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Hessische Biografie

Portrait

Dieter Graf von Nassau
(um 1250–1307)

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GND-Nummer

136602630

Nassau, Dieter Graf von [ID = 2305]

* um 1250 Nassau (Lahn), † 23.11.1307 Trier, Begräbnisort: Trier Grabstätte im Dominikanerkloster (verloren gegangen 1812)
Mönch, Dominikaner, Erzbischof
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Trier, Dieter Erzbischof von
  • Trier, Erzbischof, Dieter von Nassau
  • Trier, Diether Erzbischof von
  • Trier, Dietrich Erzbischof von
Wirken

Werdegang:

  • Mitglied des Dominikanerordens OP (Ordo Preadicatorum)
  • ab 1295 in den Diensten Papst Bonifaz VIII.
  • 1298 Magister der Theologie
  • 1298 Teilnahme an der Schlacht von Göllheim
  • 1300-1307 Erzbischof von Trier
Familie

Vater:

Nassau, Walram II. Graf von, 1240/1265

Mutter:

Katzenelnbogen, Adelheid Gräfin von, † 22.2.1288

Verwandte:

  • Nassau, Adolf Graf von <Bruder>, gefallen am 2.7.1298
  • Nassau, Richardis Gräfin von <Schwester>, † 28.7.1311
  • Nassau, Mechthild Gräfin von <Schwester>, jung verstorben
  • Nassau, Gerhard Graf von <Stiefbruder>, erwähnt 1318
Nachweise

Literatur:

Leben

Dieter von Nassau wurde um 1250 als erstes Kind Graf Walrams II. und seiner Frau Adelheid von Katzenelnbogen geboren. Er war ein Bruder König Adolfs von Nassau und ab dem Jahre 1300 bis zu seinem Tod Erzbischof von Trier.

Die Person Dieters von Nassau hat weder als Berater und Vertrauter seines Bruders noch als einziger Repräsentant des Hauses Nassau auf dem Trierer Erzbischofsstuhl sowohl in der zeitgenössischen Wahrnehmung als auch in der historischen Forschung kaum Beachtung gefunden. Hierfür ist bezeichnend, dass in der Lebensbeschreibung der Trierer Bischöfe, der Gesta Treverorum, ein eigenes Kapitel über Dieter von Nassau fehlt und jener nur im Vorwort zur Lebensbeschreibung Balduins von Luxemburg kurz Erwähnung findet. Die Bewertung in der Gesta Treverorum zeichnet dabei ein sehr negatives Bild des Erzbischofs aus dem Hause Nassau. Sie beschreibt ihn als unwürdigen Nachfolger auf dem Stuhle des Heiligen Eucharius, der sein Bistum im Chaos und allen Kirchengutes beraubt, zurückgelassen habe:

„Diether also, vom Papst zum Erzbischof von Trier ernannt, verpfändete die meisten Kirchengüter und die kirchlichen Einkünfte und belastete und verringerte sie durch Pfandverschreibungen. Er machte große Schulden, von denen er dem Vernehmen nach nur wenig abgetragen hat. Und als er in Amt und Würden stand, handelte er wenig überlegt ... Auch reizte er in seinem Ehrgeiz den gesamten Bistumsklerus zur Feindseligkeit ihm gegenüber“.1

Diese Ansicht fand in weiten Teilen der historischen Forschung ihren Niederschlag, sodass erst mit dem Aufsatz von Holger Sauerland aus dem Jahre 1899 eine relativierende Betrachtung des Wirkens Dieters von Nassau angestrebt wurde.2

Schon seit frühester Jugend soll Dieter von Nassau, wahrscheinlich unter dem Einfluss seiner Mutter, eine tiefe Religiosität gezeigt haben, was schließlich 1292 zu seinem Eintritt in den Dominikanerorden führte. Nach dem Bericht des der Familie nahe stehenden Minoriten Werner von Saulheim erfolgte dieser Schritt ohne das Wissen und gegen den Willen Adelheids von Nassau, die ihren Sohn lieber als Mitglied des Franziskanerordens gesehen hätte. Gemäß dem Ethos des Ordens „contemplari et contemplata aliis tradere“ (sich der Kontemplation widmen und die Frucht der Kontemplation an andere weitergeben) widmete er sich in intensiver Weise dem Studium der Theologie und wird in einer Urkunde von 1298 als Magister der Theologie erwähnt. Daneben verweist Papst Bonifaz VIII. im Rahmen der Bischofserhebung Dieters ebenfalls auf dessen hohe Gelehrsamkeit, sodass der Nassauer für die Ausübung hoher Ämter innerhalb der Kirche eine sehr gute Qualifikation besaß. Mit der Wahl seines Bruders Adolf zum König im Jahre 1292 verband sich eine schlagartige Aufwertung der Person Dieters innerhalb der Ordensstrukturen, stellte er doch den perfekte Vermittler zwischen den Dominikanern und der Führung des Reiches dar. Durch seine Fürsprache wurden dem Orden 1294 die Holzrechte im Nürnberger Reichswald und im gleichen Jahr die Erlaubnis zur Gründung einer Niederlassung in Eger erteilt. Neben seinen Ordensbrüdern nutzte Papst Bonifaz VIII. die Stellung Dieters innerhalb des Hauses Nassau, um im Jahre 1295 den päpstlichen Forderungen an den König Nachdruck zu verleihen. So sollte er den König, „der – wie von Gewährsleuten versichert – Deinen Ratschlägen gerne folgt“, dazu bringen „bereitwillig und ergeben dem Verlangen unseres Willens“ zu gehorchen.3

Gleichzeitig übernahm Dieter Aufgaben im Dienste seines Bruders, der ihn schon kurz nach seiner Wahl 1292 mit Befragungen des von den Kölner Bürgern in Neuss zu zahlenden Zoll beauftragte. Eine weitere Funktion im Dienste des Königs erfüllte er als dessen Unterhändler. Eine ungeklärte Rolle spielte er in diesem Zusammenhang im Jahre 1297 als Unterhändler Adolfs bei Philipp dem Schönen von Frankreich, um in Lille mit dem französischen Staatsbankier Musciatto dei Franzesi die Höhe der Bestechungsgelder zur Neutralitätsgewinnung des deutschen Königs im Flandernkrieg auszuhandeln.

Nach dem Tod König Adolfs in Schlacht bei Göllheim im Jahre 1298 verlor Dieter zwar schlagartig seinen Einfluss innerhalb der Reichsregierung, doch stellte er als ein Gegner des neuen Königs, Albrecht von Habsburg, für das Papsttum einen wertvollen Verbündeten dar. Der neue König hatte sich kurze Zeit nach seiner Krönung mit Philipp IV. von Frankreich wegen andauernder Grenzstreitigkeiten ausgesöhnt, was Bonifaz VIII. als Gegner des französischen König auf das Äußerste missfiel. Der Papst war durch die Besteuerung französischer Kleriker in Konflikt mit Frankreich geraten, sodass der Papst alle Mittel ausschöpfte, dessen Machtansprüchen bei jeder sich bietenden Gelegenheit entgegenzutreten. Vor diesem Hintergrund ist die Einsetzung Dieters von Nassau als Erzbischof von Trier als Versuch des Papstes zu sehen, der französischen Expansion im Westen des Reiches entgegenzutreten. Nach dem Tod Erzbischof Boemunds von Warsberg am 9. Dezember 1299 ernannte Bonifaz VIII. Dieter von Nassau am 18. Januar 1300 durch eine Spezialreservation, welche er sich im Falle einer Vakanz ebenso für die beiden anderen rheinischen Erzbistümer vorbehielt, zu dessen Nachfolger. Ungeachtet der päpstlichen Ernennung wählte das Trierer Domkapitel am 26. Januar Heinrich von Virneburg zum neuen Erzbischof, sodass sich nun zwei legitimierte Nachfolger gegenüberstanden. Durch die Unterstützung des Trierer Domklerus für Heinrich von Virneburg sah sich der Nassauer, wie in der Gesta Treverorum berichtet, schier unüberwindlichen Hindernissen bei der Durchsetzung seiner Amtsgewalt innerhalb des Bistums konfrontiert. Dieter wandte sich in der Folge durch die Entsendung zweier Gesandter, Alexander von Metz und Bernhard von Montepulciano, an den Papst in Rom, der seinen Kandidaten massive Unterstützung gewährte: Weihe durch jeden Bischof der Erzdiözese, Fristverlängerung der Weihe bis Allerheiligen, Übergabe des Palliums durch die Bischöfe von Metz und Toul sowie Androhung scharfer Sanktionen von Pfründenentzug bis zur Exkommunikation gegen Heinrich von Virneburg. Zudem wies der Papst 2000 Mark Silber zur Finanzierung der Amtseinführung und den damit verbundenen Feierlichkeiten an. Die Amtseinsetzung konnte Dieter von Nassau schließlich Mitte Mai in Metz feiern und seine Autorität in der Folge langsam auf weite Teile des Erzbistums ausdehnen.

