Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

wohl 1493 Februar 16

Brief Wilhelms III. an Lorenz von Bibra

Regest-Nr. 10416

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Konzept: Staatsarchiv Marburg, Bestand 2, Kasten 43, Geistliche Sachen (früher: Samtarchiv Akten, Schublade 7 Nr. I, 65). Papier, beidseitig beschrieben, wegen Moderschäden bei Restaurierung eingebettet.
Regesten: Eckhardt, Die oberhessischen Klöster 3, 1, S. 664 f. Nr. 937.
Regest
(Landgraf) Wilhelm (III. von Hessen) schreibt an seinen "würdigen lieben Rat und Getreuen" Lorenz von Bibra, er habe vernommen, daß er, Lorenz, von des Landgrafen Onkel (vetter) (dem Erzbischof Hermann) von Köln in Botschaftsweise an den Papst nach Rom geschickt worden sei. Er, Wilhelm, habe vormals durch Lorenz' Bruder, den verstorbenen Wilhelm von Bibra und andere Privilegien von dem Legaten, der am nächsten in der Deutschen Nation gewesen war, etliche Mönchs- und Nonnenklöster seines Fürstentums zu reformieren, erworben und eine Bestätigung von dem kürzlich (1492 Juli 25) verstorbenen Papst (Innozenz VIII.) allein für die Nonnenklöster und nicht für die Mönchsklöster, für die ihm doch die Konfirmation am nötigsten gewesen wäre, erlangt. Nun wolle er aber nicht gerne davon ablassen und alle Mühe und Kosten vergeblich aufgewendet haben. Er wolle daher die für seine Klöster gemäß beigefügter Kopie erlangten Privilegien über seine, des Lorenz, gute Förderer erlangen (erobern). Daher trägt er ihm auf (begern darumbe an uch gutlich), sich zum Papst nach Rom zu begeben und eine entsprechende Bestätigung in Form einer Bulle (in bullen weiße) mit Rat und Hilfe seiner Herren und guten Freunde zu erlangen. In dieser solle aber klar ausgedrückt sein, daß die Paulina oder Bulle der Eintracht Papst Pauls II. dem nicht entgegenstehe, sondern vollständig abgeschafft werde und daß dieses von Wort zu Wort mit anderen Klauseln, die dazu nötig seien, dargelegt werde. Fehlten diese Klauseln und Worte, so könne er kein Barfüßerkloster reformieren lassen. Was Lorenz hierfür an Kosten aufwenden müsse, möge er vorläufig auslegen und borgen, er, Wilhelm, wolle es ihm gütlich wiedergeben und ihm gebührlich lösen.
Datum.
Von derselben Hand stammen zwei weitere undatierte Konzeptzettel, die vermutlich ebenfalls für Lorenz von Bibra gedacht waren und wohl am selben Tag als Ergänzung geschrieben wurden:
Er möge nach Herrn Johann Blanckebillen, Pastor in Reck(rod) (?), Lizentiat in der hl. Schrift, dem vormals dieser Handel der Reformation durch den Suffragan (suffragien) des Erzbischofs von Köln befohlen worden war, und nach Magister (bzw. Meister) Andreas Venrad fragen. Den beiden sei ein Wechselbrief von dem gen. Suffragan übergeben worden. Sie hätten vormals viel Fleiß darin aufgewandt und wüßten um den Stand der Dinge. An die solle er sich wenden, damit sie ihm hülfen, die Sache zu dem begehrten guten Ende zu bringen.
Datum ut in litteris.
Auf dem anderen Zettel heißt es:
Er (der Landgraf) habe auch an den hl. Vater, den Papst, geschrieben und ihn gebeten, ihm in diesem seinen guten Vornehmen zu willfahren und sich auf sein (des in dem Konzept Angesprochenen) Anregen darin gutwillig zu erweisen. Desgleichen habe er dem Kardinal (Julian) ad Vincula als Protektor des Barfüßerordens geschrieben und ihn gebeten, die Dinge zur Ehre Gottes zu befördern. Diese Schriften schicke er ihm in Treuen hiermit zu; sie sollten für die Sache nicht undienlich sein. Wenn er mehr Zeit gehabt hätte, hätte er auch andere seiner Herren und Freunde veranlaßt (vermucht), gleichermaßen für sich (uns) zu schreiben. Er, der Beauftragte, möge umso tieferen und hitzigeren Fleiß verwenden, als er ihm zutraue.
Datum ut (in litteris).
Battes datiert den Auftrag an Lorenz von Bibra, ohne einen Beweis zu erbringen, auf 1492 (wohl wegen des erwähnten Todes von Innozenz VIII.) und merkt nicht den Zusammenhang mit den beiden anderen Konzepten, die bei dem Schreiben an Julian liegen. Er glaubt sogar aus dem Schreiben Wilhelms an Papst Alexander VI. von 1493 Februar 16 schließen zu können, daß auch Lorenz von Bibra in Rom gestorben sei. Dabei handelt es sich doch offensichtlich um den Tod seines Bruders Wilhelm. Lorenz hat vermutlich den Auftrag, die Eingaben an Julian und Alexander nach Rom zu bringen, wird daher seinen Auftrag mit zugehörigen Instruktionen am selben Tag oder aber kurz danach erhalten haben. Die Schrift der Konzepte ist identisch mit der, die u.a. für die Zusätze zu den Schreiben an Julian verantwortlich ist. [...]
Nachweise

Weitere Personen

Hessen, Landgrafen, Wilhelm III. · Bibra, Lorenz von · Köln, Erzbischöfe, Hermann IV. von Hessen · Bibra, Wilhelm [I.] von · Innozenz VIII., Papst · Paul II., Papst · Blanckebillen, Johann, Pastor in Reckrod · Venrad, Andreas, Magister · Julian, Kardinal St. Petri ad Vincula

Weitere Orte

Köln, Erzbischöfe · Rom · Reckrod, Pastoren

Sachbegriffe

Briefe, landgräfliche · Räte · Onkel · Erzbischöfe · Gesandte · Päpste · Brüder · Privilegien · Legate · Klöster, Reform von · Mönche · Nonnen · Barfüßer · Bullen, päpstliche · Kostenerstattungen · Pastoren · Suffragane · Wechselbriefe

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Eckhardt, Klosterarchive 7

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 10416 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/10416> (Stand: 25.04.2024)