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Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 35. Eschwege
Gerichtsstätten
Großer Anger in Datterode
Kleiner Anger in Datterode

Weitere Informationen

Datterode

Ortsteil · 240 m über NN
Gemeinde Ringgau, Werra-Meißner-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

7,5 km südsüdwestlich von Eschwege gelegen

Lage und Verkehrslage:

Geschlossenes Dorf mit einfachem Grundriss an der engsten Stelle der Netra, in die hier von Norden der Hasselbach und von Süden der Hartmuthsbach münden. Kirche in Spornlage über dem ehemaligen Ortskern. Durch den Ort führt parallel zum Fluss mit West-Ost-Verlauf die B 7 in Richtung Eisenach. Jüngere Siedlungsentwicklung im Südwesten, Norden und Nordosten

Ersterwähnung:

1141

Siedlungsentwicklung:

Während des Dreißigjährigen Krieges zerstörte man 1635 zahlreiche Häuser und plünderte die Kirche.

Historische Namensformen:

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (1141, 1188)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Umlegung der Flur:

1911

Älteste Gemarkungskarte:

1787

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3571885, 5665365
UTM: 32 U 571782 5663538
WGS84: 51.118819° N, 10.025618° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

636010010

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 742, davon 330 Acker (= 44.47 %), 25 Wiesen (= 3.37 %), 344 Holzungen (= 46.36 %)
  • 1961 (Hektar): 823, davon 269 Wald (= 32.69 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1585: 70 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
  • 1745/47: 86 Haushaltungen (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen). 2 Bender, 2 Schreiner, 3 Schneider, 3 Schmiede, 3 Metzger, 4 Zimmerleute, 2 Müller, 27 Leineweber, 1 Schweinehändler, 2 Wirte, 3 Branntweinbrenner, 27 Tagelöhner, 2 Handelsjuden
  • 1885: 699, davon 665 evangelisch (= 95.14 %), 1 katholisch (= 0.14 %), 33 Juden (= 4.72 %)
  • 1961: 1003, davon 901 evangelisch (= 89.83 %), 87 katholisch (= 8.67 %)
  • 1970: 1065
  • 1987: 1120

Diagramme:

Datterode: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1141: Gau Neter (in pagus Nedere)
  • Um 1430: Gericht Boyneburg
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederfürstentum, Amt Eschwege, Gericht Boyneburg
  • 1615: Landgrafschaft Hessen, Niederfürstentum, Amt Eschwege, Gericht Bilstein
  • 1627-1834: Landgrafschaft Hessen-Rotenburg (sogenannte Rotenburger Quart), teilsouveränes Fürstentum unter reichsrechtlicher Oberhoheit der Landgrafschaft Hessen-Kassel bzw. des Kurfürstentums Hessen
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Eschwege
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Eschwege
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Werra-Departement, Distrikt Eschwege, Kanton Reichensachsen
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Eschwege
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis

Altkreis:

Eschwege

Gericht:

  • Boyneburg (seit etwa 1430)
  • 1821-1834: Fürstlich Rotenburgisches Justizamt Eschwege
  • 1834: Justizamt Eschwege I
  • 1837: Kurfürstliches Justizamt Netra
  • 1867: Amtsgericht Netra
  • 1879: Amtsgericht Netra
  • 1932: Amtsgericht Eschwege

Herrschaft:

1188 verleiht Kaiser Friedrich I. der Kapelle in seiner Burg Boyneburg zum Unterhalt eines Priesters den Anteil eines vom Landgrafen Ludwig von Thüringen erworbenen Gutes u.a. im Dorf Datterode, das der Kaiser zum Zeitpunkt der Weihe der Kapelle innehat, frei von aller Vogtei unter seiner alleinigen kaiserlichen Schirmgewalt. 1405 bittet Hartrad von Hundelshausen Landgraf Hermann, seinen Eidam Gerlach Meysenbug mit Lehnsgefällen u.a. zu Datterode zu belehnen. 1442 wird festgehalten, dass die von Boyneburg keinerlei Vogtei- oder andere Rechte an der Dattenroder Pfarrei besitzen, ausgenommen das, womit sie vom Landgrafen belehnt seien.

Von 1449 bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts als landgräfliches Lehen ausgetan, 1522 an Werner Trott auf dessen Lebenszeit, 1576 an Simon Bing, Hauptmann von Ziegenhain. Ihm folgte 1582 Heinrich von Wersabe, Amtmann zu Schmalkalden, ehe ab 1596 die von Madelung das Lehen erhielten. Ab 1615 verwalten die Landgrafen den Ort als Teil des Amtes Eschwege/Bilstein. 1650 kommt es zur Veräußerung boyneburgscher Lehngüter (sogenannte bemmelbergische Anteile) u.a. in Datterode an Hessen, wodurch die Landgrafen stärker an der Ortsherrschaft partizipieren und versuchen Einfluss auf das Gericht Boyneburg geltend zu machen.

Gemeindeentwicklung:

1.4.1954: Umgemeindung des Wohnplatzes Harmuthshausen (Vorwerk; 15 Einw.) von der Gemeinde Wichmannshausen.

Am 1.4.1972 erfolgte der vorübergehende Zusammenschluss der Gemeinden Datterode und Röhrda zur neu gebildeten Gemeinde Netratal, deren Ortsteile sie wurden. Mit dem Zusammenschluss der Gemeinden Netratal und Ringgau am 01.01.1974 wurden beide ab diesem Zeitpunkt Ortsteile der neuen Gemeinde Ringgau.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1448 genehmigt der Mainzer Erzbischof Dietrich den Verkauf von Gütern des Klosters Bursfeld u.a. in Datterode an die Boyneburger.
  • Nach der Säkularisation erhält die Pfarrei die Abgaben, die ursprünglich an das Kloster Germerod fielen und wird so zum wichtigsten Grundherrn in Datterode.
  • 1745 haben die von Boyneburg-Wichmannshausen und von Meysebug zu Röhrda geringen Besitz.

Zehntverhältnisse:

1141 schenkt der Mainzer Erzbischof Markolf dem von dem Grafen Siegfried IV. von Boyneburg und seinen Vorfahren gegründeten Benediktinerkloster Blasien zu Northeim u.a. den Zehnten zu Datterode. 1360 hat Lutze von Nesselröden (aus der Familie der Boyneburger) den Zehnten inne, den er an das Kloster Germerode veräußert. 1527 werden die Einkünfte beim Übergang an die Landgrafen von Hessen genannt.

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • Kapelle (1188)
  • cappellanus in Boymenberc (1253)
  • plebanus (1353)
  • Im Kern romanisches, querrechteckiges Langhaus mit wuchtigem Westturm. Im 14., 15. sowie im 18. Jahrhundert mehrfach umgebaut, 1962/63 renoviert

Patrozinien:

  • Katharina (1506)

Pfarrzugehörigkeit:

Der Datteröder Geistliche ist 1188 zugleich Hofprediger der adligen Stammburg Boyneburg. 1585 gehört der Hof Datterpfeiffe zum Kirchspiel. Nach der Aufhebung der Pfarrstelle in Röhrda wird dieses 1981 als Vikariat mit Datterode zum Kirchspiel Datterode-Röhrda verbunden.

Patronat:

1442 ist Johann von Boyneburg als hessischer Lehnsträger Patron. Seit 1510 vom Landgrafen direkt verliehen

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Stephan Meister ca. 1528 bis vor 1569

Reformierter Bekenntniswechsel, unter hessen-darmstädtischer Herrschaft 1627-1628(?) lutherisch, danach wieder reformiert.

Kirchliche Mittelbehörden:

1506: Erzbistum Mainz, Archidiakonat Dorla, Archipresbyterat Röhrda

Juden:

Der Ort gehört zur Gemeinde Netra

1745: 6, 1835: 28; 1861: 59; 1905: 29; 1932/33 (mit Wichmannshausen): 10 Juden

1884/85 wollten die Juden die Trennung von Reichensachsen und den Anschluss an Netra wegen der großen räumlichen Entfernung.

Kultur

Schulen:

Um 1580 Schuldienst, 1636 Schulhaus, 1902 zweites Gebäude

1910 Volksschule mit zwei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Historische Ereignisse:

1629 werden von 72 Häusern 29 als wüst bezeichnet, starke Zerstörung 1635

Wirtschaft

Wirtschaft:

Ursprünglich überwiegend Landwirtschaft, Handwerk und Leinenweberei

Mühlen:

In Datterode befanden sich mehrere Mühlen, die über einen Betriebsgraben mit dem Wasser der Netra betrieben wurden.

Die Obermühle im Süden (Mühlgasse 15) wird erstmals 1575 erwähnt. Sie besteht aus einem um 1880 errichteten Wohnhaus und einem Wirtschaftstrakt aus der gleichen Zeit. Der Antriebe erfolgt über ein oberschlächtiges Wasserrad, das 1937 gegen eine Turbine ausgetauscht wird. Von der Obermühle spaltet sich 1812 die Mittel- oder Schlagmühle als Ölmühle ab, die bis zur Umstellung auf Turbine 1936 mit einem oberschlächtigen Wasserrad betrieben wird.

Die vielleicht schon 1437, sicher aber 1575 belegte Untermühle besteht aus dem 1764 datierten Wohnhaus und den von 1909 bis 1911 errichteten Wirtschaftsgebäuden. Sie wird mit einem oberschlächtigen Wasserrad angetrieben, der Betrieb jedoch spätestens in den 1920er Jahren eingestellt. Von der Untermühle spaltet sich 1911 die Kümmelmühle ab, die bis 1938 ebenfalls mit einem oberschlächtigen Wasserrad angetrieben wird. Sie wird zum Dreschen und Sägen eingesetzt.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Datterode, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/5515> (Stand: 21.3.2024)