Seine erste Bewährung musste Dieter bereits kurz nach seiner Amtseinführung, in der Auseinandersetzung der Rheinischen Kurfürsten gegen König Albrecht I. bestehen. Der König hatte beim Versuch die schon beinahe übermächtige Stellung der Kurfürsten am Rhein durch die Bestellung eines Landvogts für den Niederhein zu beschneiden, jene zum offenen Widerstand getrieben. Der Bündnisabschluss zwischen Trier, Mainz, Köln und dem Pfalzgrafen bei Rhein am 14. Oktober 1300 beinhaltete in Folge die Vereinbarung, den König zur Wiederherstellung und dauerhaften Sicherung der einzelnen Rechte und Besitzungen zu verpflichten. Wie schon bei Dieters Bruder Adolf sollte die Übermacht der Kurfürsten die Königsmacht in die Schranken verweisen. In Erwartung der bevorstehenden Auseinandersetzungen warb der Erzbischof zahlreiche Mitglieder des Niederadels aus dem Hunsrück und den östlichen Teilen des Bistums als Verstärkung seines Aufgebotes an, was eine enorme finanzielle Belastung mit sich brachte. Auf der Gegenseite betrieb Albrecht I. eine umfassende Bündnispolitik, die ihm die Unterstützung der Landgrafen des oberen und niederen Elsass, der Grafen von Berg, Jülich, Kleve und von der Mark sowie der Städte Basel, Straßburg, Rheinberg, Neuss, Bonn, Andernach und, aus Sicht des Trierer Erzbischofs besonders fatal, Koblenz einbrachte. Nachdem die Kampfhandlungen zwischen den beiden Parteien im Mai 1301 begonnen hatten, gelang es Albrecht I. seine Gegner einzeln zu stellen. Nach der Unterwerfung der Pfalzgrafschaft, Mainz und Kölns sowie dem offenen Übertritt der Stadt Koblenz im Winter 1301 ins kaiserliche Lager stand Dieter von Nassau vollkommen isoliert dar, sodass er in Anbetracht der aussichtslosen Lage in Friedensverhandlungen mit dem König trat.

Die Niederlage gegen das Haus Habsburg ermöglichte es dem Erzbischof auf der anderen Seite, sich nun der Verwaltung seines Trierer Bistums und dessen Erweiterung anzunehmen. An erster Stelle stand dabei die Sicherung der Landesherrschaft, welche Dieter von Nassau mit großem Einsatz und Ausdauer betrieb. Die Grundlage seiner Herrschaft sah der Nassauer, wie schon sein Vorgänger Boemund von Warsberg, in den Burgen seines Bistums, welche nicht nur Wasser- und Landwege sicherten, sondern zugleich als administrative und juristische Zentren dienten. Zu deren Sicherung band er, trotz der enormen Kosten, zumeist Angehörige des niederen Adels aber auch einige Grafen durch Lehensverträge an sich. Der Erzbischof schloss zahlreiche Burglehensverträge, mit dem Ziel die erzbischöflichen Burgen mit einer starken Besatzung zu versehen und das Öffnungsrecht für zahlreiche Festungen zu erhalten. Zum anderen bediente sich der Nassauer des Mittels der Geld- und Mannlehen, um den Expansionsgelüsten des angrenzenden Adels entgegenzuwirken. Daneben zeigte der Metropolit ein starkes Interesse am Burgenbau und sorgte für die Errichtung neuer Befestigungsanlagen. Der Schwerpunkt dieser Politik war dabei auf das Zentrum des Erzbistums gerichtet, welches sich entlang der Mosel von Koblenz bis in die Südeifel und den Mittelrhein erstreckte.

Ein weiteres Hauptinteresse Dieters war die Restituierung bischöflicher Macht in den Städten des Erzbistums. Im Falle kleinerer Städte wie Münstermaifeld konnte der Erzbischof seine Macht nach schwacher Gegenwehr wieder durchsetzen. In den beiden urbanen Zentren seines Herrschaftsbereichs, Trier und Koblenz, lehnte sich die Bürgerschaft dagegen erfolgreich gegen die episkopale Amtsgewalt auf. Schließlich sah sich Dieter von Nassau gezwungen, im Jahre 1304 einen Kriegszug gegen Koblenz zu unternehmen und die Stadt zu belagern. Trotz erfolgloser Belagerung konnte die Bürgerschaft zu einem politischen Kompromiss gezwungen werden: der Erzbischof gewährte eine Stadtverfassung wogegen sein Einfluss bestehen blieb und bischofstreue Gruppen der Bevölkerung in der Stadt bleiben durften.

Auf kirchenpolitischer Ebene wirkte der Nassauer als engagierter und alle Aspekte des Kirchenlebens bedenkender Bischof. So erhob er die Pfarrei St. Martin in Oberwesel zum Kollegiatstift, machte Schenkungen an das Katharinenkloster in Trier und rief 1301 ein Gandenjahr für Karden aus. Ein besonderes Augenmerk legte er, ab 1304 als Konservator des Ordens, auf die Förderung des Dominikanerordens in seiner Diözese. Unter anderem förderte er das Wachstum der Straßburger Niederlassung des Predigerordens. Zeit seines Lebens zeigte Dieter von Nassau eine besondere Hingabe für das Mönchtum, die auch in seiner Familie verbreitet war. Nach ihm sollten sich neben seiner Mutter auch seine Schwester Richardis und seine Nichte Adelheid für eine monastische Lebensweise entscheiden.

Wesentlich schwieriger gestaltete sich das Verhältnis zum Domkapitel, welches seiner Person noch immer ablehnend gegenüberstand. Der Konflikt zwischen Metropolit und Domklerikern wurde erst 1303 nach langen Verhandlungen beigelegt. Gegen Gewährung der alten Rechte und Freiheiten des Kapitels sowie der Rückgabe der eingezogenen Pfründen wurde dem Erzbischof eine Zahlung von 1100 Pfund Turnosen sowie das Recht auf die Einforderung von Subsidien und das Nominations- und Präsentationsrecht auf zwei zukünftig zu besetzende Domherrenstellen gewährt.

Der Frieden sollte aber nicht lange anhalten. Der Gegensatz zwischen den enormen Ambitionen Dieters von Nassau, der Ausbau der Landesherrschaft durch Anwerbung von Lehnsmännern und Burgenbau, die Niederschlagung der Bürgeraufstände, die Förderung des Dominikanerordens, und den geringen finanziellen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, führten zu einer totalen Verschuldung des Erzbistums. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger, Balduin von Luxemburg, verstand es der Nassauer nicht, sich durch die Ansiedlung von Juden oder Lombarden in den Städten weitere Einnahmequellen und Kreditmöglichkeiten zu schaffen. Dieter von Nassau musste daraufhin zahlreiche Güter des Bistums verpfänden und in großem Umfang Kredite bei den Trierer Bürgerfamilien von Oeren und von Wittlich aufnehmen. Als die Mittel weiterhin nicht ausreichten und es wegen ausbleibender Zahlungen zu Konflikten mit neu angeworbenen Lehnsmännern kam, eröffnete sich der Erzbischof durch den Verkauf von Zugeständnissen an das Domkapitel, durch Subsidienzahlungen des Klerus sowie der Konfiszierung von Kirchenpfründen weitere Geldquellen. Zu Letztem sah er sich durch ein Privileg Benedikts XI. legitimiert, welches ihm erlaubte, dem Domklerus von Kirchenstrafen freizusprechen, durch Devolutionsrecht gewonnene Pfründe zu vergeben und ebensolche Güter bei unrechtmäßigen Besitz, bewirkt durch Benefizienkummulierung, fehlender Residenz oder zu niedrigem Weihegrad, einzuziehen. Von diesem Recht machte der Erzbischof in einem solchen Ausmaße Gebrauch, worunter vor allem die Äbte von St. Matthias, St.Maria ad Martyres sowie der Dekan von St. Pauli in Trier zu leiden hatten, dass die Kleriker die Abhaltung von Gottesdiensten einstellten und den Fall vor den Papst brachten. Dieser ließ 1307 die Vorwürfe durch Kardinaldiakon Petrus de Colonna untersuchen und lud Dieter von Nassau unter Androhung der Exkommunikation nach Rom vor. Nachdem er auf Grund körperlicher Gebrechen die Reise nicht antreten konnte, wurde die bis Oktober geltende Ladungsfrist im November um einen Monat verlängert.

Kurz bevor Dieter der päpstlichen Aufforderung, sich vor dem Heiligen Stuhl für seine Amtspolitik zu rechtfertigen, nachkommen musste, erkrankte er schwer und starb am 25. November. Noch am 19. November hatte er sein Testament aufsetzten lassen, worin festgelegt war, dass seine persönlichen Wertsachen und die Einkünfte aus 100 Fuder Wein zur Deckung der Begräbniskosten und zur Bestellung eines Anniversars bei den Trierer Dominikanern eingesetzt werden sollten. Seine monastischen Überzeugungen demonstrierte der Verstorbene noch einmal bei seiner Beerdigung, die gemäß seinen Wünschen ohne Prunk und großen Pomp abgehalten werden sollte. In der Trierer Dominikanerkirche in einem, im Vergleich zu seinem Nachfolger, schlichten und einfachen Sarkophag beigesetzt, war folgende Inschrift zu lesen:

„Hier ruht Dieter von Nassau, Bruder des Herrn Adolf, Römischen Königs, ehemals Erzbischof von Trier, vom Orden der Predigerbrüder, Magister der Theologie, welcher gestorben ist am Tage nach St. Clemens des Papstes und Märtyrers.“4

Betrachtet man nun die Leistungen Dieters von Nassau ist folgendes zu konstatieren: Den Konflikten auf reichspolitischer Ebene konnte er auf Grund der vorherrschenden Mächtekonstellation nicht ausweichen. Dieter von Nassau zeigte aber ein Gespür für die realistischen Möglichkeiten, die sich ihm nach der Niederlage gegen Albrecht I. boten und erreichte einen akzeptablen Friedensabschluss.

In territorialpolitischen Angelegenheiten gelang es ihm in pragmatischer Weise, seinen Machtbereich gegen konkurrierende Kräfte zu sichern und auszubauen. Dies gelang ihm einerseits durch die Gewinnung neuer Lehnsmänner und Burgenbau und zu anderen durch die erneute Einbindung der Städte in seinem Herrschaftsbereich, denen er zwar weitreichende Zugeständnisse machte aber gleichzeitig fundamentale Interessen wahrte.

Seine kirchenpoltischen Maßnahmen wurden durch das andauernde schlechte Verhältnis zum Domkapitel und dem später ausbrechenden, offenen Konflikt mit dem Domklerus überschattet, wobei der Erzbischof im Gegensatz zur weltlichen Politik eine fehlende Kompromissbereitschaft zeigte.

Das letztendliche Scheitern Dieters von Nassau als Erzbischof von Trier erklärt sich aus der Überspannung seiner finanziellen Möglichkeiten. Zahlreiche Aspekte seines Wirkens wie der Burgenbau als Grundlage der administrativen Neuordnung des Trier Erzbistums in einer Ämterverfassung wurden von seinem Nachfolger Balduin übernommen. Nur schaffte es jener neue Geldquellen zu erschließen, mit denen er auf Dauer eine derartige Politik betreiben konnte. Das fehlende finanzpolitische Verständnis und die kurze Amtsdauer, die eine Konsolidierung der Verhältnisse unmöglich machte, bewirkten die negative Bewertung, die in Quellen entgegen tritt. Betrachtet man die ungünstigen Rahmenbedingungen, die die Amtszeit Dieters von Nassau bestimmten, und die kurze Amtszeit, so lässt sich festhalten, dass der einzige Vertreter des Hauses Nassau auf dem Trierer Erzbischofsstuhl nicht in die Reihe der großen Erzbischöfe einzuordnen ist, der aber trotz allem eine respektable Regierungsbilanz vorweisen kann.

Oliver Teufer


  1. Gesta Treverorum, CCVIII
  2. H. V. Sauerland, Der Trierer Erzbischof Dieter von Nassau in seinen Beziehungen zur päpstlichen Kurie, in: Ann. Hist. Vereins für den Niederrhein 68 (1899), S. 1-53.
  3. Vgl. Holbach: Dieter von Nassau, S. 71
  4. Vgl. Holbach: Dieter von Nassau, S. 89
Zitierweise
„Nassau, Dieter Graf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/136602630> (Stand: 28.11.2023)