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Klöster und Orden

Übersichtskarte Hessen
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5919 Seligenstadt
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Ortskennziffer
43801303004

Benediktinerkloster Seligenstadt

107 m über NN
Gemarkung Seligenstadt, Gemeinde Seligenstadt, Landkreis Offenbach
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

Das Benediktinerkloster Seligenstadt wird im 9. Jahrhundert durch den Biographen Karls des Großen, Einhard, gegründet, der auch der erste Abt ist. Noch heute veranschaulicht die restaurierte Anlage mit Kräutergarten, Apotheke, Mühle, Klostergebäuden die über tausendjährige Geschichte. Die Abtei erwirbt umfangreichen Besitz und wird zu einem wirtschaftlichen und politischen Zentrum, das zum Erzbistum Mainz gehört. Die Klosteranlage entspricht dem Idealmodell des Benediktinerklosters von Sankt Gallen. Sie wird im 17. Jahrhundert durch die Äbte barockisiert und prächtig ausgestaltet. Bis 1803 versorgt das Kloster sozial, medizinisch und Kulturell das Umland.

Orden:

Benediktiner

Ordensprovinz:

Ordensprovinz : Mainz - Bamberg (1336)

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Mainz, Erzbistum Mainz, Archidiakonat St. Peter und Alexander in Aschaffenburg

Typ:

Männerkloster

Territorium:

  • 815: Maingau, einstmals im Besitz des Grafen Drogor (reichsunmittelbar)
  • 1063: Erzbistum Mainz
  • 1787: Kurfürstentum Mainz
  • 1803: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt

Historische Namensformen:

Lagebezug:

0,5 km südöstlich von Seligenstadt

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3498542, 5545175
UTM: 32 U 498468 5543397
WGS84: 50.042862° N, 8.9786° O

Geschichte

Geschichte:

Nach Überführung der Reliquien der Heiligen Marcellinus und Petrus aus dem Benediktinerkloster Steinbach nach Seligenstadt 828 setzt Einhard dort zur Institutionalisierung des Heiligenkultes und zur Betreuung der Pilger- und Wallfahrtsströme einen Konvent aus Geistlichen ein. Aus der Zeit zwischen ca. 850-1000 liegen kaum verlässliche Quellen vor. Vermutlich um 1000 wird das Klerikerstift in ein Benediktinerkloster umgewandelt; es wird 1002 von König Heinrich II dem Würzburger Bischof als Lehen übertragen. Zahlreiche Schenkungen in Orten beiderseits des Mains werden der Abtei übergeben. Das älteste Zinsregister um 1000 listet Einkünfte in über 40 Orten auf. 1045 verleiht König Heinrich III. dem Kloster Immunität, Markt-, Münz- undd Zollrechte.

Ab 1063 gehört das Kloster zum Besitz der Mainzer Erzbischöfe, denen König Heinrich IV. es als Eigenkloster übergibt.

Das Kloster genießt hohes Ansehen beim Papst, daher wird dem Abt das Recht verliehen, die bischöfliche Mitra zu tragen. Im 13. und 14. Jahrhundert verbindet sich die Abtei mit vielen Klöstern in Gebetsbruderschaften. Streitigkeiten um Grundbesitz und Rechte trüben das Verhältnis zur Stadtgemeinde. 1255 verfügt Erzbischof Gehard von Mainz die Inkorporation der Stadtpfarrei Seligenstadt in das Kloster; dies wird durch das Manzer Domkapitel und Papst Alexander IV. im gleichen Jahr bestätigt. Damit verschärfen sich die Probleme mit der Stadtgemeinde; der Dauerkonflikt um die Nutzungsrechte im Seligenstädter Wald wird erst 1755 in einem Vergleich entschieden, den der Kurfürst-Erzbischof von Mainz erzwingt, als seine Jagdrechte ruiniert werden.

Die Erfüllung der Pflicht als Mitglied der Burgmannschaft zum Erhalt der Stadtmauer beizutragen und zur Stadtverteidigung verstärken die wirtschaftlichen Probleme der Abtei im späten Mittelalter; diese werden verschärft durch Überfälle von Frankfurter Stadtsoldaten, den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Herren von Rödelheim und der Burgmannschaft von Gelnhausen sowie der Mainzer Stiftfehde und zwingen die Abtei zum Verkauf von Klostergut. 1481 erwirkt der Mainzer Erzbischofs die Aufnahme in die Bursfelder Kongregation, um das Kloster zu reformieren. Nichtadligen wird der Eintritt ins Kloster ermöglicht, Abt- und Konventsgut werden zusammen gelegt; die durch Reformen veränderte Abtei gewinnt an Ansehen und Bedeutung und bleibt bis zur Säkularisierung Mitglied der Kongregation. Da Frondienste, Abgaben, Huldigungen und Gerichtsrechte der bürgerlichen städtischen Freiheit widersprechen, prägt der Dauerstreit darum das Verhältnis von Stadt und Kloster bis zur Aufhebung der Abtei 1803.

In der Reformationszeit wird das Kloster im Bauernkrieg durch die Stadtbürger, die sich mit den Bauern verbünden,angegriffen und geplündert, ebenso im Feldzug des Markgrafen Albrecht von Brandenburg durch seine Truppen. Auch während des 30jährigen Krieges wird die Abtei mehrfach geplündert und zerstört, die Mönche vertrieben. Der Wiederaufstieg ab 1700 zeigt sich im Ausbau der barocken Klosteranlage, der prunkvollen Kaiserräume in der neuen Prälatur und der Lateinschule. Deutsche Kaiser und die Mainzer Fürstbischöfe besuchen die Abtei, wie 1711 Kaiser Karl VI. oder Franz II 1792.

1802 besetzen Truppen des hessischen Landgrafen Ludwig X. das Kloster und lösen es auf. Das Eigentum wird versteigert, Archiv und Bibliothek nach Darmstadt gebracht, die Klosterinsassen erhalten eine Pension. Der hessische Landgraf Ludwig I. übergibt 1812 die ehemalige Abteikirche an die Katholische Pfarrei.

Ersterwähnung:

815

Gründungsjahr:

um 828

Gründer:

Einhard, Biograph Karls des Großen

Aufhebungsjahr:

1803

Pfarrrechte:

Seligenstadt; Steinheim am Main; Groß-Auheim; Alzenau mit Michelbach; Klein-Krotzenburg; Krombach; Stockstadt; Geiselbach; Dieburg

Patrozinien:

St. Marcellinus und Petrus (828), Laurentius (vor 828), Bartholomäus

Bibliotheksgeschichte:

Engels, Artikel Seligenstadt am Main, S. 967-970

Besitz

Besitz:

Nach einem Zinsregisters aus dem 10./11. Jahrhundert erstreckt sich der Besitz des Klosters am Main entlang bis Trennfurt, über das Freigericht, den Vorspessart, die Wetterau, den Frankfurter Raum bis an den Rand des Odenwaldes und des Rieds. Es zählt auch Geldeinkünfte von 40 Orten auf. Kern der Besitzungen lag in Seligenstadt. Zum Streubesitz gehören Höfe, Äcker, Wiesen, Weiden, Wald, Weingüter in:

Bad Orb (Salzgülte), Bruchköbel, Eschersheim, Froschhausen, Geiselbach (Vogteidorf, heute Bayern), Ginnheim, Groß-Auheim, Hörstein (Abtshof, Weinberge, heute Bayern), Hofstätten (Vogteidorf, heute Rheinland-Pfalz), Kälberau (heute Bayern), Klein-Krotzenburg, Klein-Steinheim, Klein-Welzheim (Wasserburg), Krombach (Bayern), Mainflingen, Meisenhausen(bei Alzenau), Mühlheim bei Offenbach, Nauheim, Omersbach (Vogteidorf, heute Bayern), Rendel, Roßdorf, Steinheim, Stockstadt (Abtswald), Wasserlos (heute Bayern), Zellhausen

Abhängigkeitsverhältnis:

Das Kloster untersteht den Erzbischöfen von Mainz. Diese kontrollieren den Besitz und das Vermögen, genehmigen Käufe, Verkäufe und die Abtwahl.

Ausstattung

Gebäude:

828 Beginn des Baus einer großen Basilika

Die Klosteranlage orientiert sich an dem Modell der benediktinischen Musteranlage von St.Gallen. Im 18. Jahrhundert werden die Gebäude unter Abt Franz I. barockisiert, ein Abtshaus errichtet.

Nachweise

Quellen:

Gedruckte Quellen:

Literatur:

Germania Sacra-ID:

30322

GND-Nummer:

4274950-5

Zitierweise
„Benediktinerkloster Seligenstadt, Gemeinde Seligenstadt“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/14232> (Stand: 29.11.2021)
Indizes

Personen:

Einhard

Abt Leonhardus Colchon (1626-53) aus Flandern, 1642 Wahl zum Präsidenten der Bursfelder Kongregation

Sachbegriffe: