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KDR 100, TK25 1900 ff.
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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 34. Waldkappel
Gerichtsstätten
Gerichtsplatz in Harmuthsachsen

Weitere Informationen

Harmuthsachsen

Stadtteil · 250 m über NN
Gemeinde Waldkappel, Werra-Meißner-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

20 km südlich von Witzenhausen

Lage und Verkehrslage:

2 km nordwestlich von Waldkappel im oberen Tal der Wehre gelegen

Geschlossenes Dorf am südwestlichen Ufer der Wehre mit nahezu rechteckigem Grundriss um Kirche und Lindenplatz mit durchlaufender Straße. Jenseits der Wehre Gut mit anschließender, aus dem Hangrand herausgeschnittener ovaler, kleiner Burganlage. Zwischen Gut und Dorf ein weiterer (kleiner) Gutshof.

Ersterwähnung:

1195

Siedlungsentwicklung:

Rund 2,5 km westsüdwestlich der Ortsmitte von Harmuthsachsen soll in der Flur "Im Hohl" eine Wüstung gelegen haben, der bislang kein Namen in Schriftquellen zugewiesen werden konnte.

Bei der bisher unbekannten Wüstung könnte es sich eventuell um Liebrichsdorf handeln, das aber auch in der Gemarkung Wollstein vermutet wird (s. d.). Bei einer Begehung las man 1992 vor Ort vermutlich spätmittelalterliche Wandscherben, zwei Eisennagelstücke und ein Stück Schlacke auf. Die Funde könnten auf eine bisher unbekannte Wüstung an dieser Stelle hinweisen (eventuell Liebrichsdorf).

Fundberichte aus Hessen, 36. Jahrgang, 1996 (2), S. 547,

1928 erfolgt die Eingemeindung von Teilen des aufgelösten Gutsbezirks Harmuthsachsen.

Historische Namensformen:

  • Hermensasßen, in villis (1195) [XV] [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, Nr. 873]
  • Ermene, in (1262) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra ebenda. Nr. 891]
  • Ermensassen, in (1301)
  • Armissassen, in campis ville dicte (1334)
  • Ermessassin, zu (1360)
  • Ermetsassin, ztu (1365)
  • Armensassen, zcu (1366)
  • Ermpsasßen, zu (1371)
  • Ermanssasßen, zu (kurz nach 1376)
  • Ermentsassen, in villam (kurz nach 1376)
  • Ermtsaßen, zcu (1391)
  • Armtsaßin, zu (1413)
  • Armensassin, zu (1448)
  • Armptsassen, zu (1461)
  • Armitsasßen, zu (1475)
  • Ermutsaesßin, gein (1476)
  • Armetsachssen, ecclesia parrochialis ville (1490)
  • Armen sayssenn (1504)
  • Armetsassen (1506)
  • Aarmetsassen (1514)
  • Armensachssen (1527)
  • Armutsassin (1527)
  • Armendtsachsen, zu (1537)
  • Armedsassen, das Dorff (1553)
  • Armetsassen, das Dorff (1553)
  • Armutsachsen, Dorf (1575)
  • Ermutsassen, die von (1583)
  • Armutsaxen (1575/85)
  • Harmuthsachsen (1715)

Bezeichnung der Siedlung:

  • 1195: villa
  • 1315: communitas villanorum
  • 1334: Dorf

Ortsteile:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Rund 2,5 km westsüdwestlich der Ortsmitte von Harmuthsachsen soll in der Flur „Im Hohl“ eine Wüstung gelegen haben, der bislang kein Namen in Schriftquellen zugewiesen werden konnte.
  • Bei der bisher unbekannten Wüstung könnte es sich eventuell um Liebrichsdorf handeln, das aber auch in der Gemarkung Wollstein vermutet wird (s. d.). Bei einer Begehung las man 1992 vor Ort vermutlich spätmittelalterliche Wandscherben, zwei Eisennagelstücke und ein Stück Schlacke auf. Die Funde könnten auf eine bisher unbekannte Wüstung an dieser Stelle hinweisen (eventuell Liebrichsdorf).
  • Fundberichte aus Hessen, 36. Jahrgang, 1996 (2), S. 547,

Älteste Gemarkungskarte:

1724

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3560111, 5669933
UTM: 32 U 560013 5668105
WGS84: 51.161229° N, 9.858242° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

636012060

Flächennutzungsstatistik:

  • 1780: 3295 Acker
  • 1961 (Hektar): 783, davon 380 Wald (= 48.53 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1575/85: 47 Hausgesesse
  • 1585: 49 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
  • 1681: 44 Hausgesessene
  • 1747: 54 Mannschaften mit 54 Feuerstellen
  • 1780: 132 Einwohner ohne Knechte und Mägde
  • 1925: Von den insgesamt 455 Einwohnern 385 evangelisch und 57 jüdisch
  • 1961: 437, davon 396 evangelisch (= 90.62 %), 29 katholisch (= 6.64 %)
  • 1970: 398 Einwohner

Diagramme:

Harmuthsachsen: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • Ursprünglich wohl zur Germarmark und Grafschaft Bilstein gehörig.
  • 1301: Amt Reichenbach
  • 1553 und noch 1747: Amt Lichtenau
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Lichtenau
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Lichtenau
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Bischhausen
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Lichtenau
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Witzenhausen
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Witzenhausen
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Witzenhausen
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Witzenhausen
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Witzenhausen
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis

Altkreis:

Witzenhausen

Gericht:

  • 1273: Gericht Harmuthsachsen von Graf von Bilstein an Deutschen Orden Reichenbach
  • Seit 1391: Gericht hessisches Lehen der von Hundelshausen
  • um 1570: Niederes und peinliches Gericht von Hundelshausen
  • 1747: desgleichen (siehe dazu Mittelpunktfunktionen)
  • 1807: Friedensgericht Bischhausen
  • 1814: Amt Lichtenau
  • 1821: Justizamt Lichtenau
  • 1867: Amtsgericht Lichtenau
  • 1879: Amtsgericht Lichtenau
  • 1945: Amtsgericht Witzenhausen
  • 1961: Amtsgericht Witzenhausen
  • Gerichtstisch mit 4 Bänken unter zum Teil alten Linden in unregelmäßigem Oval von Sandsteinen umzogen.

Gemeindeentwicklung:

Am 1.1.1970 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingliederung der kleinen Gutsgemeinde Wollstein. Am 31.12.1971 wurden Harmuthsachsen als Stadtteil nach Waldkappel eingegliedert.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1195: Kloster Germerode ist in Harmuthsachsen begütert (bis zu seiner Aufhebung 1527).
  • 1273: Die Grafen von Bilstein schenken Gericht Harmuthsachsen an Deutschen Orden Reichenbach.
  • 1301: Graf Otto von Bilstein schenkt Vogtei Harmuthsachsen, die Eckhard von Kappel innehatte, an Landgraf Heinrich.
  • 1305: Heinrich von Ziegenberg belehnt die von Hundelshausen mit 1/2 Zehnten zu Harmuthsachsen.
  • 1334: Die von Reichenbach haben Besitz in Harmuthsachsen.
  • 1343: Dorf Harmuthsachsen im Besitz der von Kappel
  • 1. Hälfte 14. Jahrhundert: Die von Schwarzenberg haben Hof zu Harmuthsachsen als hessisches Lehen
  • 1360 und später: Landgraf ist Lehnsherr über die Güter der von Kappel zu Harmuthsachsen.
  • 1363: Die Gebrüder von Kappel verkaufen das halbe Dorf und Gericht Harmuthsachsen an ihren Schwager Heinrich von Hundelshausen.
  • Vor 1383: Die von Kappel verkaufen ein weiteres Viertel von Harmuthsachsen an die von Schlutwinsdorf, die es 1383 an den Landgraf weiterverkaufen.
  • Vor 1394: Dieses Viertel an Harmuthsachsen durch Landgraf an die von Hundelshausen zu Lehen
  • Seit 1391: Die von Hundelshausen im Besitz des Gericht und des halben Dorfs Harmuthsachsen als hessisches Lehen; folgend Reverse bis 1822.
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1262: plebanus
  • 1367: ecclesia parochialis, darin Altäre: Maria Magdalena (1370), Bartholomäus (1493)
  • Kirche: Reste gotischen Mauerwerks im Chor (1501), 1749 Neubau

Pfarrzugehörigkeit:

1569: Harmuthsachsen versieht Küchen und Hasselbach, desgleichen 1585

1613: Harmuthsachsen mit Hasselbach, Küchen und Wollstein

Um 1616 und 1620: Harmuthsachsen mit Hasselbach und Küchen

1747 und jetzt (Stand 1973): Harmuthsachsen mit Filiale Hasselbach, Küchen und Wollstein

Patronat:

1367: Landgraf

1836: Patronat durch Tausch gegen Hundelshausen an die von Hundelshausen

Bekenntniswechsel:

Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen ab 1526.

Erster nachweisbarer evangelischer Pfarrer: Michael Henning 1553 bis nach 1579

Kirchliche Mittelbehörden:

1262: Mainzisches Archidiakonat Heiligenstadt, Archipresbyterat Niederhone

1585: Superintendentur Rotenburg-Allendorf

1780 und 1872: Klasse Waldkappel

1923: Kirchenkreis Sontra

1933: Kirchenkreis Eschwege

Juden:

Provinzial-Rabbinat Kassel; Waldkappel angeschlossen

1342: Unbekannte Zahl Schutzjuden genannt

1665: 4 Schutzjuden; 1733: 3; 1744: 9 Juden

Im 19. Jahrhundert leben durchschnittlich 25 jüdische Familien im Ort.

1835: 118; 1861: 130 Juden; 1893: 22 Haushalte und 5 steuerfreie Personen

Um 1900 setzte eine starke Auswanderung nach Südafrika ein.

1903: 75 Juden

Im 1. Weltkrieg: 12 Familien

1925: 57 Juden

1932/33: 34 Juden

1936 wird die Jüdische Gemeinde aufgelöst

Seit 1814 gab es eine Synagoge; 1833 wird die neue Synagoge eingeweiht

1869: Jüdische Elementarschule mit 30 Schülern; zwischen 1915-19 geschlossen; 1925: aufgelöst

Seit 1839 existierte der Alte Friedhof in schwer zugänglichem steilen Waldgebiet mit 75 Gräbern (schmaler Bergsporn des Rauschenberges)

Seit 1906: Neuer Friedhof mit Gräbern, am Ortsrand gelegen (alemmania-judaica)

1938: Gräberverzeichnis mit 23 Gräbern

Kultur

Schulen:

1910 einklassige Volksschule

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

Sitz eines Gerichts 1383 und 1391: zugehörig waren Diemenrode, Hasselbach, Ichendorf, Küchen, Wollstein

1687: zugehörig Küchen, Hasselbach, Wollstein

Wirtschaft:

1581: Glashütte im "Harmuthsachsener Gehölz"

Nachweise

Quellen:

  • Hundelshauser Kopiar fol. 15, 19V, 34, 45, 58, 70, 72, Landesbibliothek Kassel

Literatur:

Zitierweise
„Harmuthsachsen, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/5907> (Stand: 25.8.2023)