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Großherzogtum Hessen 1823-1850 (Übersichtskarte mit handschriftlichen Ergänzungen) – 22. Darmstadt

Darmstadt

Stadt · 147 m über NN
Gemeinde Darmstadt, Stadt Darmstadt 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Stadt

Lage und Verkehrslage:

Am Ausklang des Odenwaldes in der Oberrheinischen Tiefebene gelegen.

Seit 1846 Bahnhof der Eisenbahnlinie Frankfurt am Main – Heidelberg (Main-Neckar-Bahn) (Inbetriebnahme der Strecke 22.6.1846) - (seit 1879 auch mit dem Bahnhof Darmstadt Süd an diese angebunden); seit 1858 Hessische Ludwigseisenbahn Mainz – Aschaffenburg (Inbetriebnahme der Strecke 1.8.1858, 18.11.1858) (bedient neben dem Darmstädter Hauptbahnhof auch den Bahnhof Darmstadt Nord); seit 1870 Darmstadt – Groß-Umstadt/Wiebelsbach-Heubach ("Odenwaldbahn II") (Inbetriebnahme der Strecke 27.12.1870) (bedient auch die Bahnhöfe Darmstadt Nord und Darmstadt Ost); seit 1869 Frankfurt am Main/Sportfeld – (Darmstadt) – Worms ("Riedbahn") (Inbetriebnahme der Strecke 15.4.1869) (Strecke 1970 bis Goddelau-Erfelden stillgelegt); Kreuzung der Haupteisenbahnlinie N-S (Hamburg-Basel) mit Linien aus dem Odenwald, zum Rhein und Main.

Der Bahnhof Darmstadt/Ost war Endbahnhof der am 23.9.1966 sillgelegten Eisenbahnlinie Darmstadt/Ost – Groß-Zimmern (Inbetriebnahme der Strecke 24.8.1897).

Ersterwähnung:

1050-1100

Siedlungsentwicklung:

1451 Vorstadt

1590-1608 Entstehung der 'Alten Vorstadt'

Historische Namensformen:

  • Darmundestat (2. Hälfte 11. Jahrhundert) [Schannat, Vindemiae Litterariae 1, S. 2, nach einem Matyrologium in der Stadtbibliothek Mainz]
  • darmenstat (1211)
  • Darmistat (1234)
  • Darmestat, in (1315) [Landgrafen-Regesten online Nr. 16524]
  • Darmestat (1362)
  • Darmstad (1377)
  • Darmbstadt (1451)
  • Darmstatt (1477)
  • Darmstait (1479)
  • Darmstadt (1488)
  • Darmbstadt (1555)
  • Darmstatt (1586)
  • Darmbstatt (1600)

Bezeichnung der Siedlung:

  • villa (1317);
  • 1330 Verleihung des Stadtrechts

Ortsteile:

  • Darmstadt, Wixhausen (seit 1.1.1977)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • In zentraler Lage in der Altstadt Schlossbau aus dem 17./19. Jahrhundert an der Stelle einer früheren Wasserburg.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3475004, 5526318
UTM: 32 U 474939 5524547
WGS84: 49.872807° N, 8.651231° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

411000010

Frühere Ortskennziffer:

411000000

Flächennutzungsstatistik:

  • 1854 (Morgen): 13903, davon 4621 Acker, 1331 Wiesen, 6748 Wald
  • 1961 (Hektar): 11653, davon 4680 Wald (= 40.16 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1629: 395 Hausgesessene
  • 1827: 19982 Einwohner
  • 1961: 136412, davon 95693 evangelisch (= 70.15 %), 30195 katholisch (= 22.14 %)
  • 1970: 139266

Diagramme:

Darmstadt: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obere Grafschaft Katzenelnbogen, Oberamt Darmstadt
  • 1803: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Provinz Starkenburg, Amt Darmstadt
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Darmstadt
  • 1821-1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Darmstadt
  • 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Darmstadt
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Darmstadt (1860-1937 verbunden mit Provinzialdirektion)
  • 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Darmstadt
  • 1938: Deutsches Reich, Land Hessen, Stadtkreis Darmstadt
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Stadtkreis Darmstadt
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Stadtkreis Darmstadt
  • 1952: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreisfreie Stadt Darmstadt

Altkreis:

Darmstadt, kreisfreie Stadt

Gericht:

  • Ursprünglich zur Cent Bessungen, ab 1399 eigene Cent
  • 1821-1879: Stadtgericht Darmstadt
  • 1853-1879: Landgericht Darmstadt
  • 1879: Amtsgericht Darmstadt I und II
  • seit 1932: Amtsgericht Darmstadt

Herrschaft:

1330 Verleihung der Stadtrechte durch Kaiser Ludwig den Bayern (HStAD Abt. B 3 Nr. 46)

Stadtherrschaft:

1330-1479 Grafen von Katzenelnbogen

1479-1567 Landgrafen von Hessen

1567-1806 Landgrafen von Hessen-Darmstadt

Gemeindeentwicklung:

Am 1.4.1888 Eingliederung der Gemeinde Bessungen. Am 1.4.1937 Eingliederung der Gemeinden Arheilgen, Eberstadt. Seit 1938 kreisfreie Stadt Darmstadt

6.5.1958: Umgemeindung des Wohnplatzes Aumühle (128 Einw.) nach Wixhausen, Ldkrs. Darmstadt

Am 1.7.1977 Eingliederung der Gemeinde Wixhausen und Ausgliederung des Stadtbezirk St. Stephan zur Stadt Griesheim (Landkreis Darmstadt-Dieburg).

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • 1275 teilen sich die Brüder Philipp und Werner von Falkenstein ihre zur Burg Hagen gehörigen Gerichte und Leute, darunter solche zu Arheilgen und Darmstadt. 1315 wird Darmstadt in einer Aufstellung von Dörfern, die Graf Wilhelm von Katzenelnbogen zinspflichtig sind, genannt.1319 empfängt Graf Wilhelm von Katzenelbogen u.a. Darmstadt von der Würzburger Kirche zu Lehen. 1356 empfängt Graf Eberhard von Katzenelnbogen die Schlösser Darmstadt und Dornberg mit Zubehör von Würzburg zu Lehen.1447 belehnt der Bischof von Würzburg Graf Philipp von Katzenelnbogen mit der Stadt Darmstadt, Bessungen Clappach usw. 1470 empfängt Landgraf Heinrich von Hessen die Stadt anstelle des Grafen von Katzenelnbogen von Würzburg zu Lehen. 1502 stellt der Bischof von Würzburg einen Lehnsbrief für den Landgrafen von Hessen aus, 1667, 1732 und 1780 ebenso.

Zehntverhältnisse:

1290 haben die Grafen von Katzenelbogen den Zehnten inne

Ortsadel:

1234-1488

Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1369 Erhebung zur Pfarrei, 1372 erster Geistlicher belegt
  • 1375 Schlosskapelle

Patrozinien:

  • Maria [1380]
  • Martinus; Heilig Kreuz (Crux); Maria; Johannes Baptista (der Täufer); Johannes Evangelista; Goar (Schlosskapelle)

Pfarrzugehörigkeit:

Bis 1369 ist Bessungen Mutterkirche. Zur Pfarrei gehören im Mittelalter die Wüstungen Scheftheim und Heinheim, Bessungen und Nieder-Ramstadt sind Filialen

Patronat:

Patronatsherr ist 1377 der Graf von Katzenelnbogen

Bekenntniswechsel:

Erster evangelischer Pfarrer: Nikolaus Maurus 1526-1529, von Philipp dem Großmütigen ernannt.

Neben der lutherischen Gemeinde bestand seit 1770 eine reformierte.

1790 Recht für Katholiken, Gottesdienst abzuhalten.

Seit 1833 unierte Pfarrei.

Kirchliche Mittelbehörden:

Archidiakonat St. Viktor in Mainz, Landkapitel Groß-Gerau

Juden:

1529 Ersterwähnung eines Juden

1796 Jude erlangt Bürgerrecht

1932/33: 1646 Juden

Die Synagogen lagen in der Friedrichstrasse 2 und der Bleichstrasse 4. Es gab einen jüdischen Friedhof. Zur liberalen Gemeinde gehörten die Ort Wallerstädten und Wimpfen a.d. Berg. Sowohl die liberale als auch die orthodoxe Gemeinde hielten Religionsunterricht ab.

