Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Übersichtskarte Hessen
Messtischblatt
5916 Hochheim (Main)
Moderne Karten
Kartenangebot der Landesvermessung
Topografische Karten
KDR 100, TK25 1900 ff.
Historische Karten
Herzogtum Nassau 1819 – 45. Hochheim

Weitere Informationen

Kriftel

Ortsteil · 115 m über NN
Gemeinde Kriftel, Main-Taunus-Kreis 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

2 km südöstlich von Hofheim am Taunus

Lage und Verkehrslage:

Die Gemeinde liegt 2 km nordwestlich von Hattersheim.

Der Ort liegt im östlichen Main-Taunus-Vorland auf der Talfläche am oberen, linken Ufer des Schwarzbaches.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Limburg/Eschhofen – Frankfurt am Main ("Main-Lahn-Bahn") (Inbetriebnahme der Strecke 15.10.1877).

Ortsform:

Ringdorf

Ersterwähnung:

(780-802)

Siedlungsentwicklung:

Auf eine frühmittelalterliche Besiedelung weist ein einzelnes Frauengrab aus dem 6./7. Jahrhundert in der Beierbacher Flur hin. Die Bewohner waren in der Oberliderbacher Mark berechtigt. Die Siedlung wurde vom Dreißigjährigen Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen und die Bevölkerung erheblich dezimiert. Bei einem Brand im Jahre 1671 wurden 30 von 34 Häusern zerstört. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts profitierte der Ort vor allem von der aufstrebenden chemischen Industrie. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wuchs Kriftel durch das enorme Wirtschaftswachstum und die Aufnahme von Flüchtigen rasant an.

Historische Namensformen:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3462117, 5549857
UTM: 32 U 462057 5548077
WGS84: 50.083748° N, 8.469646° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

436009000

Flächennutzungsstatistik:

  • 1843: 2951 Morgen
  • 1885 (Hektar): 758, davon 655 Acker (= 86.41 %), 39 Wiesen (= 5.15 %), 43 Holzungen (= 5.67 %)
  • 1895: 758,1 ha
  • 1961 (Hektar): 759, davon 44 Wald (= 5.80 %)
  • 1967: 758,6 ha
  • 1981: 676 ha

Einwohnerstatistik:

  • 1543 44 Hausgesessene
  • 1550: 42 Häuser
  • 1587: 40 Hausgesessene
  • 1609: 44 Familien
  • 1635: 33 Männer und 9 Witwen
  • 1639: 8 Häuser
  • 1648: 14 Männer
  • 1654: 23 Höfe
  • 1668: 30 Häuser mit 138 Einwohner
  • 1692: 175 Einwohner
  • 1772: 294 Einwohner
  • 1777: 54 Männer
  • 1796: 50 Häuser
  • 1805: 71 Gemeindemitglieder und 6 Witwen
  • 1817: 441 Einwohner
  • 1885: 702, davon 52 evangelisch (= 7.41 %), 650 katholisch (= 92.59 %)
  • 1961: 5067, davon 1826 evangelisch (= 36.04 %), 3101 katholisch (= 61.20 %)
  • 1970: 6520 Einwohner
  • 1981: 9290 Einwohner
  • 1990: 10039 Einwohner
  • 1995: 10541 Einwohner

Diagramme:

Kriftel: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • (780-802): Wettereiba bzw. Maingau
  • 1668: eigenständiger Flecken
  • 1787: Kurfürstentum Mainz, Oberamt Höchst und Königstein, Amtsvogtei Hofheim
  • 1849: Herzogtum Nassau, Verwaltungsbezirk IX (Kreisamt Höchst)
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Wiesbaden (Main-Kreis)
  • 1886: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Höchst
  • 1928: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Main-Taunus-Kreis
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Main-Taunus-Kreis
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Main-Taunus-Kreis
  • 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Main-Taunus-Kreis

Altkreis:

Main-Taunus-Kreis

Gericht:

  • 1277: Zinsgravius
  • 1302: Schultheiß
  • 1330: Schultheiß und Schöffen
  • 1356: Schultheiß und Schöffen des falkensteinischen Dinggerichts
  • 1368: Gericht unter der Linde am Friedhof
  • 1623: höfisches Gericht des Mainzer Erzbischofs
  • Mitte 17. Jahrhundert: Weistum
  • 1713: eigenes Gericht und Siegel
  • 1816: Amt Höchst
  • 1849: Justizamt Höchst
  • 1854: Justiz- und Verwaltungsamt Höchst
  • 1867: Amtsgericht Höchst am Main
  • 1879: Amtsgericht Höchst
  • 1928: Amtsgericht Frankfurt a. M./Höchst
  • 1945: Amtsgericht Frankfurt am Main

Herrschaft:

890: comitatu Uualahes gelegen

13. Jahrhundert: Herrschaft Falkenstein

1803: Nassau-Usingen

Gemeindeentwicklung:

Seit Mitte der 1970er Jahre widersetzte sich die Gemeinde erfolgreich den Eingemeindungsplänen der Stadt Hofheim. 1977 wird der Gemeindewald nach Kelkheim und die südliche Gemarkungsspitze nach Hattersheim eingemeindet.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 780-802 und 890 erhält das Kloster Fulda Besitzungen in Kriftel.
  • 1124 überträgt Propst Asmarus seinem Kloster, St. Peter in Mainz, 6 Hufen Land.
  • 1189/90 hat Werner von Bolanden Güter in Kriftel als mainzisches Lehen inne.
  • 1191 nimmt Erzbischof Konrad von Mainz das Kloster Retters nach dem Vorbild Erzbischof Heinrichs in seinen Schutz und bestätigt seinen Besitz u.a. einen Acker, zwei Höfe und Zins in Kriftel.
  • Anfang des 13. Jahrhunderts hatte Dudo, Sohn des Mainzer Schultheißen Dieter, einen Weinberg als eppsteinisches Lehen inne.
  • 1222 umfasst der Besitz des Klosters Retters einen Hof, drei Hofreiten, sechs Hufe Land und fünf Weinberge.
  • 1276 verpachtet König Rudolf I. von Habsburg seinen Hof an den Schultheißen Heinrich von Frankfurt.
  • 1280 bestimmt Retters die Einkünfte von vier Tagwerk für sein Hospital.
  • 1294 besitzt Werner von Falkenstein einen Hof.
  • 1298 wird Heinrich von Frankfurt das Pfand durch König Albrecht I. von Habsburg als Rödelsheimer Burglehen bestätigt.
  • Von 1305 bis 1320 hat das Kloster Engelthal Besitzungen in Kriftel, welche es an den Pleban von Kriftel verkauft.
  • 1323 verpachtet das Kloster Arnsburg eine Hufe Land.
  • 1330 schenkt Peter Baldermans dem Kloster Marienberg bei Fulda 1/2 Hufe Land.
  • 1339 besitzt der Ritter Rudolf von Sachsenhausen einen Hof, über 8,5 Hufe Ackerland und 7 Morgen an Weinbergen.
  • 1356 besitzt Philipp von Falkenstein hier einen Hof.
  • 1359 verkauft das Kloster Marienberg seinen Krifteler Besitz an das St. Johannesstift.
  • 1368 erhält St. Johannes 1/2 Hufe Ackerland.
  • 1406 verkauft das Kloster Engelthal drei Hufe Land an einen Mainzer Bürger.
  • 1437 erhalten die Mainzer Kartäuser den Dinghof des Edelknechts Henne Reißel von Homburg.
  • 1440 besitzen Philipp von Rüdigheim und seine Frau Anna von Rödelheim hier Güter.
  • 1474 verkauft Eberhard von Eppstein-Königstein eine Korngülte von 6 Hufen.
  • 1482 gehören dem Krifteler Vikar 5 Hufen Ackerland.
  • 1490 verkauft Philipp von Rüdigheim 8,5 Hufe Land in Hattersheim und Kriftel an den Deutschen Orden in Sachsenhausen.
  • 1525 umfasst der Besitz des Klosters Retters 14 Hufen Land, die Johanniter haben 8 Hufe Land, das Bartholomäusstift in Frankfurt 1,5 Hufen, das Frankfurter Weißfrauenkloster ebenfalls 1,5 Hufen, das Kloster Engelthal 2 Hufen, die Kartäuser in Mainz 1 Hufe und der Pfarrer 5 Hufen Land.
  • 1633 umfasst das Pfarrgut über 100 Morgen.
  • Im 17. Jahrhundert bezieht der Mainzer Kurfürst Einkünfte aus 17,5 Hufen Land, das Kloster Arnsburg aus 1 Hufe, die Hofheimer Kellerei aus 7,5 Hufen, Johann Dexelmann aus 2 Hufen, ein Mann namens Brömser von 8 Hufen, die Frankfurter Johanniter aus 9 Hufen und die Grafen von Kronberg aus 6 Hufen.

