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Tote bei Zusammenstoß zweier S-Bahn-Züge im Bahnhof Rüsselsheim, 2. Februar 1990

Nach einem fahrplanmäßigen Stopp im Bahnhof Rüsselsheim missachtet der Fahrzeugführer einer S-Bahn der Linie S 14 bei der Abfahrt Richtung Frankfurt am Main gegen 16:45 Uhr ein Haltesignal und stößt mit einer entgegenkommenden S-Bahn frontal zusammen. Das Unglück, das 17 Menschenleben fordert und bei dem mehr als 80 Fahrgäste schwer verletzt werden, ist der bislang folgenreichste Bahnunfall im seit Ende der 1970er Jahre aufgebauten Streckennetz der S-Bahn Rhein-Main auf der Eisenbahnhauptstrecke der Mainbahn in der Stadt Rüsselsheim und gleichzeitig einer der schwersten Nachkriegs-Personenzugunfälle in Deutschland überhaupt.

Als verhängnisvoll erweist sich, dass der Zugführer der S 14-Bahn zwar vor der Einfahrt in den Bahnhof ein hinweisendes Vorsignal bemerkt und bestätigt, nach dem Halt am Bahnsteig dieses aber wieder vergisst, nicht auf das Hauptsignal achtet und trotz des bestehenden Ausfahrverbots beschleunigt. Wenige hundert Meter hinter dem Bahnhof hat eine in entgegenkommender Richtung nach Wiesbaden fahrende, vollbesetzte S-Bahn aufgrund eines außerplanmäßig in Rüsselsheim stehenden Zuges das Richtung Frankfurt befahrene Gegengleis gekreuzt. Beide Schienenfahrzeuge kollidieren trotz der von den S-Bahn-Führern eingeleiteten Schnellbremsung bei einer Geschwindigkeit von 66 (S-Bahn Richtung Frankfurt am Main) bzw. ca. 40 km/h (S-Bahn Richtung Wiesbaden).

Insgesamt etwa 800 Rettungskräfte aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet arbeiten während der Nachtstunden, um die Verletzten zu versorgen und die Toten zu bergen. Willkommene Hilfe leisten Angehörige der US-Streitkräfte der nahebei liegenden Azbill-Kaserne, die sich nachmittags als erste am Unglücksort befinden.

Ein Jahr nach dem Unfall wird der zum Zeitpunkt des Unglücks 22 Jahre alte Fahrer des nach Frankfurt am Main verkehrenden S-Bahn-Zuges, der das Haltesignal übersehen hat, aufgrund fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten und zur Zahlung eines Bußgelds in Höhe von 2.500 DM verurteilt.

Im Nachhinein kommen Experten der Bundesbahn und ein externer Gutachter zu dem Ergebnis, dass das Unglück mit einem zusätzlichen Gleismagneten im Bahnhof Rüsselsheim hätte verhindert werden können. Ein solcher Magnet löst automatisch eine Schnellbremsung aus, wenn der Zug mit mehr als 65 km/h über ihn hinwegrollt, obwohl das Fahrtsignal auf Rot steht. Dass dieser Gleismagnet in Rüsselsheim nicht installiert ist, verstößt jedoch nicht gegen die geltenden Sicherheitsvorschriften: er ist in 150 Meter Entfernung vor einem Signal in einem Bahnhof nur dann vorgesehen, wenn der Haltepunkt des Zuges im Bahnhof und das Signal mehr als 300 Meter voneinander entfernt liegen. In Rüsselsheim beträgt dieser Abstand jedoch nur 291 Meter – es fehlen neun Meter, um den Einbau des Magneten verpflichtend zu machen.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Hebis-Klassifikation
4267 ,Katastrophen und Unglücksfälle · 5550 ,Eisenbahn
Hebis-Schlagwort
Rüsselsheim ; Katastrophen und Unglücksfälle ; Bahnbetriebsunfall ; S-Bahn ; Eisenbahnunglück
Empfohlene Zitierweise
„Tote bei Zusammenstoß zweier S-Bahn-Züge im Bahnhof Rüsselsheim, 2. Februar 1990“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1577> (Stand: 26.11.2022)
Ereignisse im Januar 1990 | Februar 1990 | März 1990
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