Kultur

Schulen:

Graf Johann von Katzenelnbogen stiftet 1419 eine Kaplanschule. Seit 1535 eine Lateinschule, diese 1629 zum Pädagog (mit Universitätsreife), später Gymnasium, ausgebaut. Zeitweise daneben Neues Gymnasium (um 1890). 1826 Eröffnung einer Realschule; die mit ihr verbundene technische Schule 1836 auf Veranlassung ihres ersten Direktors Dr. Theodor Schacht zu einer höheren Gewerbeschule erhoben. Erweiterung 1859 unter Külp. 1863 Realschule und höhere Gewerbeschule getrennt. Aus der Realschule entwickeln sich das Realgymnasium (seit 1873 bzw. 75) und die beiden Oberrealschulen (1897 bzw. 1911). 1864 bildet sich die höhere Gewerbeschule aus zur technischen Schule, 1868 wird sie zur polytechnischen Schule, 1877 zur Technischen Hochschule. Ph. C. Schmitt gründet 1851 die Akademie für Tonkunst (jetzige Landesmusikschule). Staatsbauschule seit 1876. Klippschulen im 16. Jahrhundert erwähnt, seit 1587 auch die erste Mädchenschule. 1629 Eröffnung einer neuen Stadtschule. 1783 erste Stadtmädchenschule. Aufschwung in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Seit 1829 eine höhere Schule für Mädchen, neben der stets auch Privatschulen bestehen - 1832 Hofmannsches Institut, Elisabethenschule (evangelisch), 1870 katholische höhere Mädchenschule der Englischen Fräulein. Lehrerinnenseminar 1877-1926, Seminar für Volksschullehrerinnen 1912-20. Hochschule für Lehrerbildung 1935-42, Bildungsanstalt für Lehrerinnen 1942-45. Pädagogisches Institut in Jugenheim seit 1945. Später Realgymnasium für Mädchen (Viktoriaschule) und seit 1911 Eleonorenschule. Alice-Eleonoren-Schule seit 1875 für Hauswirtschaft, Handarbeit und Kindergarten. Zeitweise drei Mittelschulen (nach 1874), später als Aufbauklassen weitergeführt. Heute Volksschulen.

Hospitäler:

1806 Hospital in der Grafenstraße

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion:

1567-1918 Residenz der Landgrafen von Hessen-Darmstadt/Kurfürsten von Hessen.

Wirtschaft:

Wirtschaftsaufschwung seit 1567; Entstehen großer Handwerksbetriebe, die sich in Manufakturen umwandeln, 1775 Samenklenganstalt, 1777 Textilmanufaktur, 1778 Stärkefabrik, 1788 Essig- und Likörfabrik; 1827 Insustriefirma Merck; 1828 mehr als 50 Fabriken: Knopf-, Möbel-, Seifen-, Textilbetriebe, Druckereien, Essig-, Hefe-, Likör-, Tabak-, Schokoladenfabriken, Papierherstellung und -verarbeitung, Zündholz- und Spielkartenfabriken, seit 1836 Erweiterung durch neue Fabrikationszweige wie Hüte, Musikinstrumente, Maschinenbau; ab 1850 verstärktes Aufblühen des Maschinenbaus; 1890 bestehen 124 Fabriken; insgesamtt Vielzahl an Spezialerzeugnissen, hochqualifizierte handwerklich ausgebildete Facharbeiterschaft; traditionsreiches graphische Gewerbe; als Jugendstilzentrum bedeutende Möbelindustrie; 1850 bereits 82 Schreinereien und 6 Möbelfabriken; enge Zusammenarbeit mit den wissenschaftichen Instituten wie dem Deutschen Kunststoff Institut; bedeutende Großhandelsfirmen und Banken;

um 1956 bestehen 265 Industriebetriebe mit 28400 Beschäftigten; bedeutende Firmen (Auswahl): E.Merck (Chemische Industrie), Röhn&Haas (Plexiglas, Bindemittel u.a.), Carl Schenk (Maschinenbau), weitere Eisen-, Blech-, Metallwaren, Stahlbauindustrie, Versorgungsbetriebe, Wella AG (Haarkosmetik), Verlage u.a.

Markt:

1330 Verleihung eines Wochen- und eines Jahrmarktes

1529 Verleihung von zwei Jahrmärkten

Münze:

1618-1882 Münzstätte

Zoll:

1555 Wegegeld

1560 Pfenniggeld

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Darmstadt, Stadt Darmstadt“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/13607> (Stand: 20.4.2023)