Zehntverhältnisse:

1389 kommt das Mainzer Mariagredenstift in den Besitz des Zehnten.

1394 verpachtet das Stift den Kornzehnten an Frank von Kronberg.

1482 erhält der Vika r1/3 des Weinzehnten sowie den gesamten zehnten für Heu, Obst, Gemüse, Kälber, Hühner und Gänse.

1525 hat Mariagreden den großen Zehnten für Korn, Wein und Hafer. Der Pfarrer erhält im gleichen Zeitraum 1/3 des Weinzehnten sowie den Heu-, Kraut- und Fruchtzehnten.

1534 wird der Zehntbezirk zu St. Alban in Hattersheim abgegrenzt.

Im 17. Jahrhundert bezieht das Mariagredenstift den großen Zehnten sowie 2/3 des Weinzehnten. In der selben Zeit erhält der Pfarrer 1/3 des Wein- und Heuzehnten.

Ortsadel:

1364: Junker Diederich Nase von Cruftel

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 8. Jahrhundert: Kirche
  • 1315: Pleban
  • 1671: Restaurierung der Kirche
  • 1865-1868: Bau der heutigen Pfarrkirche
  • 1952: Erweiterung der Pfarrkirche
  • 1952/53: Bau der evangelischen Pfarrkirche (Gustav-Adolf-Kirche)

Patrozinien:

  • Vitus

Pfarrzugehörigkeit:

1395 wird die Pfarrei Kriftel dem Mariagredenstift einverleibt. Die Unterstellung der Pfarrei scheint aber erst 1452 durchgeführt worden zu sein.

Seit 1951 eigenständige evangelische Gemeinde

Patronat:

1339 steht das Kollaturrecht dem Erzbischof von Mainz zu.

1389 gelangt das Patronatsrecht vom Kloster Marienberg bei Fulda an das Mainzer Mariagredenstift.

Bekenntniswechsel:

Einführung der Reformation in der Grafschaft Königstein durch Ludwig von Stolberg ab 1536.

Katholischer Bekenntniswechsel: ab 1601 zwangsweise Rekatholisierung

Kirchliche Mittelbehörden:

Seit 1107 zum Dekanat Eschborn, Archidiakonat St. Peter in Mainz gehörig

Kultur

Schulen:

1650 Nennung eines Schulmeisters

1710 Existenz einer Schule, wird 1812 verlegt in ehemaligen Zehnthof

1895/96 Bau einer neuen Volksschcule

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Wirtschaft:

Als Haupterwerb wird Landwirtschaft, vor allem Obst- und Weinanbau, betrieben weswegen die Gemeinde auch als Obstgarten des Vordertaunus bezeichnet wird.

Mühlen:

1294: Mühle des Werner von Falkenstein

1339: mulenphat

1654: Verfall der Mühle

1696: Mühlenneubau

1717: Papiermühle

1795: zweite (obere) Papiermühle

1800: eine Walk- und zwei Papiermühlen

Zoll:

1487 hat die Herrschaft Königstein Zehrung aus 94 Hufen Land.

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Kriftel, Main-Taunus-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/11282> (Stand: 14.5.2023)