provinzen Starkenburg und Rheinhessen. Freie Wortsammlungen, die teilweise bis in das Jahr 1865 zurückreichen, wurden ergänzt durch das Material von ca. 100 Fragebögen. Die schriftlichen Bestände wurden bereichert durch Tonbandaufnahmen und überprüft durch direkte Befragung vor Ort. Das südhessische Mundartarchiv umfasst etwa 1,5 Millionen Zettelbelege; es wurde nach Abschluss der Publikation an das Staatsarchiv Darmstadt abgegeben.

Um die Benutzung zu erleichtern, wird der Wortschatz in striktalphabetischer Reihenfolge, nicht in etymologischen Gruppen dargeboten. Das Wort lebt nur im Satz: typische Beispielsätze, Sprichwörter und Redensarten lassen es im Zusammenhang erscheinen. Volksrätsel, Kinderreime und Volkskundliches runden das Bild ab. Innerhalb der Basisdialekte spielen die Fachwortschätze der wichtigsten Gewerbezweige des Untersuchungsraums eine wichtige Rolle, beispielsweise des Weinbaus, der Maurersprache, der Holz- und Steinhauerei sowie der Eichenschälwirtschaft. Manche Erklärungen zu sach- und volkskundlichen Wörtern dokumentieren die inzwischen untergegangene Lebens- und Arbeitswelt früherer Zeiten. Material aus der Namenüberlieferung (Personen-, Orts- und Flurnamen) wird nur sporadisch berücksichtigt.

Besonderen Wert legt der Bearbeiter auf die Synonymie. Unter bestimmten Leitwörtern werden die oft sehr zahlreichen Ausdrücke gleicher oder ähnlicher Bedeutung aufgeführt. Bei den einzelnen Wörtern stehen Hinweise auf das Synonymenleitwort. Im sechsten Band des Gesamtwerkes finden sich auf 84 Seiten „Hinweise zur mundartlichen Synonymie“. Im Gegensatz zur alphabetischen Präsentation der Wörterbuchartikel möchten diese Hinweise Zusammenhänge aufzeigen, die vor allem für die diatopische, aber auch für die diastratische und diaphasische Untersuchung des Dialektwortschatzes von Interesse sind.

Wo sich sinn- und sachverwandte Wörter areal abgrenzen lassen, werden laut- oder wortgeographische Karten nach dem Vorbild des Deutschen Sprachatlas oder des Deutschen Wortatlas gezeichnet. Die insgesamt 675 Karten in den sechs Bänden des Südhessischen Wörterbuchs dienen dazu, für eine bestimmte Sache die regional unterschiedlichen Bezeichnungen abzubilden.

Roland Mulch


Zur Online-Ausgabe des Südhessischen Wörterbuchs

Für die Arbeit mit der Online-Ausgabe des Südhessischen Wörterbuchs wurden mehrere Zugänge geschaffen, die unterschiedlichen Nutzungsbedürfnissen bzw. -szenarien Rechnung tragen. So sollte es möglich sein:

  1. mithilfe einer Schnellsuche nach beliebigen Stichwörtern bzw. Lemmata zu suchen;
  2. über die Eingabe von Band- und Spalten- bzw. Wortkartennummer gezielt eine Stelle im Wörterbuch anzuwählen (um Verweisen, Referenzen usw. nachgehen zu können);
  3. eine vollständige Liste aller Lemmata durcharbeiten;
  4. die gesamte Buchstabenstrecke bzw. beliebige Abschnitte ohne Bandwechsel durchzusehen;
  5. die einzelnen Bände wie im gedruckten Original zu benutzen.

Zu 1.: Für die Recherche nach Stichwörtern wurde die → Einfache Suche eingerichtet, die zugleich den Standard-Zugang zum Südhessischen Wörterbuch online darstellt. Um innerhalb der digitalisierten Wörterbuchseiten suchen zu können, wurden die Kopfzeilen der sechs Bände datenbankgestützt erfasst. Geben Sie einfach den gesuchten Begriff ein; als Ergebnis wird immer die erste Seite im Wörterbuch angezeigt, deren Kopfzeile jene Buchstabenstrecke bezeichnet, der auch der Suchbegriff alphabetisch zuzuordnen ist. Beachten Sie bitte, dass der abschließende Band 6 Nachträge und Ergänzungen enthält. Sind solche für die auf der angezeigten Seite behandelte Buchstabenstrecke vorhanden, wird entsprechend darauf hingewiesen: → Nachträge, Ergänzungen, Wortkarten.

Zu 2.: Um gezielt eine beliebige Stelle innerhalb der sechs Bände des Südhessischen Wörterbuchs ansteuern zu können, nutzen Sie den mit → Blättern bezeichneten Zugang. Er wurde geschaffen, um Nachweise der Form → SHW Bd. 3 Sp. 875 schnell und direkt aufrufen zu können. Geben Sie einfach die zugehörigen Angaben in die betreffenden Formularfelder oberhalb der Seitenanzeige ein. Auch die → Nachträge und Ergänzungen bzw. die → Wortkarten können mithilfe dieses Zugangs gezielt angesteuert werden.

Zu 3.: Die vollständige Liste aller Lemmata ist in Form der sogenannten → Registersuche realisiert. Geben Sie als Suchbegriff das gesuchte Lemma, seinen Anfangsbuchstaben oder eine beliebige Anzahl von Zeichen ein, um an die betreffende Stelle in der Liste – d. h. im Register – zu gelangen. Um den → Anfang des Registers aufzurufen, können Sie das Suchformular auch leer absenden. Nutzen Sie zum Navigieren die Pfeil-Schaltflächen oberhalb des angezeigten Ausschnitts. Dort steht Ihnen auch das Formularfeld für die Eingabe eines Suchbegriffs zur Verfügung, so dass es möglich ist, schnell eine andere Stelle im Register aufzuschlagen. Lemmata, die im Nachtragsteil behandelt werden, sind durch einen entsprechenden Zusatz gekennzeichnet.

Zu 4.: Unabhängig davon, welchen der unter 1., 2. und 3. genannten Zugänge Sie wählen: vom angesteuerten Einstiegspunkt aus kann mithilfe der Pfeil-Schaltflächen, die Sie ebenfalls oberhalb der Seitenanzeige finden, vorwärts und rückwärts durch die gesamte Buchstaben- bzw. Nummernstrecke navigiert werden. Ein Bandwechsel ist nicht erforderlich.

Zu 5.: Der über den Menüpunkt → Einzelbände erreichbare Zugang erlaubt eine Nutzung, die weitestgehend der des gedruckten Originals entspricht. Wählen Sie den gewünschten Band, um alle zugehörigen Digitalisate in der Reihenfolge der analogen Vorlage mithilfe des DFG-Viewers aufrufen zu können. Er erlaubt ein stufenloses Skalieren der Digitalisate über das Mausrad. Auch das Verschieben des angezeigten Ausschnittes kann mithilfe der Maus geschehen. Ein optional ein- bzw. auszublendendes Inhaltsverzeichnis ermöglicht ein schnelles Orientieren und Navigieren.


Danksagung

Das Hessische Institut für Landesgeschichte dankt dem → Breuberg-Bund und der → Hessischen Historischen Kommission Darmstadt herzlich für die großzügige Förderung der Aufbereitung des Südhessischen Wörterbuchs für die Veröffentlichung in LAGIS. Dank gebührt auch Petra Barth, Philipp Meyer zu Ermgassen, Simon Göllner und Ines Klier für ihre Unterstützung bei der Erstellung der Datenbank, die der Online-Ausgabe des Wörterbuchs zugrunde liegt, sowie Dr. Thomas Burch, Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften (Trier), für die Einbindung des Südhessischen Wörterbuchs in das Portal → Wörterbuchnetz.


Kontakt

Dr. Roland Mulch
E-Mail: Roland.Mulch@gmx.de

Hessische Historische Kommission Darmstadt
Haus der Geschichte
Karolinenplatz 3
D-64289 Darmstadt
E-Mail: hiko@haus-der-geschichte.com