Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon



Stadt Offenbach am Main

Die Bearbeitung der Siedlungen im Bereich der Stadt Offenbach umfasst das Gebiet der seit 1938 kreisfreien Stadt, die heute aus zehn Stadtteilen besteht. Drei von diesen, Bieber, Bürgel und Rumpenheim, waren ehemals selbstständige Gemeinden. Im Rahmen der Neugliederung der 1970er Jahre fanden keine Veränderungen innerhalb des Stadtgebiets statt, so dass der über die → Erweiterte Suche (Auswahlfeld Altkreis) feststellbare Zustand der Stadt der Offenbach im Stichjahr 1961 keine Veränderungen gegenüber dem heutigen aufweist.

Offenbach am Main: Karte mit Gemeinde- und Gemarkungsgrenzen

Kartengrundlage: Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation (HVBG)
Kartenbearbeitung: Melanie Müller-Bering, HLGL

Die geographische Lage der Stadt Offenbach wird in Norden vom bogenförmigen Verlauf des Mains begrenzt. Die alte Stadt Offenbach liegt an einem südlichen Bogen, die Stadtteile Bürgel und Rumpenheim mainaufwärts in einer breiten Aue. Während der nordwestliche Teil des Stadtgebiets in der Moderne eine dichte Bebauung aufweist, ist der südliche, in dem sich der Stadtteil Bieber befindet, durch weitläufige Waldgebiete gekennzeichnet. Als wichtigste Bäche durchfließen die Bieber und der Hainbach das Stadtgebiet. Heute ist die Lage der Stadt Offenbach vor allem durch die Nähe zur Stadt Frankfurt und die Einbindung in den Siedlungskomplex Rhein-Main-Gebiet gekennzeichnet.

Die römische Herrschaft und die Folgen des Limesausbaus, die zur Errichtung von Römerkastellen in Hainstadt und Seligenstadt führten, haben im Stadtgebiet Offenbach nur im Bereich von Bürgel in Form einer Brücke sowie einer villa rustica in Bieber geringe Spuren hinterlassen.

Erst ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts lassen umfangreiche Güterübertragungen an das Reichskloster Lorsch in Bieber, Bürgel und Rumpenheim eine stärkere Einbindung des Raumes in das Frankenreich erkennen. Für Offenbach bekundete Kaiser Otto II. 977 die Güterschenkung einer Frau Routlint an das Salvatorstift in Frankfurt. Die umfangreichen Waldgebiete gehörten zum Reichsforst Dreieich (später Dreieicher Wildbann), einem ausgedehnten, ursprünglich wohl zusammenhängenden Reichsgutbezirk zwischen den Pfalzorten Frankfurt und Trebur, in dessen Verwaltungsmittelpunkt auf Burg Hayn (heute Dreieichenhain) ein Reichsvogt residierte. Den Reichsministerialen von Hagen-Münzenberg gelang über diese Funktion in der westlichen Dreieich die Errichtung einer umfangreichen Herrschaft, die nach ihrem Aussterben 1255 unter den Herrschaften Hanau (1/6) und Falkenstein (5/6) aufgeteilt wurde.

Die Herren von Bolanden-Falkenstein erbten das im Mittelalter bedeutungslose Dorf Offenbach, das wiederum nach Aussterben der Familie 1418, endgültig erst 1486, an das Grafenhaus Isenburg fiel, bei dem es trotz Aufspaltung der Familie in verschiedene Linien bis 1816 verblieb. Bezeichnend für die geringe Bedeutung von Offenbach im Mittelalter ist, dass es – anders als etwa im benachbarten Frankfurt – keine Klosterniederlassung gab. Erst mit der Erhebung Offenbachs zum Residenzort 1556 unter Graf Reinhard von Isenburg-Birstein, dem Bau eines repräsentativen Schosses, dem Wirken der gräflichen Hofverwaltung und der Funktion als Amtssitz nahm die Bedeutung des Ortes in der frühen Neuzeit zu. Das isenburg-birsteinische Amt, ab 1729 Oberamt Offenbach umfasste die Orte Offenbach, Sprendlingen, Götzenhain, Offenthal, Okriftel, Königsstädten, Hechtsheim, Weisenau, Geinsheim und Dudenhofen. Von großer Nachhaltigkeit für die Entwicklung von Offenbach sollten sich die Aufnahme hugenottischer Glaubensflüchtlinge aus Frankreich unter Graf Johann Philipp von Isenburg (1685-1718) und eine in der Folge geschickt betriebene Wirtschaftspolitik durch Ansiedlung von Manufakturen und Verlagen erweisen. In den mittelalterlich-frühneuzeitlichen Quellen meist als Dorf, Residenzort oder Flecken bezeichnet, setzte sich für Offenbach erst im 18. Jahrhundert die Bezeichnung Stadt ohne eine formale Erhebung durch.

Anders als die Entwicklung von Offenbach fiel die der späteren Stadtteile aus. Bieber und Bürgel gelangten im Spätmittelalter an das Stift St. Peter in Mainz und waren hoheitlich dem Mainzer Kurfürstentum eingegliedert. In Rumpenheim wiederum trat das Mainzer Kurfürstentum 1232 das Lorscher Erbe an, belehnte hiermit jedoch zunächst die Herren von Dornberg und schließlich die Herren von Hanau, die es wiederum an unterschiedliche Familien weitervergaben. 1736 fiel Rumpenheim schließlich an die Landgrafen von Hessen-Kassel, die sich in der Folge durch den Umbau des Schlosses in besonderer Weise engagierten. 1866 gelangte das nunmehr kurhessische Rumpenheim in den Besitz des Großherzogtums und wurde dem Kreis Offenbach eingegliedert.

Die Waldgebiete des Stadt- bzw. Kreisgebiets wurden überwiegend in Form einer Markgenossenschaft, der sogenannten Biebermark, bewirtschaftet, die zum Wildbann Dreieich gehörte. Sie setzte sich nach einem Weistum von 1385 aus den zwölf Dörfern Bieber, Bürgel, Offenbach, Rumpenheim, Dietesheim, Hausen, Heusenstamm, Rembrücken, Lämmerspiel, Mühlheim und Obertshausen zusammen, die wiederum zu unterschiedlichen Landesherren und Ämtern gehörten. Der Oberhof war in Bieber.

Die Entwicklung des späteren Stadtgebietes Offenbach ist somit bis zum Beginn der Neuzeit von uneinheitlichen Verläufen gekennzeichnet, wobei von den vergleichsweise wenigen historischen Siedlungsplätzen nur geringe zentralörtliche Impulse ausgingen.

Die napoleonische Zeit und die Auflösung des Alten Reiches erbrachten der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, seit 1806 Großherzogtum, beträchtliche Gebietszugewinne. Das Fürstlich Isenburg-Birsteinische Oberamt Offenbach gelangte allerdings erst vergleichsweise spät, 1816, in hessischen Besitz. Sehr rasch erkannte die großherzogliche Verwaltung die Notwendigkeit administrativer Änderungen, was sich u.a. in der Aufhebung der Biebermark im Jahre 1819 zeigte. Bis zur Herauslösung des Stadtkreises aus dem Landkreis Offenbach 1938 gehörte die Stadt Offenbach zum gleichnamigen, 1832 gebildeten Landkreis (s. Landkreis Offenbach), dessen Hauptort es bis 2002 war. Durch die Eingemeindungen von Bürgel (1908), Bieber (1938) und Rumpenheim (1942) wurde das Stadtgebiet erweitert und nahm eine eigene Entwicklung. Die Ausbildung dieses Gebietes zur eigenständigen, schließlich kreisfreien Verwaltungseinheit war zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch nicht vorhersehbar, sondern trug der Industrialisierung sowie dem starken Bevölkerungszuwachs der Großstadt seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Rechnung. Hervorzuheben sind in Bezug auf die rasante wirtschaftliche Entwicklung Offenbachs vor allem die Lederwarenherstellung und die Metallwarenproduktion, bedeutend waren aber auch die Bereiche Druckmaschinenherstellung und Schriftgießerei sowie die Produkte der chemischen Industrie, vor allem Seife und Farben.

Von Zerstörungen im 2. Weltkrieg war über ein Drittel der Gebäude in der Kernstadt betroffen. Die Jahrzehnte nach dem Krieg waren durch Wiederaufbau, Stadterweiterung und ausgedehnte Verkehrsplanung gekennzeichnet. Aufgrund seiner Lage im Rhein-Main-Gebiet und dank seiner florierenden Wirtschaft konnte Offenbach an die Entwicklung der Vorkriegszeit anknüpfen, seine Kapazitäten ausbauen und die Niederlassung neuer Firmen erwirken. Vor diesem Hintergrund entstanden große neue Wohngebiete, etwa die Carl-Ulrich-Siedlung, Lauterborn, die Hans-Böckler-Siedlung und Bieber-West.

Für die Bearbeitung der Stadt Offenbach wurden als grundlegende Werke das Hessische Ortsnamenbuch, Wagner, Wüstungen im Großherzogthum Hessen, Provinz Starkenburg, Simon, Geschichte des reichständischen Hauses Ysenburg und Büdingen, die im Rahmen der Vorarbeiten zum Geschichtlichen Atlas von Hessen entstandene Publikation Demandt, Kirchenorganisation sowie die Arbeiten von Karl Nahrgang Stadt- und Landkreis Offenbach, Günther Hoch, Territorialgeschichte der östlichen Dreieich, Anette Löffler, Herren von Falkenstein und Regina Schäfer, Herren von Eppstein verwendet.

Für die Angaben zum Stichjahr 1787 wurde auf die Arbeit von Walter Wagner über Das Rhein-Main-Gebiet vor 150 Jahren zurückgegriffen, für die folgende Zeit auf das Historische Gemeindeverzeichnis für Hessen sowie auf das Historische Ortsverzeichnis Großherzogtum und Volksstaat Hessen. Neben den einschlägigen Quelleneditionen, allen voran das Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt 1, wurde im Zuge der Materialsammlung in begrenztem Maße auch die archivalische Überlieferung berücksichtigt.

Großer Wert wurde auf die Erarbeitung der topographischen Ortsbeschreibungen gelegt, die, wo möglich, auf Autopsie beruhen. Die Erfassung von älteren Baudenkmälern sieht das Schema des Ortslexikons nicht vor. Hier genügt der Verweis auf das 2008 von Folkhard Cremer neu aufgelegte Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Hessen) von Georg Dehio, auf den vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen herausgegebenen Band Kulturdenkmäler in Hessen, Stadt Offenbach sowie auf den in der Reihe Kunstdenkmäler im Großherzogthum Hessen erschienenen Band Kreis Offenbach, in dem die Stadt Offenbach noch mit erfasst wurde.

Die statistischen Angaben zu den Einwohner- und Häuserzahlen sowie der Flächennutzung wurden, sofern nicht anders vermerkt, der Hessischen Gemeindestatistik und dem Werk Das Großherzogthum Hessen von Philipp Alexander Ferdinand Walther entnommen.