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5515 Weilburg
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Ortskennziffer
53301711008

Walpurgisstift Weilburg

147 m über NN
Gemarkung Weilburg, Gemeinde Weilburg, Landkreis Limburg-Weilburg
Basisdaten | Geschichte | Besitz | Ausstattung | Nachweise | Zitierweise | Indizes
Basisdaten

Abstract:

In Weilburg gründet die Adelsfamilie der Konradiner im 9.Jahrhundert ein Stift, das bis 1554 besteht. Die kleine Stiftskirche ist der heiligen Walpurgis geweiht; hier existiert eine bedeutende Schule.

Im 18. Jahrhundert wird die alte Kirche abgerissen und die heutige Schlosskirche errichtet.

Orden:

Kollegiatstift

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Trier, Erzbistum Trier, Archidiakonat St. Lubentius zu Dietkirchen

Typ:

Chorherrenstift

Territorium:

  • bis 939: Grafschaft der Konradiner
  • 993-1000: Übertragung des Stifts durch Otto III, 1002 der civitas durch Heinrich II. an das Hochstift Worms
  • 1255: Grafschaft Nassau-Weilburg
  • 1429: Grafschaft Nassau-Saarbrücken-Weilburg

Historische Namensformen:

Lage:

Das Stift liegt im Altstadtbereich auf dem Bergsporn über der Lahn südlich des Burgbezirks an der von Süden nach Norden verlaufenden alten Straße.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3447666, 5594633
UTM: 32 U 447612 5592835
WGS84: 50.485156° N, 8.261551° O

Geschichte

Geschichte:

Auf Reichsgut gründet die Familie der Konradiner das Stift, welches 912 erstmals in einer Schenkungsurkunde erwähnt wird. König Konrad I. besucht häufig das Stift und unterstützt es mit großzügigen Stiftungen aus Reichs- bzw. Königsgut: Hof Rechtenbach mit Höfen, Hörigen, Ländereien und in der gesamten Grafschaft (Oberlahngau) ein Drittel des sog. Königsscheffels (eine in Geld oder Naturalien zu leistende Abgabe von Königsfreien für die Nutzung von Königsland), die Taufkirche zu Breidenbach im Perfgau, die Kirche zu Muffendorf im Bonngau, die Taufkirche zu Haiger, dazu den Hof, den Zehnten und den Markt, wiederum ein Drittel des Königsscheffels, alle königlichen Nutzungsrechte in Steinfurth in der Wetterau, außerdem den Hof Nassau mit Besitz an beiden Lahnufern.

Das 993 zum Reich gehörende Stift wird durch König Otto III. dem Domstift Worms mit seinem gesamten Besitz geschenkt. 1000 wird auch der Besitz der Pröpste des Stiftes Worms übereignet. Seit 1124 üben die Grafen von Laurenberg, die seit 1159 von Nassau heißen, Vogteirechte in Weilburg aus, was zu Konflikten mit den Bischöfen von Worms um Zoll, Münze, Gericht führt. 1294 verkaufen Bischof Ermicho von Worms und das Domkapitel an König Adolf von Nassau das Domstift in Weilburg mit allen Besitzungen außer den Patronatsrechten.

Das Stift wird zur Grablege der Nassauer. Für das Grafenhaus übernehmen Kanoniker Notariatsaufgaben, unterstützen Verwaltung und Rechnungswesen. Die Stadt Weilburg profitiert durch die Märkte am Walpurgistag (Stiftsheilige) und dem Kirchweihtag. Probleme gibt es zwischen Stadt und Stift wegen der Beteiligung an den städtischen Pflichten und Abgaben. Größere Konflikte sind nicht dokumentiert.

Im 14. und 15.Jahrhundert vergeben die Päpste häufig Kanonikate und greifen so in die Selbstverwaltung ein. Der Erzbischof von Trier hat als Diözesanoberhaupt Anspruch auf Subsidienleistungen des Stiftes, aber keinerlei politischen Rechte in Weilburg. Diese Abgaben verschwinden in der Reformationszeit, als der Wetterauer Grafenbund im Bauernkrieg die Stifte und Klöster besteuert.

Seit 1540 besteht die durch Graf Philipp III. begründete „Freischule“ als höhere Schule, die die Tradition der alten Stiftsschule, nachgewiesen seit dem 13.Jahrhundert, fortführt. Scholaren leben häufig in den Haushalten der Kanoniker; die Schüler sind verpflichtet die Gottesdienste musikalisch auszugestalten.

Seit 1521 versucht die Stadt das Stift in seinen Rechten zu beschneiden in Einklang mit dem Grafenhaus, das seine landesherrliche macht im Zuge der Reformation ausbaut. Gemeinsam mit dem Wetterauer Grafenverein bestreitet Graf Philipp III von Nassau-Weilburg die Zuständigkeit des Trierer erzbischöflichen Sendgerichtes. Beschwerden des Stiftes mehren sich, die über die fehlende Angaben der Bevölkerung klagen. 1536 beauftragt Graf Philipp den lutherischen Hofprediger Heinrich Stroß mit einer Kirchenvisitation und der Durchsetzung des lutherischen Bekenntnisses. 1522,1531 und 1539 werden Kircheninventar erstellt, die Kleinodien zum großen Teil verkauft, die Altäre werden aus dem Kircheninneren entfernt. Die Pfründeneinkünfte werden für Stipendiaten und die protestantischen Pfarreien genutzt. 1554 erlässt Graf Philipp III eine Kirchenordnung für das Stift und die Pfarrei und hebt damit das Stift als katholische Institution auf; es existiert weiterhin als lutherisches Stift. Die unterschiedlichen Besitzungen (Kapitelsgut, Präsenzgut) werden gemeinsam verwaltet und zum Unterhalt der Schule, der Pfarrei und des Stiftes genutzt. Aus den Einkünften werden der Superintendent, Pfarrer für Stadt und Umland, Leitung und Lehrer der Schulen, der Kantor und Organist bezahlt.

Gründungsjahr:

912

Gründer:

König Konrad I.

Aufhebungsjahr:

1554

Organisation:

Um 1000 steht an der Spitze des Stifts ein Probst, Mönche und Kanoniker leben gemeinsam in einer Klostergemeinschaft. 1317 wird ein Haus des Dekans als erste Stiftskurie genannt, bis zum 16. Jahrhundert kommen weitere Gebäude für Kanoniker, den Kantor und den Scholaster hinzu.

In den 1316 verfassten ersten Statuten des Stiftes werden Regeln für das geistliche und weltliche Leben, die Durchführung der Gottesdienste aufgestellt. Der Probst, nicht das Kapitel, hat das Recht Kanonikate zu vergeben an Personen mit einem vorbildlichen Lebenslauf, Studieneifer und einem Leumundszeugnis. Ein Mindestalter wird nicht verlangt, allerdings eine eheliche Geburt. Im 13. und 14. Jahrhundert entstammen die Kanoniker überwiegend dem regionalen Adel, ab dem 15. Jahrhundert verstärkt dem städtischen Bürgertum aus Weilburg. Zum Kapitel gehören bis zu zwölf Kanoniker, die Residenzpflicht haben; dazu kommt eine Anzahl an Vikaren und Priestern, die Gottesdienst an den Altären in der Kirche leiste. Der Dekan, durch den Probst eingesetzt, steht an der Spitze des Kapitels und der Vikare, er sorgt für die Durchsetzung der Disziplin notfalls durch Strafen. Er beruft die Kapitelsitzungen in die Sakristei ein, in denen über Stiftsangelegenheiten beraten und entschieden wird. Der Scholaster ist für die Ausbildung der jungen Kanoniker und die Schule verantwortlich. Weitere Aufgabenbereiche und Pflichten werden durch den Kantor (vom Probst bestimmt), den Kustos, den Cellerar (Kellner), den Präsenzmeister und den Bau- und Fabrikmeíster wahrgenommen. Jedes Stiftsmitglied muss das Amt des Hebdomars übernehmen und eine Woche lang den Dienst am Hochaltar ausüben. Die Kanoniker müssen am Gottesdienst und den Stundengebeten teilnehmen, wofür Präsenzgelder gezahlt werden. Sie sind dem Zölibat verpflichtet, tragen geistliche Gewänder und eine Tonsur.

1360 werden dem Landesherren Aufsichtsrechte über die Einhaltung der Ordnung zugestanden. Die Pfarrei der Pfarrkirche Weilburgs gehört zum Stift, der Pfarrer ist meist Mitglied des Kapitels.

Altarpfründe verbunden mit Vikariatsstellen gibt es für folgende Heiligen (Patrozinien) und Erinnerungsfeste: Allerheiligen, Andreas, Antonius, Barbara, Johannes Baptista, Johannes Evangelista, Bitteres Leiden Christi, Margareta, Maria Empfängnis, Mariä Heimsuchung, Martin, Matthäus, Nikolaus, Philippus, Walpurgis.

Pfarrrechte:

1338 Inkorporation der Pfarrei St.Martin

Patrozinien:

Walpurgis (912)

Jungfrau Maria (912)

Archivgeschichte:

Struck, Stifte St.Walpurgis in Weilburg und St.Martin in Idstein, S.45-49

Bibliotheksgeschichte:

Struck, Stifte St.Walpurgis in Weilburg und St.Martin in Idstein, S.49-50

Besitz

Besitz:

Der Besitz des Propstes und des Stiftes sind getrennt; der Schwerpunkt des Besitzes liegt im Bereich der Lahn: im Norden bis zum Quellgebiet des Ulmbaches (Allendorf) und des Kallenbaches (Nenderoth), im Osten bis Immenhausen und Quembach, im Süden bis Weyer und Vilmar und im Westen bis zum Elbbach (Hadamar); darüber hinaus liegt Streubesitz an der Doll und bis nach Haiger, lahnabwärts bis nach Diez und Geilnau.:

Arnsburg, Ahausen, Albshausen, Allendorf, Allendorf, Altenkirchen, Arnsbach, Aßlar, Attenhausen, Bartdorf, Bermbach, Biskirchen, Bonbaden, Boppard, Braunfels, Breidenbach, Dillhausen, Dresselndorf, Drommershausen, Dutenhofen, Edelsberg, Eisenbach, Elkershausen, Ernsthausen, Eschbach, Essershausen, Falkenbach, Flammersbach, Freienfels, Friedberg, Gecksburg, Geilnau (Nähe Diez), Gräveneck,Haiger,Haselau, Hasselbach, Hausen, Heckholzhausen, Hengstbach, Hermannstein, Hirschhausen, Hobenhausen, Hohenlinden (bei Freienfels), Homburg (bei Braunfels), Hunsbach, Immenhausen532018050 (bei Oberwetz), Zent Kalenberg, Kehrrod, Kirschhofen, Kleingladenbach, Kubach, Laimbach, Lang-Göns, Laufdorf, Leun, Lichtenhart, Löhnberg, Mengerskirchen, Merenberg, Mitteldorf, Möttau, Münster, Muffendorf, Nassau, Nassau-Beilstein, Nauborn, Nenderoth, Neukirchen, Niedergirmes, Niederoffdilln, Niederquembach, Niedershausen, Oberaumenau, Oberquembach, Obershausen, Oberwetz, Odersbach, Offheim, Pfannstiel, Philippstein, Rechtenbach, Reichenborn, Rod am Berg, Römersteg, Schupbach, Schwalbach, Seelbach, Selbenhausen, Selters, Sigelbach, Steinfurth, Steinzlerhof, Stockhausen, Usingen, Villmar, Waldernbach, Waldhausen, Wehrholz, Weilburg, Weilmünster, Werdorf, Wernborn, Westerfeld, Wetzlar, Weyer, Wildmannshausen, Winden, Winkels, Wirbelau

Abhängigkeitsverhältnis:

Das Stift wird 903 dem Domstift in Worms unterstellt.

Ausstattung

Gebäude:

Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg (1675-1719) lässt die Stiftskirche 1701 bis auf den Glockenturm abreißen und durch einen Barockbau ersetzen

Das Stift diente dem Nassauischen Grafenhaus als Begräbnisstätte.

Denkmaltopographie:

DenkXweb Kulturdenkmäler in Hessen (Ev. Schloss- u. Stadtkirche/Rathaus)

Sonstiges:

Das Stift baut einen Kirchenschatz auf, alle Kanoniker werden verpflichtet sich finanziell und materiell an ihm zu beteiligen. Als kostbare Reliquie gilt ein Stück des Kopfes der Kirchenpatronin, St. Walburga. 1519 listet ein Inventar über 300 Reliquien und Heiltümer, wie ein Stück des Kreuzes Christi, auf.

Nachweise

Arcinsys Hessen:

Gedruckte Quellen:

  • Struck, Quellen zu Kollegiatstiften#028077466

Literatur:

Germania Sacra-ID:

1059

GND-Nummer:

4248111-9

Zitierweise
„Walpurgisstift Weilburg, Gemeinde Weilburg“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/kl/id/10697> (Stand: 2.5.2023)
Indizes

Sachbegriffe: