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Grabdenkmäler

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Friedrich von Rolshausen und seine Frau Anna geb. von Ehringshausen, vor 1585, Kirchberg

Kirchberg · Gem. Lollar · Landkreis Gießen | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Kirchberg

Gebäude / Areal:

Kirchberg, Evangelische Pfarrkirche.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Kirchberg, Evangelische Pfarrkirche.

An der nördlichen Innenwand des Chores. Nach Dehio 1962 in den ursprünglichen Farben restauriert.

Merkmale

Datierung:

vor 1585

Typ:

Epitaph

Material:

Sandstein, bemalt

Erhaltung:

erhalten

Größe:

255 x 500 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

2,5-4 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Die Höhe des Epitaphs konnte nur ungefähr ermittelt werden.

Weitere Maße: Maximale Tiefe 55 cm, Höhe des Figurenfeldes 199 cm.

Das Epitaph nimmt einen besonderen Rang bezüglich der Wiedergabe der Verstorbenen und ihrer Beziehung zu der Darstellung des Aufsatzes ein. Beachtenswert sind dabei auch die inschriftlichen Mitteilungen sowie die reichen Schmuckformen der, wie stets in dieser Zeit, symmetrischen Gesamtanlage mit architektonischen Gliederungen.

Die Gestaltung des Sockels zeigt, wie sehr diese Partie formal eingebundener Teil des Ganzen ist: Die Vorsprünge von Basis und abschließendem Gesims sind auf die Pilaster des Figurenfeldes bezogen. Jedes der umrahmten, hochrechteckigen Felder zwischen diesen Vorsprüngen nimmt eine Knabengestalt auf. Diese haben gelocktes Haar, tragen ein kurzes Gewand und sind barfuß. Sie halten diagonal zur Mitte des Steines hin erhobene Fackeln. Eine aufwärts gerichtete Fackel kann die Morgenröte bezeichnen, den neuen Tag. Hier vielleicht auch den Jüngsten Tag, an dem Gott sie zur ewigen Freude erweckt, wie es die drei letzten Zeilen von Inschrift A ausdrücken. Auf den äußeren Rändern dieser Partie je ein Vollwappen. Die Anordnung der Schriftkolumnen erfolgt in traditioneller Weise in Abstimmung auf die Figuren, wenngleich sich die längere Inschrift zu Leben und guten Eigenschaften des Mannes auf der rechten Seite fortsetzt, im Anschluß daran die Angaben zu seiner Ehefrau (A). Die das Figurenfeld begrenzenden Pilaster haben Basen und ionische Kapitelle. Ihre Schäfte weisen stilisierte vegetabilische Ranken und Blüten auf. Seitlich abschließend je sieben weitere Vollwappen, so daß insgesamt 16 Vollwappen mit Namensbeischriften (H) gegeben sind. Unter dem Gesims dienen zwei Halbrundbogenstellungen mit mittlerem, geflügeltem Engelskopf der Unterteilung in zwei figürliche Kompartimente.

Anna von Rolshausen trägt eine der Mode der Zeit entsprechende Gewandung: Langes Kleid mit langen Ärmeln und gerüschten Manschetten, darüber einen langen, sich etwas öffnenden Mantel mit farblich abgesetzten, senkrechten Borten und Puffärmeln. Ein fein gefältelter Schal bedeckt die untere Gesichtspartie, eine Haube die Haare. Die Hände sind bei waagrechter Führung der Unterarme übereinander gelegt. Auffallend ist die Wendung des Kopfes nach oben. Friedrich von Rolshausen trägt einen Harnisch. Eine Schärpe wird diagonal über den Oberkörper geführt, eine Halskrause bildet den Übergang zu dem ebenfalls weit nach oben gedrehten Kopf. In seiner Linken ein Kommandostab, in der Rechten ein Dolch. Das hinter dem Körper geführte Schwert ist an der Rüstung befestigt, der Helm auf der durchgehenden, für beide Figuren gemeinsamen Standfläche abgelegt.

Zur auffallenden Haltung der Verstorbenen gehört die Drehung der perspektivisch angelegten Schulterachsen nach der Tiefe hin bei nach oben gewendeten Köpfen, die im Profil wiedergegeben sind: Sie blicken hinauf zu dem Aufsatz mit der Wiedergabe der Auferstehung Christi, sie werden gleichsam Zeugen dieses Vorganges, auch wenn sie von diesem aufgrund der gegebenen Feldereinteilung räumlich getrennt sind. Sie werden als Teilnehmende an dem Geschehen der Auferstehung vorgestellt, welche sie erhoffen und erwarten. Aufschlußreich ist, daß dieses Schauen auch zum Inhalt des über der Frau angebrachten Textes (G) gehört, der im 16. Jahrhundert mehrfach im Bereich der Grabmalkunst begegnet. Im Buch Hiob 19,25 f. heißt es in der Übersetzung Martin Luthers: "...Und werde.... in meinem Fleisch Gott sehen." In entsprechender Ausführung über dem Kopf des Mannes Inschrift (F). Dieses waagrechte Inschriftfeld hat seitliche Rollwerkumrahmung der sich je ein Löwenkopf anschliesst in einem umrahmten Feld in optischer Verlängerung der senkrechten Vollwappen. Darüber in ganzer Breite ein vorkragendes Gesims mit Eierstab. Mit dem darüber befindlichen Aufsatz nimmt die Breite des Denkmals ab. Seitliche Rollwerkformen leiten über zu hochrechteckigen Figurenfeldern, welche den darüber angebrachten Inschriften (E) zufolge links die Personifizierung der Justitia und rechts der Fortitudo aufnahmen. In der Mitte die Wiedergabe der Auferstehung mit zentralem, dem Grab entsteigendem Christus mit Siegesfahne in einer durchgehenden Landschaft. Zwei schlafende Wächter rechts, ein aus dem Bildfeld nach links herauslaufender Mann (Anm. 1) auf der linken Seite. Seitlich von Christus Inschriftfelder (C und D). Im anschließenden oberen Giebeldreieck Inschrift (B). Über den Giebelschrägen je ein liegender, nackter Genius mit Füllhorn. Dieses kann in der Zeit als Symbol göttlichen Segens oder der menschlichen Wohlfahrt interpretiert werden.

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Anm. 1: Vgl. die Ausführungen zum Aufsatz des Epitaphs für Hermann von Nordeck zur Rabenau und dessen Frau in der Kirche zu Londorf.

Darstellung:

figürlich

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en) · Ehepaar · männliche Person(en)

Stand:

Adlige

Enthaltene Wappen:

Insgesamt 16 Vollwappen, die 8 linken stehen für die Ahnen des Mannes, die rechten für die der Frau.

a) Ahnenwappen des Friedrich von Rolshausen (von oben nach unten):

1) von Rolshausen (Vater), 2) von Rolshausen (Mutter), 3) von Storndorf (Vaters Mutter), 4) Schutzbar genannt Milchling (Mutters Mutter), 5) von Trohe, 6) von Buseck, 7) von Trohe und 8) nicht das von Trohe'sche Wappen, wie die lediglich aufgemalte, wohl in jüngster Zeit erst zugefügte Beischrift fälschlich besagt, sondern wegen der Helmzier dasjenige der von Nordeck zur Rabenau.

b) Ahnenwappen der Frau (von oben nach unten):

1) von Ehringshausen (Vater), 2) von Rüxleben (Mutter), 3) von Trohe (Vaters Mutter), 4) unbekannt (Mutters Mutter, Namensbeischrift fehlt, im Schild und auf dem Helm zwei Pflugschare ?), 5) unbekannt (nicht ausgeführt oder zerstört), 6) von Werder, 7) von Trohe und 8) von Ebra.

Dargestellte Personen:

Friedrich von Rolshausen und seine Ehefrau Anna geborene von Ehringshausen. Die Todesdaten beider Eheleute werden in den Inschriften nicht genannt, so dass das Epitaph wohl zu Lebzeiten angefertigt wurde. Friedrich von Rolshausen verfasste 1584 sein Testament (HStAM Bestand Urk. 49 Nr. 3502) und starb kurz darauf wohl im Jahr 1585.

Inschrift

Umschrift:

A:

HIE LIGT VND SCHLEFFT DER EDLE HELDT · /

FRIDTRICH VON ROLSHAVSSEN ICH MELDT · /

SEINEN HELM, WAPEN WEHR, VND SCHILT /

SIEHESTV HIE O LESER MIELDT · /

DEN FVRSTEN ZV HESSEN ALLESAMBT /

TREWLICH GEDINT IN SEINEM STANDT · /

SEIN THATEN VND SEIN DAPFER NAM /

NIEMANDT IM NICHT AVSLESCHEN KAN /

GLAVB TREVW AFFRICHTIGKEIT (!) VND FLEIS /

IN SEIM AMPT BEWEIST VFF ALL WEIS · /

ER WAR EIN RECHT VERSTENDIG MAN /

DER GLEICHEN TEVTSCHLANT NITT MOCHT HAN /

WAS ER THET WAR TVGENT BEY /

GESCHICKLICHKEIT KEIN HEVCHELEY · /

DEM PRINSE VON CONDE ZV ALLER FRIST /

ER TREWLICH ZVGEZOGEN IST · /

VMB GOTTES EHER SEIN WORT VND LEHR /

GEFOCHTEN HAT MIT SCHARPFER WEHR · /

WIDER DER GOTLOSEN MORT VND NEIDT /

DAS WORT GOTES VERTHEDIGT ALLZEIT /

WAS AVCH IN PROTESIRENDEN KRIEG · /

ER LANGTE IDER ZEIT GVTEN SEIGK (!) · /

HIER VON NICHT MEHR ZV SAGEN IST /

MAN SONST SEIN THAT BESCHRIBEN LIST /

NACHDEM ER NVHN MANCHE EDLE THAT /

BEY SEINEM LEBEN VERRICHT HATT /

IST ER ENTLICH MIT GVETER FRIST /

ENTSCHLAFFEN IM HERN IESV CHRIST · /

SEIN EHEGEMAL AVCH SELIGLICH /

ANNA VON ERINGSHAVSEN TVGENTREICH /

ENTSCHLAFFEN IST VND RVHET FEIN /

IN IREM GRAB VND KEMMERLEIN /

SIE BEIDE ALHIE AHN ALLE KLAG /

SCHLAFFEN SANFFT BIS AN IVNGSTEN TAG /

ALS DAN WIRT GOT IR GRAB AVFFDECKEN /

VND SIE ZVR EWIGEN FREVDE ERWECKEN

B:

VIVE MEMOR /

MORTIS

C:

IO(HANN)IS: 11 · /

ICH BIN DIE VFFERSTE,, /

HVNG VND DAS LEBEN /

WER AN MICH GLAVBT /

DER WIRDT LEBEN /

OB ER GLEICH STVRBT

D:

ROM:(ER) 14 /

CHRISTVS IST GESTORBE(N) /

VFFERSTANDEN VND WI,, /

DER LEBENDIG WORDE(N) /

DAS ER SEI EIN HER DER /

LEBIGEN VND TODTEN

E:

(über der leeren Nische links:) IVSTICIA

(über der leeren Nische rechts:) FORTITVDO

F:

VNSER KEINER LEBET IM SELBER VND KEINER /

STIRBT IM SELBER LEBEN WIR SO LEBEN /

WIR DEM HERN STERBEN WIR SO STERBEN /

WIR DEM HERN DARVMB WIR LEBEN ODER /

STERBEN SO SINDT WIR DES HERN ROM(ER) 14

G:

ICH WEIS DAS MEIN ERLOSER LEBET /

VND ER WIRT MICH HERNACH AVS DER ER /

DEN AVFFERWECKEN VND WERDE DARNACH /

MIT DIESER HAVT (!) VMBGEBEN WERDEN VND /

WERDE IN MEINEM FLEISCH GOT SEHEN · IOB: 12 (!)

H: (Namensbeischriften zu den Wappen)

(links von oben nach unten:)

ROLSHAVSSEN

ROLSHAVSSEN

STVRMDVRFF

MILCHLINGK

TROHE

BVSIG

TROHE

TROHE (vgl. aber die Anmerkung unter "Wappen" !)

(rechts von oben nach unten:)

ERINGSHAVSEN

RVXLEBEN

TROHE

[ohne]

[ohne]

WERDER

TROHE

EBRA

Kommentar:

In Inschrift G wurde vor HAVT das Wort MEINER vergessen; der Text steht außerdem nicht bei Hiob im 12., sondern im 19. Kapitel.

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Literatur:

  • Walbe, Heinrich (Bearb.): Die Kunstdenkmäler im Freistaat Hessen – Provinz Oberhessen – Kreis Giessen, Band 1: Nördlicher Teil, Darmstadt 1938, S. 260 (mit falschen Sterbejahren beider Eheleute);
  • Huttarsch, Reinhold und Müller, Michael: Lollar beiderseits der Lahn, Lollar 1984, S. 100 (Abb.)
  • Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Hessen, bearb. von Magnus Backes, 2. Aufl. München 1982, S. 724 (mit falschen Sterbejahren beider Eheleute)

Sachbegriffe:

Wappen · Pilaster · Fackeln · Kapitelle, ionische · Engelsköpfe · Manschetten · Mäntel · Borten · Puffärmel · Hauben · Harnische · Schärpen · Halskrausen · Kommandostäbe · Dolche · Schwerter · Helme · Auferstehungsszenen · Löwenköpfe · Eierstäbe · Justitia · Fortitudo · Siegesfahnen · Landschaften · Genien · Füllhörner · Fassungen, farbige · Farbfassungen · Ehepaare · Männer · Frauen · Adlige

Wappen:

Rolshausen · Storndorf · Schutzbar genannt Milchling · Milchling, Schutzbar genannt · Trohe · Nordeck zur Rabenau · Buseck · Ehringshausen · Rüxleben · Werder · Ebra

Bearbeitung:

Christa Benedum, Gießen, und Andreas Schmidt, HLGL

Zitierweise
„Friedrich von Rolshausen und seine Frau Anna geb. von Ehringshausen, vor 1585, Kirchberg“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/855> (Stand: 29.7.2019)